Schwabmünchner Allgemeine

Der Bart muss ab

Den weichen, sogenannte­n metrosexue­llen Männern folgten als Gegentrend die „echten Kerle“mit voller Gesichtsbe­haarung. Doch der Trend läuft aus

- VON JOSEF KARG Augsburg

Mode kommt und geht, und die Menschheit glaubt mal an enge Röhrenhose­n, mal an schlottern­de Trompetenh­osenbeine. Denn Experten beten vor, was in ist oder cool aussieht und Hipster nehmen die Trends willig auf. Ein, zwei Jahre später trägt es dann auch „Otto Normalverb­raucher“.

So ist es auch mit den Bärten. Während sich manche Männer gerade erst entschließ­en, ihre Stoppeln sprießen zu lassen, klingt der Barttrend in den Metropolen langsam schon wieder ab. Sagen zumindest immer mehr Lifestyle-Experten. Männermode­schauen in Paris, Mailand oder New York, wo die Models wieder zart und glatt rasiert daherkomme­n, bestätigen die Vermutung. Vincent Grégoire von der bekannten Pariser Trendagent­ur „Nelly Rodi“sagt in Interviews auch: „Die Bartwelle hat ihren Höhepunkt überschrit­ten und läuft langsam aus.“

Die Gründe, die er nennt, klingen plausibel: Es gebe mehrere Probleme mit den Zotteln, sagt Grégoire. Einerseits machten sie alt, wenn sie grau würden. Zum anderen könne ein zu dichter Vollbart angesichts der Verwechslu­ngsgefahr mit Extremiste­n falsch ausgelegt werden. Einen echten Folgetrend hat der Experte noch nicht ausgemacht.

Bisweilen drängte sich in den vergangene­n Jahren tatsächlic­h der Eindruck auf, dass sich ganz harmlose Familienvä­ter urplötzlic­h in Talibanjün­ger verwandelt­en. Stellt sich die Frage: Warum kamen sie überhaupt auf diese Idee? Eine Erklärung findet man auf der Internetse­ite „mein-vollbart.de“. Nach dem Auslaufen des Metrosexue­llen der frühen Nuller-Jahre, also der modernen Dandys, stark vom früheren Fußballsta­r David Beckham beeinfluss­t, wollten die Männer wieder richtig männlich wirken.

Während es zuvor viel ums Aussehen, Glattrasie­ren, Sensibilit­ät ging, um Luxus, Logos und viel Bling-Bling, schlug das Pendel daraufhin in die andere Richtung aus. Lumbersexu­elle nennt man diese Gegenbeweg­ung. „Lumber“kommt aus dem Englischen und heißt Holzfäller. Genauso sehen die Lumbersexu­ellen auch aus: Sie tragen Bart, grobe Hemden, klobige Schuhe und Mützen oder Hüte. Intellektu­eller und mehr sophistica­ted wollten sie wirken als ihre Vorgänger. Bärte gelten bei ihnen als Definition einer neuen Maskulinit­ät: rustikaler und roher. Männer sollten wieder aussehen wie Männer: echte Kerle halt.

In früheren Jahrhunder­ten galt der Bart ja als Zeichen für Macht. Anwälte, Ärzte und auch Soldaten trugen häufig einen Bart. Man stellte etwas dar mit ihm. Genau das wollte die junge Generation, die in der Gesellscha­ft ihren Platz sucht, wohl auch bezwecken. Und wenn das bald vorbei sein sollte, wird es wieder spannend, wohin der Mann sich beim nächsten Trend wandelt und wer dafür Pate steht.

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Foto: Hannibal, dpa Der Vollbart hat seinen Modezenit überschrit­ten, sagen Lifestyle Experten. Auf Män nermodesch­auen gilt angeblich wieder: glatt rasiert.

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