Rentner landet wegen Volksverhetzung vor Gericht
73-Jähriger aus dem Landkreis versieht Gewaltbilder mit Kommentaren und verbreitet sie im Internet
Meinungsfreiheit hat auch Grenzen: Die sind erreicht, wenn Menschen beleidigt, verleumdet oder in ihrer Würde angegriffen werden. Oder wenn zu Hass und Gewalt angestachelt wird. Darunter fallen die Bilder und Kommentare, die ein 73-Jähriger zu Jahresanfang im Internet verbreitet hat. Der Mann veröffentlichte in seinem frei zugänglichen TwitterAccount unter anderem eine Bilddatei, auf der ein offenbar arabischstämmiger Mann mit fünf abgeschlagenen Köpfen dargestellt wird. Dazu war der Kommentar zu lesen: „Der nette Moslem von nebenan.“
In drei weiteren Beiträgen machte der Rentner drastisch in Wort und Bild deutlich, was er von Flüchtlingen hält. Eine Bildreihe mit einem Schwarzafrikaner und Bundeskanzlerin Merkel sollte die Entwicklung der Menschheit darstellen. Im Februar stellte der Mann ein Bild ein, das ein Mädchen mit seiner Mutter zeigte: Sie waren Opfer einer Säureattacke geworden. Für den Mann war der Islam schuld daran. Auch der Kommentar zu einem weiteren Bild zielte in diese Richtung: Es zeigte einen Bärtigen mit acht abgeschlagenen Köpfen. Der 73-Jährige schrieb: „Sie werden uns töten. Die letzten dummen Menschen werden es noch zu spüren bekommen.“
Vor Gericht räumte der 73-Jährige ein, dass er die Bilder verbreitet hatte und Urheber der Kommentare auf seinem Twitter-Account war. Richterin Rita Greser bezeichnete das Bild von den Opfern der Säureattacke als „übel“: Mit dem Kommentar würden alle Muslime verunglimpft. Andere Menschen würden pauschal beschuldigt, sagte die Richterin, die eine Diskussion über das Thema nicht aufkommen ließ. Sie merkte an: „Man kann doch nicht alle über einen Kamm scheren.“Und: „Stellen Sie sich vor, das würde jeder machen: Da wird Hass im Land geschürt.“
Der Angeklagte sagte, dass er schon oft ähnliche Bilder gesehen habe. „Das ist ja fast normal.“Er lese viel, vielleicht sei das auch der Grund, warum er so negativ eingestellt sei. Er habe aber nicht gewusst, dass seine Darstellungen verboten seien. Gewalt gebe es doch auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Richterin Greser sagte, dass es einen Unterschied zwischen der Berichterstattung der Presse gibt und dem Otto Normalverbraucher, der Bilder und Kommentare im Internet verbreitet. „Man kann doch nicht alles Mögliche ins Netz stellen und dann behaupten, man habe es nicht gewusst.“
Tief ins Bewusstsein gedrungen sein dürften dem 73-Jährigen seine Tweets, als morgens sieben Beamte der Polizei zur Durchsuchung vor seiner Tür standen. Sie rückten aus, weil im Präsidium Schwaben Nord ein anonymer Hinweis eingegangen war. Unter anderem wurden das Handy, ein Netbook, ein PC und ein Tablet sichergestellt. Weil unklar ist, welches Gerät für die Straftaten benutzt wurde und als „Tatwerkzeug“eingezogen werden kann, wurde die Hauptverhandlung gestern ausgesetzt. Ein Urteil steht noch aus. Die Staatsanwältin Gudrun Wagner hatte dafür plädiert, Smartphone und Netbook einzuziehen und den Rentner wegen Gewaltdarstellung und Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 3600 Euro zu verurteilen.