Wenn Puzzeln zur Herausforderung wird
Besucher des Untermeitinger Rathauses erfahren bei einer Ausstellung, mit welchen Problemen Menschen mit Behinderung zu kämpfen haben. Das erwartet die Gäste an den verschiedenen Stationen
Ein Puzzle mit großen, quadratischen Teilen zu lösen, sollte einfach sein. Eigentlich. „Ich habe es schon ausprobiert und habe es nicht geschafft. Man braucht viel Geduld und Zeit dafür“, sagt Isabella Uhl. Die Gemeinderätin und Behindertenbeauftragte steht im Untermeitinger Rathaus vor einer Ausstellungstafel und trägt eine von vier dort ausgelegten Brillen. Es sind aber keine normalen Sehhilfen. Im Gegenteil: Die Brillen simulieren unterschiedliche Sehbehinderungen, weshalb das Spiel schnell zur Herausforderung wird.
Bei einer röhrenförmigen Einschränkung sehen die Betroffenen zum Beispiel nur noch einen kleinen, runden Teil des Sichtfeldes, der Rest ist schwarz. Eine andere Brille simuliert eine Restsehstärke von 0,02. Helle und dunkle Flächen lassen sich damit noch erkennen, das Puzzle selbst aber nicht mehr.
Das Spiel ist Teil der Wanderausstellung „Mut zum Miteinander“des bayerischen Staatsministeriums. Zwei große Ausstellungstafeln und ein Flachbildschirm stehen im Eingangsbereich des Rathauses. Neben einem Informationstext stehen vor allem die interaktiven Stationen im Mittelpunkt. Dadurch sollen die Besucher selbst erfahren, wie schwierig der Alltag für Menschen mit einer Behinderung sein kann.
Eine weitere Station zeigt, welche Probleme ältere Bürger und Menschen nach einem Schlaganfall beim Tasten haben können. Uhl zieht einen speziellen Handschuh an und versucht, einen Golfball durch eine schlangenlinienförmige Vorrichtung zu bringen. Durch den Handschuh hat man kaum ein Gefühl in den Fingern, weshalb es der Gemeinderätin schwerfällt, den Golfball zu greifen. Immer wieder muss sie neu ansetzen, bis es ihr gelingt.
Auf dem Flachbildschirm können sich die Besucher über unterschiedliche Preisträger des Miteinanderpreises der Bayerischen Staatsregierung informieren. Uhl sieht sich einen Beitrag über ein Gesangsprojekt aus Fürstenfeldbruck an. Plötzlich verstummt der Kommentator. Ist es ein technischer Defekt? Nein, die Sprechpause gehört zum Film. Die Zuhörer sollen laut Uhl erfahren, wie Gehörlose den Film wahrnehmen.
„Durch die Ausstellung sollen Barrieren in den Köpfen abgebaut werden“, sagt die Gemeinderätin. Das Verständnis für ein Miteinander zwischen Menschen mit und ohne Behinderung soll gestärkt werden. Zwei bis dreimal in der Woche wenden sich Bürger an Uhl, weil sie zum Beispiel Hilfe bei der Bewältigung des Alltags benötigen oder an Bildungsund Sportangeboten teilnehmen möchten.
Beim Puzzle hat Uhl in der Zwischenzeit schon Fortschritte gemacht, einige Teile sind bereits richtig angeordnet. Die Gemeinderätin wünscht sich, dass die Bürger nicht nur die Brillen ausprobieren, sondern auch ihre Gedanken zur Ausstellung und Inklusion auf die zweite Tafel schreiben. Zeit dafür bleibt noch bis Freitag, 29. September. So lange ist die Ausstellung noch zu den Öffnungszeiten des Rathauses zu besichtigen.
ODas
Rathaus in Untermeitingen ist von Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr geöff net. Am Montag hat es zusätzlich von 14 bis 17 Uhr und am Mittwoch von 14 bis 18 Uhr offen.