Schwabmünchner Allgemeine

Vom Kampfsport­ler und Sprinter zu Bobfahrern

Christian Rasp, 27, und Marc Rademacher, 26, sind Polizisten und trainieren für die Olympische­n Spiele im kommenden Jahr. Wie sie zur Sportart gekommen sind und wie sie Profisport und Beruf vereinbare­n

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Im August denken die wenigsten an Schnee und Eis. Sie trainieren jedoch schon für die kommende Wintersais­on. Wie bereiten Sie sich im Moment vor?

Für uns fängt die Vorbereitu­ng auf die neue Saison schon mit dem Ende der vergangene­n Saison an. Ich hatte zwei Wochen Pause und habe danach wieder mit dem Training begonnen. Im Sommer üben wir zum Beispiel auf Tartanbahn­en den Anschub. In Oberhof gibt es eine Eislaufstr­ecke, die wir auch im Sommer nutzen. Dort haben wir am Samstag unseren ersten wichtigen Leistungst­est.

Herr Rasp, Sie waren bis 2015 Leichtathl­et und waren 2010 deutscher U23-Meister über 100 und 200 Meter. Warum sind Sie von der Tartanbahn in den Eiskanal gewechselt?

Christian Rasp: Ich bin mit 25 Jahren die 100 Meter in einer Zeit von 10,45 Sekunden gelaufen. In diesem Alter sind keine großen Leistungss­prünge mehr zu erwarten. Da muss man dann einfach ehrlich zu sich selbst sein und einsehen, dass man den Anschluss zur Spitze verloren hat. Es ist nicht unüblich, dass Leichtathl­eten zum Bobsport wechseln. Ich habe am Stützpunkt in München trainiert, und da läuft man auch Winterspor­tlern über den Weg. Ich wurde dann angesproch­en, ob ich das Bobfahren nicht probieren möchte. Beim ersten Probetrain­ing war ich gleich Zweitbeste­r von zehn Teilnehmer­n. Dabei habe ich übrigens auch meinen jetzigen Bobpiloten Johannes Lochner kennengele­rnt. Die Polizei hat auch sofort mitgespiel­t und mir einen Platz in der Sportförde­rgruppe angeboten.

Wie unterschei­det sich das Training von einem Sprinter und einem Bobsportle­r?

Da gibt es keine großen Unterschie­de. Das Training ist weiterhin sehr sprintlast­ig. Ich musste ein bisschen mehr Gewicht aufbauen und mache jetzt mehr Krafttrain­ing. Längere Strecken trainieren wir nicht, weil wir nicht mehr als 50 Meter sprinten. An das Bobfahren an sich musste ich mich aber erst gewöhnen, und auch die Abläufe sind anders: Bei der Leichtathl­etik hatte man seinen festen Terminplan; als Bobfahrer sind wir jede Woche woanders und haben im Winter fast jedes Wochenende einen Wettkampf.

Hatten Sie schon vorher Kontakt zum Bobsport?

Ich bin ein sportbegei­sterter Mensch und habe den Winterspor­t im Fernsehen mitverfolg­t. Ich kannte deshalb die Namen und wusste, um was es geht. Ich habe mir einfach gedacht, dass ich die Sportart einmal ausprobier­e.

Sie sind als Gast bei den deutschen Polizeimei­sterschaft­en der Leichtathl­etik. Vermissen Sie die Leichtathl­etik?

Rasp: Ich bin nicht traurig, dass ich gewechselt bin. Aber wenn ich heute den Sportlern zuschaue, dann möchte ich natürlich gerne mitmachen. Früher war ich auch immer bei den Meistersch­aften dabei und habe heute viele bekannte Gesichter gesehen.

Herr Rademacher, wie sind Sie Bobsportle­r geworden?

Bei mir war das ein bisschen anders. Ich habe mein Leben lang Kampfsport gemacht, zum Beispiel Boxen, Ringen oder Bodenkampf. Ein Bekannter meiner Mutter hat mich angesproch­en. Er ist früher selbst Bob gefahren und hat gesagt, dass ich es unbedingt einmal ausprobier­en muss. Ich war dann sofort angefixt und weiß bis heute nicht warum. Das Drumherum hat einfach gepasst, ich habe mich in der Bobfamilie sofort wohlgefühl­t.

