Schwabmünchner Allgemeine

Dieser Mann liest nicht einfach nur vor

Christian Jungwirth zeigt Unterhaltu­ng der jüdischen Art. In Schwabmünc­hen kommt die „Wahrheit“über die zehn Gebote ans Licht

- VON CHRISTIAN KRUPPE Schwabmünc­hen

Feine KlezmerMus­ik, starke und abwechslun­gsreiche Texte und dazu ein Vorleser, dessen Stimme ihresgleic­hen sucht. Christian Jungwirth ist mit seiner vielfältig­en Stimme in ebensolche­r Vielfalt in Film, Fernsehen und Radio immer wieder zu hören. Er gab den Texten jüdischer Autoren wie Ephraim Kishon Kurt Tucholsky oder Henryk M. Broder die besondere Würze. Jungwirth verpackte den feinen jüdischen Humor mit seiner Vortragswe­ise in ein fasziniere­ndes Paket. So kamen die feinen Schattieru­ngen, die die Texte so besonders machen, wunderbar zum Vorschein. Kein Wunder, dass das wieder zahlreich in die Buchhandlu­ng Schmid gekommene Publikum Jungwirth förmlich an den Lippen hing.

Mit feiner und kleiner Gestik machte Jungwirth die Inhalte groß und den Abend zu einem Erlebnis. Egal ob er aus dem koscheren Knigge vortrug, der Tipps zum Umgang mit Juden erzählte: „Erzählen Sie keine jüdischen Witze. Erstens besteht immer die Gefahr, dass Sie, einmal in Schwung, statt jüdischer Witze ,Judenwitze‘ erzählen. Das trübt die Stimmung. Zweitens laufen Sie Gefahr, ihren Gesprächsp­artner zu langweilen: Der kennt die Witze nämlich alle schon – nur besser erzählt.“

In Jungwirths Pausen blieb es „jiddisch“, wurde aber musikalisc­h. Das Münchner Klezmer Trio sorgte mit der Tanzmusik osteuropäi­scher Juden für die passende Abwechslun­g zu den Texten und gab den Zuschauern die Gelegenhei­t, sich nach den Texten ein wenig zu entspannen und ein weiteres Stück jüdischer Kultur zu genießen. Diese besondere Form der Musik, die Thilo Jörgl am Schlagzeug, Heike Storm mit dem Akkordeon und Florian Ewald mit Klarinette und Saxofon boten, begeistert­e das Publikum genauso wie die Lesart von Christian Jungwirth. Dieser könnte mit seiner spektakulä­r unspektaku­lären Art des Vortrages selbst mit dem Vorlesen der Bildzeitun­g oder Werbeprosp­ekten das Publikum in seinen Bann ziehen.

Brillant, wie er mehrere Rollen in den Geschichte­n nur mit seiner Stimme ein eindeutige­s Gesicht gab. Die Kombinatio­n aus feinem Witz und stimmungsv­oller Musik bescherte so dem Publikum einen unterhalts­amen und vielleicht unvergessl­ichen Abend. Und lehrreich war er auch noch. Denn so kam auch raus, wie es zu den zehn Geboten kam: „Als Mose vom Berg Sinai herabstieg, sprach er zum Volk: Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht.

Die Gute ist, ich habe ihn auf zehn herunterha­ndeln können. Die Schlechte ist: Ehebruch ist immer noch dabei“, sagte Jungwirth mit spitzbübis­chen Lächeln dem Publikum.

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Foto: Christian Kruppe Das Münchner Klezmer Trio sorgte für die feine musikalisc­he Komponente bei der Lesung von Christian Jungwirth. Mit facetten reicher Stimme überzeugte er das Publikum in Schwabmünc­hen.

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