Schwabmünchner Allgemeine

Kleidung. Macht. Erfolg.

Die Wahl des Business-Outfits stellt viele Frauen vor Herausford­erungen: Was ist angemessen, was entspricht dem eigenen Geschmack? Und ist vielleicht sogar Angela Merkel ein Vorbild? Der Autor und Stil-Trainer Jan Schaumann klärt auf

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In einer Bluse mit Blumenmust­er kann man derzeit im Alltag nichts falsch machen. Gilt das auch für die Businessmo­de?

Eine Bluse mit Blümchenmu­ster ist per se kein Fauxpas. Es hängt von der Branche ab. Was erwarten die Leute von mir? Viel wichtiger als kurzfristi­ge Trends ist ein persönlich­er Stil. Den kann ich längerfris­tig ausleben, eben so lange, wie ich das Gefühl habe, er passt zu mir. Das wirkt authentisc­h. Ist es nur ein Trend, dem man folgt, wirkt es schnell etwas unbeholfen. Weil es nicht unbedingt zu einem passt. Dann doch lieber klassisch mit kleinen Nuancen.

Klassisch wäre ein Hosenanzug, oder? Ein gängiges Mittel, um sich als Frau in einer Männerdomä­ne einzublend­en.

Schaumann: Eine zum Mann verkleidet­e Frau macht keinen besseren Performer aus ihr. Ich halte viel davon, dass Menschen authentisc­h sind. Der Hosenanzug oder das Kostüm sind Adaptionen des Herrenanzu­gs. Die Bluse ist eine Adaption des Hemdes. Das ist kleidungsg­eschichtli­ch einfach so. Daher der maskuline Touch. Der Hosenanzug hat aber auch einen praktische­n Aspekt.

Welchen?

Schaumann:: Das sichtbare Damenbein soll im Geschäftsl­eben grundsätzl­ich bestrumpft sein. Das höre ich auch von den meisten meiner Seminartei­lnehmerinn­en – egal, aus welcher Altersgrup­pe. Ein Rock zeigt entspreche­nd mehr Bein. Mit einer Hose spart man sich die Strumpfhos­e.

Wie sieht das Businessou­tfit für alle Fälle aus?

Ganz klar, ein dunkelblau­er Hosenanzug mit einer Jacke, die man auch als Kombi mit einer Jeans oder einer normalen Stoffhose tragen kann. Sie muss dafür entspreche­nd lang sein. Klassisch geschnitte­ne Blusen in Weiß, Blau und Rosé. Wichtig ist, dass der Stoff nicht zu transparen­t ist. Wer es klassisch hält, kann die Sachen länger tragen und spart Geld.

Schwarz gilt doch als sichererst­e Variante. Warum hier Dunkelblau?

Schwarz ist eine Anlassfarb­e. Dunkelblau ist die weltweit sicherste Farbe mit positiver Konnotatio­n. Außerdem lässt es sich gut mit anderen Mustern und Farben kombiniere­n.

Ergibt es Sinn, sich der Wahl der Kleidung an Vorgesetzt­en zu orientiere­n, oder trete ich ins Fettnäpfch­en?

Giorgio Armani sagte mal: „Kleide dich nicht für den Job, den du hast, sondern für den Job, den du willst.“Klar, warum sollte sich die Sekretärin nicht kleiden wie die Chefin? Dazu kommt in meinen Augen noch ein wichtiger Punkt: Sekretärin ist der erste Eindruck, den ein Gast gewinnt. Jeans und Norweger-Pullover muss die Chefin im Kostüm im Zweifelsfa­ll wieder aufarbeite­n.

Klingt bisher simpel. Gibt es Stolperfal­len?

Die Kleidung muss passen - und zwar darunter wie darüber. Dabei darf die SSL, die sichtbare Sliplinie, nicht vergessen werden. Es sollte sich niemals Wäsche unter der Kleidung abzeichnen. Sonst passt entweder das Darunter oder Darüber nicht. Der Pflegezust­and ist auch ein wichtiges Kriterium. Man zeigt damit „Guck mal, so achte ich auf mich selbst“und im übertragen­en Sinne bin ich auch so akkurat oder nachlässig anderen Menschen gegenüber. Es geht um’s Vorleben: Ein zerknickte­r Anzug, ausgelatsc­hte Schuhe und fettige Haare machen einen entspreche­nden Eindruck.

Kann ich etwa mit dicker Rolex-Uhr und Prada Tasche auch zu sehr auf mich achten?

In jedem Fall lenkt es ab. Wenn sich mein Gegenüber Gedanken macht, wie viel die Tasche wohl gekostet hat und wo sie gekauft wurde, konzentrie­rt er sich nicht mehr auf unser Gespräch. Anderersei­ts muss eine gewisse Erwartungs­haltung erfüllt werden. Wenn mir ein Vermögensb­erater im Werbepulli gegenübers­itzt, wird er immer unglaubwür­dig bleiben, egal, was er erzählt. Man muss sich im Rahmen der eigenen Möglichkei­ten auf Augenhöhe treffen. Dem Millionär wird auch klar sein, dass die Bankberate­rin keine Millionäri­n ist. Sonst würde sie neben ihm und nicht vor ihm sitzen.

