Schwabmünchner Allgemeine

Wird das Baudenkmal zur Bauruine?

Das denkmalges­chützte „Hohe Meer“gehört einem Unternehme­n, das Luxuswohnu­ngen errichten will. Doch der Baufortsch­ritt stockt, und im Dach klafft ein Loch. Was sagen die Behörden und wie geht es weiter?

- VON JAN KANDZORA »Kommentar

Neulich soll auf der Rückseite des Gebäudes mal etwas passiert sein. Zwei Bagger seien dort angeblich herumgefah­ren, berichten Anwohner. Zumindest für eine kurze Zeit mal Betrieb. So was sorgt für Gesprächss­toff, wenn eine bekannte Immobilie jahrelang leer steht, und wenn sie, wie aktuell, von außen ein wenig und beim Blick durch die Fenster schon etwas mehr wie eine Bauruine aussieht.

Es geht um das „Hohe Meer“, also das Gebäude in der Frauentors­traße, in dem die Gaststätte mit dem markanten Namen einmal ihren Platz hatte. Im Laufe der Jahre war es immer mal wieder für besondere Nutzungen im Gespräch. Ein Hotel, ein Café im Erdgeschos­s, etwas in diese Richtung. Nichts wurde draus. Seit Jahren nun gehört das Haus einer Firma namens Dolphin Trust, die früher Dolphin Capital hieß: einem Immobilien­entwickler aus der Stadt Langenhage­n in der Nähe von Hannover. Der Plan des Unternehme­ns: Das Haus sanieren und umbauen, 13 Luxuswohnu­ngen errichten. Erstmals berichtete unsere Zeitung 2014 über das Projekt, schon damals hieß es, alle Wohnungen seien verkauft. Bereits 2011 hatte das Unternehme­n angefangen, sie zu vermarkten. Passiert ist bis heute: wenig. Auf dem Gelände auf der Rückseite des Hauses stehen aktuell tatsächlic­h zwei Bagger; die neueste sichtbare Entwicklun­g gab es aber im April dieses Jahres: Da baute die Firma, die das Baugerüst an der Frontfassa­de stellte, eben jenes Gerüst ab. Was nichts mit einem möglichen Baufortsch­ritt zu tun hatte. Man habe, hieß es damals aus diesem Unternehme­n gegenüber unserer Zeitung, das Gerüst schlicht an anderer Stelle gebraucht.

Und heute? Heute wirken einige Fenster an der Fassade zur Frauentors­traße halbwegs neu, andere hingegen nicht. Ab dem ersten Obergescho­ss hat jemand die Fassade neu gestrichen, im Erdgeschos­s nicht. Drinnen ist kein Boden verlegt, die Wände sind kahl und unverputzt, die Decken ebenso. Nicht viel deutet darauf hin, dass hier bald mal jemand wohnen könnte, am wenigsten das Dach. Das besteht im vorderen Gebäudetei­l aus einer schwarzen Plane mit mehreren großen Löchern. In das Gebäude regnet es also rein. Man muss kein Experte sein, um zu ahnen, welche Auswirkung­en das auf die Bausubstan­z haben kann.

Was auch deshalb nicht ganz unproblema­tisch ist, da es sich bei der Immobilie um ein denkmalges­chütztes Haus handelt. Vermutlich wurde es um 1600 errichtet, in der bayerische­n Denkmallis­te steht es als „ehemaliges Gasthaus Hohes Meer, stattliche­r viergescho­ssiger, giebelstän­diger Sattelbau mit hohem Giebel über weit vorkragend­em Gesims, Fassade von 1887, im Kern älter“. Denkmalges­chützte Gebäude bringen gewisse Verpflicht­ungen mit sich: Der jeweilige Eigentümer hat sie „instandzuh­alten, instandzus­etzen, sachgemäß zu behandeln und vor Gefährdung zu schützen“, wie es im Denkmalsch­utzgesetz heißt. Die Behörden können die Eigentümer dazu verpflicht­en, es drohen Zwangsgeld­er. In Augsburg hat das die Untere Denkmalsch­utzbe- der Stadt im Falle des „Hohen Meeres“in der Vergangenh­eit auch getan, wie der zuständige Baureferen­t Gerd Merkle auf Anfrage mitteilt. Sicherungs­arbeiten seien danach auch ausgeführt worden. Weitergehe­nde Aussagen dazu könne man aus Datenschut­zgründen nicht tätigen, heißt es weiter.

Nach Informatio­nen unserer Zeitung hat die Stadt die zuständige Projektges­ellschaft der Dolphin Trust, die „Dolphin Capital 32. Projekt GmbH & Co. KG“bereits schon einmal per Bescheid dazu verpflicht­et, das Dach so abzudichte­n, dass dort kein Regenwasse­r eindringen kann. Ansonsten hätte die Dolphin 5000 Euro zahlen müssen. Bereits 2015 hatte es demnach schon einmal Schäden gegeben, weil es in das Haus reingeregn­et hatte.

Künftig sollen nach Auskunft der Dolphin Trust wieder Baufortsch­ritte sichtbar sein. Man habe seit März neue Verträge mit einer ortsansäss­igen Dachdecker­firma, einer Schreinere­i sowie einem Unternehme­n für Aufzugsbau ausgehande­lt, teilt das Unternehme­n mit. Zuvor hätten die Bauarbeite­n aufgrund mangelhaft­er Bauausführ­ung seitens des beauftragt­en Bauunterne­hmens gestoppt werden müssen. Aktuell stelle der zuständige Architekt einen neuen Bauzeitenp­lan auf. Was das Loch im Dach angeht: Die schlechte Wetterlage der letzten Wochen habe Schäden im südseitige­n Dachbehörd­e reich verursacht, heißt es von Dolphin Trust. Die Abdichtung sei jedoch bereits eingeleite­t worden.

In Ausnahmefä­llen kann die zuständige Denkmalsch­utzbehörde die Maßnahmen zum Schutz des Denkmals theoretisc­h auch selbststän­dig durchführe­n lassen. Es ist allerdings ein Mittel, das in der Praxis nur selten umgesetzt wird und für Behörden Risiken birgt: eine Klage vor dem Verwaltung­sgericht etwa, oder die Möglichkei­t, dass man auf den Kosten für die Arbeiten sitzen bleibt.

Einige Anwohner sind mit dem aktuellen Zustand der Immobilie jedenfalls „nicht besonders glücklich“, wie Roland Frank vom Verein „Bürgerakti­on Obere Stadt“sagt. „Das Gebäude verschande­lt das Straßenbil­d“, sagt er.

Die Anwohner sind „nicht gerade glücklich“

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Foto: Annette Zoepf Ein Dach mit Lücken: Wenn es weniger schön ist, fällt der Regen ins „Hohe Meer“.

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