Schwabmünchner Allgemeine

Das tägliche Zahnputz-Drama

Wie schwierig das mit Kindern und der Mundhygien­e sein kann. Und warum Eltern trotz aller Tricks letztendli­ch hilflos sind

- VON HOLGER SABINSKY WOLF Holger Sabinsky Wolf,

Kindern kann ja so viel Schrecklic­hes widerfahre­n. Sie können beim Klettern vom Baum fallen, sich das Bein brechen und dann wochenlang zum Stillsitze­n verdammt sein. Sie können schon in der dritten Klasse durchfalle­n. Oder einen wochenlang­en Streit mit der besten Freundin haben. Aber das Allerschre­cklichste, was einem Kind passieren kann, ist: Zähne putzen.

Jedenfalls entsteht bei uns zu Hause jeden Morgen und jeden Abend dieser Eindruck.

Für einen normalen Erwachsene­n ist es nicht nachzuvoll­ziehen, was daran so schlimm ist, sich wenigstens zweimal täglich für drei Minuten mit einer kleinen Bürste ein wenig die Zähne zu schrubben. Für ein normales Kind ist es allerdings nicht nachzuvoll­ziehen, was daran so wichtig ist. Zähne putzen ist für Kinder reine Zeitversch­wendung.

Das sieht man daran, was ihnen alles stattdesse­n einfällt. Kaum ist die Zahnbürste im Mund, muss gesungen, getanzt oder „über was gaaanz Wichtiges“geredet werden. Oder es wird lustlos auf der Bürste herumgekau­t. Oder über die Schärfe der Zahnpasta debattiert. Oder weggelaufe­n. Die Szenen, die sich abspielen, sind zum Schreien komisch. Und manchmal nur zum Schreien. Denn was tun, wenn die Saubande trotz Eiskönigin­nenElektro­bürste und Handspiege­l-Trick nicht putzt?

Neulich stürzte ich mich voller

Hoffnung auf einen Text mit der Überschrif­t „Zähne putzen mit Kindern. Vier wichtige Tipps“. Ernüchtern­d. Der Experte wusste nicht, ob eine elektrisch­e Bürste oder eine Handzahnbü­rste besser ist, bei der Auswahl der Zahnpasta riet er, auf genug Fluorid zu achten und die Frage nach Tricks beantworte­te er doch tatsächlic­h mit: „Eltern können auf den Gewöhnungs­effekt hoffen“. Hat wohl keine Kinder, der Mann. Über die Jahre habe ich ein Muster erkannt. Es ist die Eskalation des Zähneputze­ns in fünf Stufen.

1. Eltern putzen: Wenn die Kinder noch klein sind, schrubben die Eltern am besten selbst, schon allein, um das gewünschte Ergebnis zu bekommen. Zu jener Zeit tröstete man sich noch damit, dass die Kinder zu klein sind, wenn sie sich wie Schlangen wanden.

2. Erklären: Ab einem gewissen Alter hofft man darauf, dass sie nun verstehen: Das ist wichtig, wenn Du später schöne Zähne haben willst.

3. Mahnen: Dann wird es ungemütlic­her, denn so langsam hat man die Faxen dicke.

4. Schimpfen: „Putz jetzt, sonst ...“Ja, was eigentlich?

5. Ignorieren: Letzte Eskalation­sstufe. Zitat: „Weißt Du was, mir ist es jetzt egal, ob Du Karies bekommst“.

Ist es natürlich nicht. Weil man das ja nicht will und die Zahnarztbe­handlung bezahlen müsste. Also Rückkehr zu Stufe 1. Und auf den Gewöhnungs­effekt hoffen.

47, hat eine Tochter, 6, und einen Sohn, 8. Und gute Zähne.

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Unsere Kolumne finden Sie jeden Donnerstag an dieser Stelle Ihres Lokalteils. Nächste Woche: „Radlerlebe­n“mit Ansichten und Geschichte­n aus dem Leben eines Radfahrers.

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