Aber wie soll die Bänkerin dieses Ungleichge­wicht ausgleiche­n?

Gar nicht. Es wäre schon gut, wenn die Bankberate­rin ihre Sachen nicht im Discounter kauft. Trotzdem macht es Sinn, sich auf seinen Gegenüber einzustell­en, sich zu fragen: „Was erwartet der?“. Das halte ich für überlebens­notwendig. Annäherung schafft Vertrauen. Wir sind noch nicht so lang von den Bäumen runter, als dass unser Instinkt komplett weg wäre. Je unähnDie licher uns ein anderes Lebewesen ist, desto vorsichtig­er agieren wir, müssen erst einschätze­n.

Standard- Ratgeber-Regel: niemals mehr als drei Farben. Stimmen Sie zu?

Wenn wir von Farben sprechen, müssen wir unterschie­dliche Farbtemper­aturen berücksich­tigen. Man kann durchaus fünf verschiede­ne Grau- oder Blautöne tragen, wenn sie alle zur gleichen Farbfamili­e gehören. Anderseits können zwei Farben schon zu viel sein, wenn ich etwa kaltgrundi­ges Blau mit einem warmgrundi­gen Blau, also mit Gelbanteil, kombiniere. Man würde sagen: Das beißt sich. Generell sind viel mehr Farben möglich. Somit auch mehr Individual­ität. Unsere Kanzlerin lebt das nun seit Jahren.

Sollen wir uns wirklich an „Mutti“orientiere­n?

Schaumann: Frauen haben bei der Businessbe­kleidung deutlich mehr Spielraum als Männer. Ein roter Hosenanzug etwa wäre bei Männern undenkbar. Wichtig ist, die Signalwirk­ung mancher Farben im Hinterkopf zu behalten und es nicht zu übertreibe­n. Ein bordeauxfa­rbener Hosenanzug mit einer Bluse in Hellblau und einer grünen Tasche ist eindeutig zu viel.

Was kann ich tun, wenn mir das Fingerspit­zengefühl für Farben fehlt?

Schaumann: Wer ein Outfit in lustigem Steingrau trägt und beim Blick in den Spiegel schwere Augenlider bekommt, kann mit einem Tuch Pepp reinbringe­n. Vorteil: Es lässt sich später in Sekundensc­hnelle wieder abnehmen. Ein Mann bräuchte länger, um seine Krawatte abzunehmen.

Sneaker haben sich recht erfolgreic­h in die Businessmo­de gemogelt. Inwieweit gehören Schuhe zum richtigen Outfit?

Schaumann: Auch Schuhe senden eine Botschaft – die flachen genauso wie die ganz hohen. Die durchschni­ttliche Höhe, mit der man immer auf der sicheren Seite ist, liegt zwischen drei und fünf Zentimeter­n. Alles andere ist typabhängi­g. Die absolute Grundvorau­ssetzung ist, sich sicher auf den Absätzen bewegen zu können.

Ohne eine Tasche verlassen die meisten Frauen nicht das Haus. Aber ist auch jede Tasche für den Job geeignet?

Schaumann: Frauen tragen im Business deutlich häufiger Taschen als Männer. Aber bitte keine Täschchen, mindestens A4 Größe sollte sie

„Frauen haben bei der Business bekleidung deutlich mehr Spielraum als Männer.“Stilberate­r Jan Schaumann

haben. Die Tasche ist dabei, um Unterlagen und Ähnliches darin zu verstauen - und das sollte auch ganz klar zum Ausdruck kommen.

Wo bleibt der Spaß in der Businessmo­de?

Kleines Outing: Ich trage zum Anzug immer rote Strümpfe. Im Stehen sieht das aber keiner. Nur ein Mal hat eine Firma gesagt „Die roten Strümpfe oder Sie“. Na ja, die haben bestimmt einen anderen tollen Trainer für das Seminar gefunden. Ich kann nur raten: Seien Sie mutig und probieren Sie mal was aus!

OZur Person Jan Schaumann ist seit rund 15 Jahren Stil Trainer, Buchautor und Kolumnist. Der 49 Jährige lebt und arbeitet in Berlin als Management und Führungskr­äfteberate­r. Von ihm erschien unter anderem das inzwischen vergrif fene Buch „Richtig ist wichtig – der kleine Stilberate­r“und zahlreiche Kolumnen in Zeitungen und Zeitschrif­ten.

 ?? Foto: Byron, Fotolia ?? Der Hosenanzug oder das Kostüm in Dunkelgrau oder Dunkelblau sind in der Businessmo­de für Frauen Adaptionen des Herren anzugs. Frauen in der Geschäftsw­elt dürfen aber ruhig auch mutiger sein, sagt Stilberate­r Jan Schaumann.
Foto: Byron, Fotolia Der Hosenanzug oder das Kostüm in Dunkelgrau oder Dunkelblau sind in der Businessmo­de für Frauen Adaptionen des Herren anzugs. Frauen in der Geschäftsw­elt dürfen aber ruhig auch mutiger sein, sagt Stilberate­r Jan Schaumann.
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