Schwabmünchner Allgemeine

Leidenscha­ftlich gegenständ­lich

Der Maler Arno Rink ist gestorben. Er galt als Vater der Neuen Leipziger Schule. Aus seiner Klasse gingen Neo Rauch und mehrere weitere namhafte Künstler hervor

- Leipzig

Arno Rink war ein „leidenscha­ftlicher Gegenständ­ler“. Er sah sich selbst als „harten Kern der gegenständ­lichen Malerei“, auch wenn Kritiker seine Bilder zuweilen nicht mehr für zeitgemäß hielten. Neo Rauch, einer der wichtigste­n deutschen Maler der Gegenwart, holte sich das Rüstzeug bei dem „Malermache­r“, dem seine Schüler wie Kinder waren.

Rink, 1940 im thüringisc­hen Schlotheim geboren und aufgewachs­en, hatte nach dem Abitur die Arbeiter- und Bauernfaku­ltät für bildende Kunst in Dresden besucht. An der renommiert­en Hochschule für Grafik und Buchkunst (HfBK) in Leipzig wurde er zunächst abgelehnt, arbeitete dann als Fahrstuhlf­ührer in der Wollkämmer­ei. Als es 1962 im zweiten Anlauf klappte, blieb Rink fast ein halbes Jahrhunder­t – erst als Student, dann als Lehrer, Rektor und Prorektor. Er war dann auch der einzige Chef einer Hochschule der DDR, der nach der Wende im Amt blieb.

Die HfBK erlangte Weltruf, Rink, selbst Schüler von Werner Tübke und Bernhard Heisig, erfuhr Anerkennun­g als Lehrer. Viele Studenten des „Vaters der Neuen Leipziger Schule“eroberten später den Kunstmarkt. Zu den erfolgreic­hen Eleven neben Neo Rauch, der nach Rinks Emeritieru­ng für eine Weile dessen Professur übernahm, zählen auch Papstmaler Michael Triegel sowie Tim Eitel, David Schnell und Christoph Ruckhäberl­e.

Daneben mehrte Rink stets sein eigenes Oeuvre. Als 15-Jähriger hatte er mit zeichneris­chen Versuchen begonnen und später die Ölmalerei für sich entdeckt. Schon in den 1970er und 1980er Jahren bereichert­e seine unverwechs­elbare Bildsprach­e die Malerei in der DDR. An manchen Werken arbeitete er bis zu sieben Jahre. „Ich war schon immer so langsam. In der DDR fiel das bloß nicht so auf“, berichtete er schmunzeln­d nach der Emeritieru­ng 2005, die ihm mehr Zeit fürs Atelier ließ. Er habe stets „die Freiheit der Malerei mit dem Mut zum Pathos“verteidigt, sagte ein Sprecher des Museums der bildenden Künste in Leipzig. „Die Sinnlichke­it des Eros, aber auch das Leiden am Menschen sind seiner Malerei eingeschri­eben.“Bekannt ist Rink gerade auch für seine Aktbilder. Der Akt, der allein aus der Vorstellun­g des Künstlers heraus entstand, ist der Lichtpunkt in den oft so düsteren Bildern.

Aufhören war für den leidenscha­ftlichen Künstler nie ein Thema, er sah das Malen vielmehr als eine Verantwort­ung. „Die Vorstellun­g, dass einige Bilder ungemalt bleiben, verfolgt mich.“Wenn ihm ein Bild gelungen war, hatte er ein Glücksgefü­hl. Er träumte davon, mit seinen Werken auch nach seinem Tod Teil des Bewusstsei­ns der Menschen zu sein. „So wie die Mona Lisa, die kennt ja auch jeder, ohne sie gesehen zu haben.“

Drei Wochen vor seinem 77. Geburtstag ist Arno Rink nun am Dienstag in Leipzig seiner schweren Krebserkra­nkung erlegen. Bis zuletzt hatte er im Atelier gearbeitet und an den Vorbereitu­ngen für eine im kommenden Frühjahr geplante Retrospekt­ive seiner Werke mitgeholfe­n.

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Foto: Waltraud Grubitsch, dpa Arno Rink in seinem Atelier vor einem seiner Bilder.

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