Die Angst vor der Altersarmut wächst
Ein breit aufgestelltes regionales Bündnis macht sich zum Ziel, „eine gute Rente für alle“zu erreichen. Das Ganze hat mit der Bundestagswahl zu tun, doch die Aktivitäten gehen über den 24. September hinaus
Eine Rente mit 70 wird es mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht geben. Auch Kanzlerkandidat Martin Schulz (SPD) schließt aus, dass unter seiner Führung eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit angestrebt wird. Es waren Aussagen, die am Sonntag beim Kanzlerduell gefallen sind. Die Rente war somit zum Wahlkampfthema geworden.
Und dies ist aus Sicht eines Augsburger Bündnisses, das es seit einigen Wochen gibt, richtig. Mehr noch: Diese Debatte ist überfällig. „Allianz für eine gute Rente“, nennt sich das Augsburger Bündnis. Dessen Botschaft, die nun nicht allein wegen der anstehenden Bundestagswahl verkündet wird, ist unüberhörbar: Der Weg einer Rente, die nicht ausreicht, in die Altersarmut ist vorgezeichnet. Deshalb fordern Vertreter von Sozialverbänden und Gewerkschaften einen Kurswechsel. Auch Kirchenvertreter und das Sozialreferat der Stadt Augsburg gehö- dem Bündnis an. Ziel dieser Allianz ist es, auf Missstände in der Situation von Rentnern hinzuweisen und deutliche Änderungen in der aktuellen Rentenpolitik einzufordern. Vor den Medien wurde am Mittwoch Zwischenbilanz gezogen.
Das Bündnis ist nach Auskunft der Initiatoren bundesweit einzigartig, was sich allein an der Zusammensetzung zeige: die Katholische Arbeitnehmerbewegung, die IG Metall, der DGB, das Sozialreferat und die Arbeiterwohlfahrt sind engagiert. Gerade wenn man die Situation vor Ort betrachte, zeige sich die Notwendigkeit gegen Altersarmut frühzeitig vorzugehen. Laut Sozialreferent Stefan Kiefer fallen bereits über 3000 Frauen und Männer, die über 65 Jahre alt sind, in die Kategorie Altersmut. Diese Personen beziehen staatliche Leistungen, damit sie finanziell überleben können. Es geht dabei um Unterstützung zum Wohnen und die finanzielle Hilfe zum Lebensunterhalt. „Es sind derzeit 5,4 Prozent der Bevölkerung 65 Jahre“, sagt Kiefer, wobei es sicherlich eine hohe Dunkelziffer gebe. Die Stadt sehe aber anhand der Statistik, dass die Zahl der älteren Menschen, die am Existenzminimum leben, immer stärke wachse.
Es sind nicht nur Geldsorgen, die diese Menschen umtreiben, sagt Diakon Christian Wild. Er betreut den „Moritzpunkt“in der Maximilianstraße, eine Anlaufstelle der Kirche. „Mit wenig Geld beginnt die Vereinsamung,“sagt Wild. Die Altersarmut werde zur großen gesellschaftspolitischen Aufgabe. Das Bündnis verweist auf aktuelle Zahlen. Allein in Bayern erhielten demnach über 60 Prozent aller neuen Rentner im Jahr 2015 eine Bruttorente von unter 850 Euro. „Die Rente wird der größte soziale Sprengstoff“, unterstreicht Roberto Armellini, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall. Er ist einer der Initiatoren in der „Allianz für gute Rente“. Das Bündnis habe sich zum Ziel gemacht, die Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren. Inforen stände in der Innenstadt gehören zu dieser Form der Aufklärungsarbeit. Konkrete Forderungen an die Adresse der Politik benennt das Bündnis. Als Erstes müsse das gesetzliche Rentenniveau stabilisiert werden. Mittelfristig gehe es dann darum, das Rentenniveau auf minüber destens 50 Prozent des Durchschnittseinkommens anzuheben. Der „Allianz für gute Rente“gehe es nicht darum, eine Wahlempfehlung auszusprechen, heißt es. Worauf es den Machern ankommt, ist dies: Niemand soll seinen Lebensabend in Armut verbringen müssen.