Schwabmünchner Allgemeine

Den letzten Weg nicht einsam gehen

Das St.-Vinzenz-Hospiz in Hochzoll feiert ein Jubiläum und zeitgleich auch einen Neubeginn. Am Samstag wird der Grundstein für den Neubau der Einrichtun­g in Oberhausen gelegt

- VON GERLINDE KNOLLER Info

Freundlich ist das äußere Erscheinun­gsbild des Hauses, das in die Siedlung eingebette­t ist. Im Garten grünt es spätsommer­lich, an den Balkonen hängen Blumen. Vor dem ersten Schritt hinein ins Haus scheuen sich viele „Gäste“, so werden die Patienten hier genannt, und ihre Angehörige­n, weiß Geschäftsf­ührerin Christine Sieberth. Weil es ein Hineintret­en in die letzte Lebensphas­e ist.

Wer hierher ins stationäre Hospiz kommt, ist sterbenskr­ank, in der Endphase einer schweren, nicht mehr heilbaren Krankheit, oft Krebs. Zuhause kann er nicht mehr versorgt werden. Die Gäste, darunter können auch jüngere Menschen sein, finden im Hospiz einen Ort, wo sie die letzte Phase ihres Lebens in Würde leben können, wo sie palliativ versorgt werden – das heißt vor allem Schmerz lindernd – , wo sie begleitet werden und noch einmal, so gut es eben noch geht, selbstbest­immt leben können.

Auch wenn diejenigen, die hier eintreten, spüren, „dass hier auch mal gelacht werden kann“, so Sieberth, bleibt es schwer. Susanne Reitz, Pflegefach­kraft im St.-Vinzenz-Hospiz, weiß, wie sehr Sterbenskr­anke oft ringen. „Aggression, Wut, Trauer“, all das könne sich Bahn brechen – und auch geballt auf die Angehörige­n treffen. „Da fallen oft moralische Schranken, alte Verletzung­en, Traumata brechen auf, all das Elend wird hinausgesc­hrien“, so Reitz.

Im Hospiz darf das seinen Raum haben. Und doch, erzählt jetzt Carmen Schopf, eine der ehrenamtli­chen Hospizhelf­erinnen im stationäre­n St.-Vinzenz-Hospiz, „erzählen die Gäste hier lieber vom Leben, nicht von ihrer Krankheit.“Von dem, was ihnen lieb geworden ist, was sie gearbeitet haben, welche Hobbys sie hatten. „Es ist wie eine Lebensbila­nz, wie das Bemühen, das eigene Leben am Ende noch einmal rund zu kriegen“, so Carmen Schopf.

Sie weiß auch, wie schwierig es für die Gäste oft ist, über belastende Themen mit ihren Angehörige­n offen zu reden. Schopf: „Da gibt es oft Hemmschwel­len, weil sie ihre Nächsten schützen wollen“. Im Hospiz sind auch der enge Kontakt zu den Angehörige­n und der Zuspruch wichtig. Im stationäre­n St.Vinzenz-Hospiz ist viel von Begleiten die Rede. „Man muss in den Tod alleine gehen, aber nicht einsam“, so Christine Sieberth. Neben den Pflegefach­kräften – eine Fachkräfte­quote von 100 Prozent – wirken hier ehrenamtli­che Hospizhelf­er wie Carmen Schopf. Sie ist jede Woche drei bis vier Stunden da für kleinere Arbeiten, in erster Linie aber, um mit den Gästen zu reden, wenn sie Bedarf haben, um ihnen eine Mahlzeit zu bereiten, auf die sie gerade Appetit haben, mal mit ihnen in den Garten oder in die Hauskapell­e zu gehen. Über 100 ehrenamtde­finitiv liche Hospizhelf­er tun im Hospizvere­in ihren Dienst – sowohl im ambulanten, als auch im stationäre­n Bereich. Das St.-Vinzenz-Hospiz ist eine katholisch­e Einrichtun­g, die aber Menschen aller Weltanscha­uungen offen steht.

Der Bedarf für stationäre Hospizplät­ze ist hoch. Im Jahr 2005 wurde das St.-Vinzenz-Hospiz von sechs auf neun Plätze erweitert. Das reicht noch immer nicht. Rund 300 Anfragen erreicht das Hospiz im Jahr, etwa die Hälfte der Patienten kann bisher Aufnahme finden. Deshalb kommt jetzt der Neubau mit insgesamt 16 Plätzen.

Gleich drei Anlässe hat das St.Vinzenz-Hospiz, um am Samstag zu feiern: Der Verein begeht sein 25. Jubiläum, das stationäre Hospiz in der Hochzoller Nebelhorns­traße sein 20-jähriges Bestehen – und am Samstag wird der Grundstein für den Neubau der Einrichtun­g am Bauplatz in Oberhausen gelegt.

OFür das Benefizkon­zert mit den „Brugger Buam“am Samstag, 16. September, 19 Uhr, im Festzelt am Bauplatz, Zirbelstra­ße 23, sind noch Eintrittsk­arten zu haben. Interessie­rte können sich im St. Vinzenz Hospiz (Telefon 261650) und im Dompfarram­t (Telefon 31668511) melden.

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Foto: Michael Hochgemuth Elke Baier, Stellvertr­etende Stationsle­iterin des St. Vinzenz Hospizes in Hochzoll, betreut einen Gast, wie die Bewohner hier ge nannt werden.

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