800 Menschen verlieren ihr Heim
Der riesige Gebäudekomplex „Hannibal II“in Dortmund wird bis auf Weiteres nicht bewohnbar sein. Doch was passiert nun mit den Mietern?
Nach der kurzfristigen Evakuierung eines Hochhauses in Dortmund ist ein Zeitpunkt für die Rückkehr der rund 800 betroffenen Bewohner bislang nicht absehbar. Die festgestellten Brandschutzmängel müssten nun vom Eigentümer des Gebäudekomplexes „Hannibal II“behoben werden, erklärte die Stadt Dortmund gestern. Dies sei nicht kurzfristig möglich.
Die Bewohner sollen in den nächsten Tagen mit städtischen Mitarbeitern ihr Hab und Gut aus den mehr als 400 geräumten Wohnungen des Hochhauses holen. Nachdem die Stadt für eine Nacht ein Notquartier in einer Leichtathletikhalle hergerichtet hatte, lief am Freitag die mietfreie Unterbringung betroffener Bewohner unter anderem in städtischen Wohnungen und in Liegenschaften von Wohnungsunternehmen an. Der Gebäudekomplex mit 412 Haushalten war am Donnerstag wegen Brandschutzmängeln komplett evakuiert worden. Die geräumten Wohnungen werden nun von einem Sicherheitsdienst bewacht.
Die städtische Bauaufsicht und die Feuerwehr hatten den Komplex am Dienstag nach dem Hinweis eines Mieters kontrolliert. Die Ortsbesichtigung und eine anschließende Analyse der Aktenlage ergaben demnach, dass nach „ungenehmigten Umbauarbeiten kein Brandschutz mehr existiert“. Bemängelt werden fehlender Brandschutz in der Tiefgarage, nicht brandsichere Schächte mit direkten Verbindungen in die Wohnungen sowie fehlende Rettungswege.
Wegen der „akuten Gefahren für Leib und Leben“beschloss der am Donnerstag eingesetzte Krisenstab der Stadt, das Gebäude sofort zu evakuieren. „Uns blieb keine andere Möglichkeit“, bekräftigte am Freitag der Krisenstabsleiter Ludger Wilde.
Dagegen hatte die Eigentümerin des Gebäudes, die Intown GmbH in Berlin, bereits am Vorabend erklärt, sie halte die Räumung des Wohnkomplexes „für nicht rechtens, für unangemessen und ermessensfehlerhaft“. Intown habe am Donnerstag erstmals von den detaillierten Brandschutzbedenken und baurechtlichen Themen Kenntnis erhalten und „keinerlei Zeit für eine Reaktion in der Sache gehabt“, betonte Firmenchef Sascha Hettrich. Den festgestellten Mängeln hätte demnach laut einem von Intown hinzugezogenen Gutachter mit einer Räumung lediglich der Tiefgarage, der Aufstellung von Brandwachen sowie der sofortigen Prüfung der Entrauchungsanlage begegnet werden können. „Diese Maßnahmen hätten unsererseits sofort umgesetzt werden können“, betonte Hettrich.
Der Dortmunder Krisenstabsleiter Wilde sagte hingegen, auch das Aufstellen von hundert Brandwachen hätte nicht geholfen – ein möglicher Brand in dem Gebäude hätte sich zu schnell ausbreiten können. Die Stadt wird nach eigenen Angaben keine baulichen Maßnahmen an dem Haus vornehmen. Dies sei Aufgabe des Vermieters, hieß es.