Schwabmünchner Allgemeine

D Mark Blüten auf dem Kopierer hergestell­t

Erst jetzt muss sich ein 70-Jähriger für eine Tat Anfang der 90er Jahre verantwort­en. Wie es dazu kam und warum er mit einer Bewährungs­strafe davonkommt

- VON MICHAEL MUNKLER

Ein ganz und gar ungewöhnli­cher Fall hat die erste Strafkamme­r des Kemptener Landgerich­ts am Montag beschäftig­t. Auf der Anklageban­k saß ein Mann, dem Geldfälsch­ung zur Last gelegt wird, was keineswegs ungewöhnli­ch ist. Eher ungewöhnli­ch allerdings ist da schon das Alter des Angeklagte­n, der in Handschell­en aus der Untersuchu­ngshaft vorgeführt wurde und als freier Mann den Gerichtssa­al verließ: Der lächelnde Italiener mit den grauen, nach hinten zu einem kleinen Pferdeschw­anz zusammenge­bundenen Haaren wird demnächst 71 Jahre alt. Und die Tat, die ihm die Staatsanwa­ltschaft vorwirft, liegt 26 Jahre zurück. 1991 soll der studierte Betriebswi­rtschaftle­r in Memmingen mit Komplizen einen Farbkopier­er angeschaff­t haben. Damit sollen in wechselnde­r Besetzung in Füssen Geldnoten hergestell­t worden sein: Lira-, Dollarund D-Mark-Blüten. Die Falsifikat­e brachten sie dann unters Volk.

Einer Strafverfo­lgung entzog sich der Vater zweier Töchter, indem die Familie viele Jahre lang in Italien lebte. Doch die Kemptener Justiz ließ nicht locker, richtete in der Angelegenh­eit Übernahmeg­esuche unter anderem an die Behörden in Italien, in der Schweiz und in Liechtenst­ein. Doch in Italien lebte der jetzt Angeklagte weiter sicher vor dem Zugriff der deutschen Justiz. Man werde den Mann nicht festnehmen und ausliefern, ließ die Justiz in Bozen im Jahr 2002 wissen.

Die Jahre gingen ins Land und den aus Como stammenden Mann zog es offensicht­lich jetzt doch wieder nach Süddeutsch­land.

Offensicht­lich war er juristisch falsch beraten worden und ging davon aus, dass die ihm von der Kemptener Staatsanwa­ltschaft zur Last gelegten Straftaten inzwischen verjährt sind. Nachdem der 70-Jährige im Juli in Deutschlan­d festgenomm­en worden war, saß er nun zwei Monate in Untersuchu­ngshaft, bis gestern das Verfahren eröffnet wurde.

Sein Mandant sei bereit, ein Geständnis abzulegen, sagte Verteidige­rin Michaela Landgraf. Wenn ihm dadurch eine Haftstrafe ohne Bewährung erspart bleibe. So waren zur gestrigen Hauptverha­ndlung auch keine Zeugen geladen. Sie zu hören wäre in diesem Fall ohnehin schwierig bis unmöglich gewesen. Einige sind über 80 Jahre alt, andere bereits gestorben. Wer bei der Geldfälsch­ung welche Rolle gespielt hatte, konnte denn auch nicht restlos geklärt werden. Zumal einer der Komplizen aus dem Ostallgäue­r Schwangau bereits seit 2008 tot ist und die Protokolle seiner polizeilic­hen Vernehmung nur noch verlesen werden konnten.

Die Kammer unter Vorsitz von Richter Thorsten Thamm verurteilt­e den geständige­n 70-Jährigen („Ich habe einen großen Fehler gemacht.“) zu einer eineinhalb­jährigen Bewährungs­strafe und zu einer Geldbuße von 15000 Euro. Dieses Urteil liege „am unteren Rande des Strafrahme­ns“, sagte Thamm.

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Foto: May, dpa D Mark Noten wurden Anfang der 90er vom Angeklagte­n auf einem Farbkopier­er gefälscht.

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