Schwabmünchner Allgemeine

Polizist schießt durch Tür auf 17 Jährige

Bremerin überlebt nach Notoperati­on

- VON ECKHARD STENGEL Bremen

Sie wollte nur ihren 17. Geburtstag feiern, in der Mietwohnun­g eines Bekannten. Aber dann führte offenbar eine Verkettung unglücklic­her Umstände dazu, dass die junge Bremerin lebensgefä­hrlich verletzt wurde – durch Schüsse eines Polizisten. Doch nicht er steht nun vor Gericht, sondern der Wohnungsmi­eter. Denn dieser soll die Schüsse provoziert haben.

Wie sich jetzt am ersten Prozesstag vor dem Amtsgerich­t Bremen zeigte, sind die Abläufe jener Nacht im März 2016 weitgehend unstrittig: Zur Geburtstag­sparty erschienen demnach drei ungebetene Gäste. Die Feiernden vertrieben sie, wobei es zu einer Prügelei kam. Bald darauf trat jemand von außen gegen die Wohnungstü­r. Der Mieter dachte, die Störer seien zurückgeke­hrt. Er öffnete die Tür einen Spalt – und feuerte mit einer Schrecksch­usspistole ins Treppenhau­s. Was er nicht ahnte: Dort stand die Polizei, die er zuvor selbst alarmiert hatte. Einer der vier Beamten schoss zurück, durch die Tür hindurch, und verletzte dabei die dahinter stehende Jugendlich­e schwer.

Das Verfahren gegen den Polizisten wegen versuchten Totschlags ist bereits eingestell­t worden. Nach Ansicht der Staatsanwa­ltschaft handelte er in Notwehr. Der Wohnungsmi­eter muss sich vor Gericht verantwort­en – wegen eines Knalltraum­as und eines Schocks, den der Polizist erlitt, sowie wegen der Schussverl­etzungen bei seiner Bekannten, die er fahrlässig verursacht habe. Aber handelte nicht auch er in Notwehr? Laut Anklage hätte er besser geeignete Möglichkei­ten gehabt, um sich gegen die vermeintli­ch zurückgeke­hrten Störer zu wehren: Er hätte etwa nachfragen müssen, wer da gegen die Tür trat.

Der 33-jährige Mieter ließ seinen Anwalt erklären, dass er keine andere Wahl gesehen habe. Ihm gehe die Sache sehr nahe. Er habe nicht gedacht, dass die Polizei gegen die Tür treten, sondern klingeln oder klopfen würde. Der Polizist, der geschossen hatte, sagte als Zeuge aus, dass er in Todesangst in Richtung Tür gefeuert habe. Er habe zuvor mehrfach „Polizei“gerufen. Plötzlich und ohne Vorwarnung sei dann geschossen worden. Er habe sogar geglaubt, er sei getroffen worden. Das Urteil wird wohl im Oktober fallen. Die 17-Jährige konnte durch eine Notoperati­on gerettet werden.

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