Vier Schulkameraden auf dem Gipfel
Die gebürtigen Langerringer leben heute in der ganzen Welt verstreut. Doch sie haben ein gemeinsames Ziel, und die Chemie stimmt immer noch
Die Idee kam Franz Weimeier gemeinsam mit seinem alten Schulkameraden Jürgen Tomek. Die beiden hatten wenige Jahre zuvor den Kilimandscharo in Afrika erklommen, nachdem sie schon jahrelang begeisterte Bergsteiger waren. Beide packte die Lust auf ein weiteres Abenteuer. „Es hat uns gereizt, an unsere Grenzen zu gehen“, sagt Weimeier. So fassten sie den Entschluss, den Elbrus, mit 5642 Metern der höchste Berg des KaukasusGebirges in Russland, anzugehen: einen weiteren der Seven Summits, der jeweils höchsten Gipfel auf den sieben Kontinenten.
„So eine Tour würde ich nicht mit lauter Fremden gehen wollen. Da muss die Chemie stimmen und ich muss mich auf meine Kameraden verlassen können“, betont der gebürtige Langerringer. Die Besteigung des Elbrus sei schließlich äußerst anspruchsvoll, führt sie doch ab dem Basislager nur durch Eis und Schnee.
Das Schwierigste sei jedoch die dünne Luft ab 5000 Metern. „Da musst du richtig kämpfen, man fühlt einfach kraftlos“, beschreibt Weimeier die Herausforderung.
Dass er letztendlich mit dreien seiner ehemaligen Freunde, mit denen er neun Jahre lang die Schule besucht hatte, auf dem Gipfel stehen würde, hätte er nicht gedacht. Denn weitere Tourbegleiter zu finden, war nicht so einfach. „Wir kennen zwar viele Bergbegeisterte“, sagt er. Aber deren Motto sei eher „gemütliche Tour mit anschließender Einkehr“. Kondition, Kraft und Verzicht auf Komfort seien aber die Voraussetzung für solch eine Tour. Dann kam jedoch Günter Müller mit ins Spiel. „Er ist ein passionierter Marathonläufer.“Und als durch Zufall Günter Gierczik, der in Madagaskar lebt, von den Plänen erfuhr, war das Quartett komplett.
Nach vielen Vorbereitungen – Reise buchen, Visa beantragen, Ausrüstung samt Steigeisen und Eispickeln beschaffen und viel Training – ging es endlich los. Von München aus flogen sie über Moskau nach Mineralnye Vody. Von dort aus waren es noch drei Stunden im Kleintransporter durch das herrliche Kaukasusgebirge. Die nächsten zwei Tage unternahm das Quartett weitere Akklimatisierungstouren durch Eis und Schnee. „Wir bewegten uns auf einer Höhe von 4500 Meter“, sagt Weimeier. Bei einer Tour wurden sie allerdings durch einen Schneesturm ausgebremst und mussten zurück. „Man muss unbedingt seinem Bergführer dort vertrauen, der weiß genau, wann Schluss ist“, sagt Weimeier. Da man bei der Gipfelbegehung stark vom herrschenden Wetter abhängig ist, planten die Bergsteiger einige Puffertage ein. Zudem standen noch Übungen mit dem Eispickel an. „Beim Abrutschen im Schneefeld ist der Eispickel lebensnotwendig“, betont Weimeier.
Der erste Gipfelsturm musste jedoch verschoben werden. „Wir hatten zu viel Wind.“Im zweiten Anlauf ging es dann nachts um 3 Uhr bei Minusgraden, ausgerüstet mit dicken Jacken, Stirnlampe und Eispickel, los. Mit ein Grund für diesen frühen Beginn ist etwas, was Weimeier als eines der beeindruckendssich ten Erlebnisse bezeichnet: der Aufgang der Sonne über den schneebedeckten Gipfeln. „Ab 5000 Meter wurde die Luft ziemlich dünn“, erinnert sich Weimeier. Dennoch erreichten die vier Schulkammeraden am späten Vormittag mit ihrem Bergführer Dimitry den Elbrus Westgipfel auf 5642 Meter.
Der Blick vom Gipfel entschädigte für die vielen Strapazen. Ausgiebig genossen Weimeier und seine Freunde diese faszinierende Aussicht, bevor es wieder zurück ins Basislager ging. Und trotz aller Erschöpfung ließen es sich dann die Vier nicht nehmen, die erfolgreiche Gipfeltour ausgiebig zu feiern.
Weimeier werden die Abenteuer so schnell nicht loslassen: „Vor ein paar Jahren kam bei mir der Gedanke: Meine Träume sollte ich nicht ständig vor mir herschieben, ich sollte sie mir jetzt erfüllen, sonst klappt es damit irgendwann nicht mehr.“Und so schwirrt in seinem Kopf schon die Begehung des nächsten Gipfels herum, diesmal in Südamerika. „Wenn ich mich an dieses Erlebnis erinnere, hab ich wieder Hummeln im Hintern“, sagt Weimeier und schmunzelt. Ob es seinen Freunden ähnlich geht?
Der Blick vom Gipfel entschädigt für die vielen Strapazen