Haftstrafe für unehrlichen Finder
Ein Mann entdeckt im Geldautomat mehrere hundert Euro und steckt sie einfach ein. Jetzt droht ihm das Gefängnis
Stellen Sie sich vor, Sie heben am Geldautomaten 30 Euro ab, die Maschine zahlt Ihnen aber 530 Euro aus. Was machen Sie? Ein 22-jähriger Augsburger behielt den gesamten Betrag für sich, was ihn jetzt vors Gericht brachte. Die Richterin verhängt gegen ihn sogar eine Gefängnisstrafe.
Der Fall spielt sich am 3. Januar ab, gegen 11.50 Uhr: Der Angeklagte, ein derzeit beschäftigungsloser Monteur, will an einem Geldautomaten in der Wertachstraße 30 Euro abheben. Als sich der Ausgabeschacht öffnet, liegt neben seinen 30 Euro auch noch ein 500-Euro-Schein. Der Angeklagte nimmt den Gesamtbetrag an sich. Das bemerken zwei Männer, die den 500-Euro-Schein gerade zuvor eingezahlt hatten. Sie sprechen den 22-Jährigen an, die Angelegenheit klären zu lassen, aber der Mann lehnt ab und verschwindet mit dem Geld, das er anschließend ausgibt.
Weil der Angeklagte die Tatvorwürfe der Staatsanwaltschaft gesteht, verzichtet Richterin Kerstin Wagner auf die Vernehmung der Zeugen und auf eine ausführlichere Beweisaufnahme. Schwieriger ist die Frage der Bestrafung: Nicht weniger als acht Einträge hat der Mann bereits im Strafregister stehen. Darunter, so bemerkt es die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, fünf Fälle, in denen es ebenfalls um Eigentumsdelikte ging. Und: Der 22-Jährige steht mit einer 16-Monatsselbstständiger Haftstrafe unter offener Bewährung, für die ein Antrag auf Widerruf der Bewährung vorliegt, weil der Angeklagte mit Terminen „geschludert“habe.
Der Verteidiger Ralf Schönauer schlägt vor, angesichts des sich abzeichnenden Unheils das Unterschlagungsverfahren einzustellen. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft geht darauf nicht ein und fordert für den Angeklagten eine sechsmonatige Haftstrafe. Verteidiger Schönauer sieht eine Geldstrafe als ausreichend an. Richterin Wagner spricht in ihrem Urteil schließlich eine Haftstrafe von drei Monaten wegen Unterschlagung aus, das sei angesichts der Umstände an der unteren Grenze des Möglichen. Zudem sollen die unterschlagenen 500 Euro eingezogen werden. Die Strafe erneut zur Bewährung auszusetzen, ergebe nach den Worten der Richterin wenig Sinn, wie sich gezeigt habe. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, wird der Angeklagte wohl seine Strafen absitzen müssen.