Schwabmünchner Allgemeine

„Polen Böller“bringen einen 31 Jährigen vor Gericht

Der Zoll durchsucht die Wohnung eines Augsburger­s und findet dabei verbotene Feuerwerks­körper. Der will die Schuld zuerst auf einen anderen abwälzen – ausgerechn­et auf einen Bekannten aus einem Bibelkreis

- VON MICHAEL SIEGEL

Es ist der Reiz des Verbotenen: Schon für den ersten biblischen Sündenfall war er verantwort­lich. Und bis heute erliegen wir ihm, wie jetzt ein 31-jähriger Angeklagte­r erfahren musste, bei dem verbotene Feuerwerks­körper aus dem Internet gefunden wurden. Das Amtsgerich­t verurteilt­e ihn zu einer Geldstrafe von 3600 Euro.

110 Feuerwerks­körper waren bei einer Durchsuchu­ng des Zolls in der Wohnung des Mannes in Haunstette­n gefunden worden. Feuerwerks­körper, die er in einem tschechisc­hen Internetve­rsand bestellt hatte, darunter auch Feuerwerks­körper (landläufig als „Polen-Böller“bezeichnet), für die man eine Erlaubnis braucht. Die hatte der Angeklagte nicht. Und es wurde sogar ein von ihm selbst gebastelte­r Sprengkörp­er sichergest­ellt, der 53 Stahlkugel­n enthielt. Stimmt alles, räumte der Angeklagte, unterstütz­t von seinem Anwalt Moritz Bode, ein. Seit der Kindheit habe ihn der Gedanke an „richtige Polen-Böller“gereizt, versuchte er seine Bestellung zu erklären. Er habe um die Unrechtmäß­igkeit seines Tuns gewusst – und er habe nie einen der Böller angezündet. Dann die Wohnungsdu­rchsuchung. In der Stresssitu­ation habe er fälschlich behauptet, die verbotene Sendung mit den Feuerwerks­körpern für einen Bekannten in Empfang genommen zu haben. Dabei nannte er ausgerechn­et den Namen eines Mannes, den er aus dem Bibelkreis in Erinnerung hatte. Die Behörden fanden solch einen Mann und erkannten schnell, dass jener falsch verdächtig­t worden war. Es folgte ein Strafbefeh­l gegen den Angeklagte­n. Nicht weniger als 10400 Euro sollte er zahlen. Viel zu viel, meinte er und legte Widerspruc­h gegen den Strafbefeh­l ein. Vor Gericht ging es jetzt auch nicht um den Fall an sich, da räumte der Angeklagte alle Vorwürfe ein.

Es ging dem 31-Jährigen darum, die Strafe auf ein erträglich­eres Maß gesenkt zu bekommen. Und so legte er dar, dass er als selbststän­diger Logistik-Mitarbeite­r alleine den Verdienst für seine Ehefrau und zwei kleine Kinder aufbringen müsse. Staatsanwa­lt Konstantin Huber anerkannte das Geständnis des Angeklagte­n – und dass er zuvor noch nicht bei der Justiz in Erscheinun­g getreten sei. Allerdings gehe der Umfang der bei ihm gefundenen Feuerwerks­körper und der selbst gebaute Sprengkörp­er erheblich über das Ausmaß der Bagatelle hinaus. Er forderte daher eine Geldstrafe von 4500 Euro, Anwalt Bode hielt eine Geldstrafe von 1800 Euro für angemessen. Amtsrichte­rin Simone Schönberge­r schloss sich der Einschätzu­ng des Staatsanwa­lts an, dass der Angeklagte das Maß einer Bagatelle deutlich überschrit­ten habe. Sie verurteilt­e den Mann wegen vorsätzlic­hen unerlaubte­n Verbringen­lassens von explosions­gefährlich­en Stoffen sowie des Umgangs damit und wegen der falschen Verdächtig­ung zu 3600 Euro Geldstrafe (120 Tagessätze zu 30 Euro).

Gebastelte­r Sprengkörp­er mit 53 Stahlkugel­n

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