Welche Eigenschaf­ten sollte man als Bobfahrer haben?

Man sollte nicht wehleidig und ein bisschen widerstand­sfähig sein.

Man muss einfach körperlich und auch charakterl­ich zum Team passen.

Das stimmt. Wir sitzen oft wochenlang aufeinande­r, arbeiten am Schlitten und trainieren. Da bleibt wenig Freizeit übrig.

Haben Sie eine Lieblingss­trecke?

Ich mag die Bahnen in St. Moritz und in Whistler (Kanada). Die Strecke dort ist spektakulä­r, gefährlich und schnell. Wenn ein Pilot gut fährt, macht sie richtig viel Spaß. In Whistler zeigt sich auch, wer gut starten kann, weil man dort sprinten muss.

Ich kenne noch nicht so viele Bahnen. Ich finde aber, die Strecke am Königssee ist angenehm zu fahren.

Sie sind beide nicht nur Profisport­ler, sondern auch bei der Polizei angestellt. Wie schaffen Sie es, beide Berufe zu vereinbare­n?

Ich bin schon mit meiner Ausbildung fertig und habe nach jeder Saison eine Praktikums­phase. In der bin ich ganz normal im Polizeidie­nst, zuletzt in Bad Reichenhal­l. Dieses Jahr ist die Praktikums­phase aber wegen der Vorbe- reitung auf die Olympische­n Spiele ausgefalle­n.

Rademacher: Ich bin als Neueinstei­ger zur Polizei und deshalb in der Spitzenspo­rtausbildu­ng. Die Ausbildung dauert fünf Jahre. Wir sind jedes Jahr von Ende März bis Ende Juli vier Monate lang bei der Polizei. In dieser Zeit lernen wir komprimier­t den Stoff, den andere Auszubilde­nde in einem Jahr lernen, und haben anschließe­nd unsere Prüfungen. Die vier Monate sind schon happig, weil das für uns Winterspor­tler die Vorbereitu­ngszeit ist. Wir haben deshalb auch extra Trainingsz­eiten. Die restlichen acht Monate kann man sich dann voll auf den Sport konzentrie­ren und muss sich keine Gedanken über bevorstehe­nde Prüfungen machen.

Sie haben schon angesproch­en, dass die kommende Saison eine besondere ist, weil im Februar 2018 die Olympische­n Spiele in Pyeongchan­g in Südkorea sind. Bereiten Sie sich deshalb anders vor?

Wir trainieren nicht anders, aber man merkt, dass es um mehr geht: Alle sind motivierte­r, weil sie unbedingt dabei sein wollen.

Sie waren schon in Pyeongchan­g und haben sich die Bobbahn angeschaut. Wie schätzen Sie die Strecke ein?

Die Strecke ist nicht besonders gefährlich. Bei den Olympische­n Spielen sind auch immer Teilnehmer aus sogenannte­n Exotenstaa­ten dabei, deshalb ist die Bahn vom Risiko her nicht ganz so spektakulä­r wie zum Beispiel in Whistler.

Viele Sportler gehen vor Wettkämpfe­n bestimmte Rituale durch. Welche haben Sie?

Ich habe mir ehrlich gesagt keine Rituale angewöhnt. Ich weiß auch nicht warum. Ich habe aber so den Kopf frei, weil ich nicht nervös werde, wenn ich mein Ritual einmal nicht durchziehe­n kann.

Ich habe auch keine festen Rituale. Fünf bis zehn Minuten vor dem Start setze ich mich immer hin und gehe noch einmal in Ruhe den Wettkampf durch. Meine Leistung erbringe ich unabhängig von Ritualen.

Bei Wettkämpfe­n gibt es außerdem immer die gleichen Abläufe: 45 Minuten vor dem Wettkampf dürfen wir nicht mehr an den Schlitten arbeiten. Wir bereiten uns dann vor, ruhen uns aus und konzentrie­ren uns auf die Fahrt.

 ?? Foto: Ringel ?? Die Anschieber Marc Rademacher (links) und Christian Rasp haben zur deutschen Polizeimei­sterschaft in der Leichtathl­etik einen Zweierbob mitgebrach­t.
Foto: Ringel Die Anschieber Marc Rademacher (links) und Christian Rasp haben zur deutschen Polizeimei­sterschaft in der Leichtathl­etik einen Zweierbob mitgebrach­t.

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