Wäre es besser, nur alle fünf Jahre zu wählen?
Für eine Verlängerung der Legislaturperiode gibt es durchaus gute Argumente. Darüber kann man reden. Die Frage ist nur: Warum kommen die Parteien erst jetzt mit der Idee?
Vier Jahre hatten sie Zeit, sich auf ein neues Wahlrecht zu einigen. Dass die geltende Regelung zwar verfassungskonform ist, im Gegenzug aber durch den Ausgleich aller Überhangmandate einen aufgeblähten Bundestag zur Folge haben kann, war und ist allen Parteien bewusst. Doch selbst die mehrfachen Mahnungen von Bundestagspräsident Norbert Lammert, endlich eine Reform des Wahlgesetzes auf den Weg zu bringen, verhallten folgenlos. Mit der Folge, dass dem neuen Bundestag möglicherweise bei einem entsprechenden Ergebnis nicht 598, sondern 650 oder sogar knapp 700 Abgeordnete angehören könnten.
Hätten die im Bundestag vertretenen Parteien die Reform doch noch zustande gebracht, wenn sie ein Jahr mehr Zeit gehabt hätten? Zweifel sind angebracht. Denn in der Politik geht es nicht viel anders zu als im normalen Leben: Dinge, die keine absolute Priorität haben, werden gerne auf die lange Bank geschoben und erst im letzten Augenblick erledigt. Oder auch nicht. Gleichwohl werden zehn Tage vor der Bundestagswahl offenbar schon recht weit gediehene Überlegun- der Parteien bekannt, die Legislaturperiode, die im Regelfall vier Jahre dauert, auf fünf Jahre zu verlängern.
Auf den ersten Blick sind weder der Zeitpunkt dieser Ankündigung noch die Art und Weise, wie die Pläne eher beiläufig ans Licht kommen, dazu angetan, dass sie auf einhellige Zustimmung stoßen. Der Verdacht liegt nahe, die etablierten Parteien wollten auf diese Weise ihre Ämter, Posten und Mandate sichern, sich unliebsame Konkurrenz vom Hals halten und ein Stück weit die Macht des Volkes – des Souveräns in diesem Lande – beschneiden. Die Verlängerung um ein Jahr hätte zur Folge, dass den Bürgern in einer Spanne von 20 Jahren eine Wahl genommen wird – ein durchaus gravierender Eingriff in das Mitbestimmungsrecht.
Und doch spricht viel dafür, die Amtszeit des Bundestags zu verlängern, so wie es in 15 Bundesländern mittlerweile geschehen ist. Vier Jahre sind eine kurze Zeit, zieht man davon noch die Monate ab, die nach der Wahl für Koalitionsgen verhandlungen, Mitgliederbefragungen und Regierungsbildung benötigt werden und berücksichtigt man, dass spätestens ein halbes Jahr vor der Wahl der Wahlkampf beginnt, bleiben netto gerade etwas mehr als drei Jahre. Das ist entschieden zu wenig für eine kontinuierliche Arbeit.
Damit die Verlängerung der Legislaturperiode nicht auf eine schleichende Entmachtung der Bürger hinausläuft, muss sie unbedingt mit weiteren Reformen des Parlamentsbetriebs verbunden werden. So ist eine breite Akzeptanz nur dann gewährleistet, wenn gleichzeitig endlich Volksbegehren und Volksentscheide auch auf Bundesebene eingeführt werden und die direkte Demokratie entscheidend gestärkt wird. Alle Parteien mit Ausnahme der CDU fordern dies, die Zeit ist reif. Zudem sollte überlegt werden, die Wahltermine der Länder zu bündeln. Die ständigen Wahlkämpfe dort lähmen immer wieder die politische Arbeit im Bund, weil Rücksicht auf die Parteifreunde genommen werden muss. Wie wäre es also mit einem einzigen Wahltag in der Mitte der Legislaturperiode? Und wenn man schon dabei ist mit dem Entrümpeln: Was spricht dagegen, die Amtszeit eines Kanzlers auf zwei Legislaturperioden zu begrenzen? Auf diese Weise können sogar besser als bisher Wechsel und Neuausrichtung der politischen Landschaft befördert werden.
Über all das kann und muss man reden, ergebnisoffen und ohne Vorfestlegungen. Aber doch nicht zehn Tage vor der Wahl.