Schwabmünchner Allgemeine

Alle gegen Peter Sagan

Dem Slowaken dürfte Gold kaum zu nehmen sein, vor allem nicht von den Deutschen

- Bergen

Zu Träumereie­n wollten sich Tony Martin und Co. erst gar nicht hinreißen lassen. Zu gering sind im deutschen Team ohne einen Kapitän die Aussichten auf eine Medaille oder gar den Titel, zu übermächti­g erscheint der große Favorit.

„Peter Sagan kann auch mit Fieber Weltmeiste­r werden“, sagt der entthronte Zeitfahr-Champion mit Blick auf das Straßenren­nen bei der WM im norwegisch­en Bergen am Sonntag. Ähnlich schätzt auch Bundestrai­ner Andreas Klier die Ausgangsla­ge ein: „Man kann Sagan nicht entschärfe­n.“Im vergangene­n Jahr hatte es die deutsche Mannschaft mit drei Kapitänen versucht und in der Hitze von Doha ein Debakel erlebt.

Diesmal ist nach dem krankheits­bedingten Aus von John Degenkolb (Bronchitis) erst gar kein Sieganwärt­er am Start. So nahm Martin die wenig erbauende Ausgangsla­ge mit Galgenhumo­r: „Da es letztes Jahr überhaupt nicht geklappt hat, kann es ja nur besser werden.“„Besser“wäre bereits eine Top-Ten-Platzierun­g. Einen Nachfolger von Rudi Altig, der vor 51 Jahren als letzter Deutscher Weltmeiste­r wurde, wird es aber kaum geben.

Wenn sich die entscheide­nde Gruppe auf dem anspruchsv­ollen und 267,5 Kilometer langen Kurs bildet, solle mindestens ein deutsches Trikot noch zu sehen sein, heißt die Zielstellu­ng. Die deutsche Mannschaft setzt dabei auf eine routiniert­e Gruppe. „Ich bin sehr froh, dass der BDR mir erlaubt hat, einen relativ alten und erfahrenen Kader aufzustell­en“, sagt Klier. Und in Nikias Arndt sei ein junger Fahrer dabei, der „auch ein bisschen schnell ist“.

Wie aber ein Sagan – der Weltmeiste­r von 2015 und 2016 – zu stoppen wäre, darüber müssten sich eher die anderen Teams den Kopf zerbrechen. Die Belgier mit Olympiasie­ger Greg Van Avermaet, die Australier mit Tour-Sprintköni­g Michael Matthews oder die Franzosen mit Julian Alaphilipp­e wären da gefragt. Die Taktik sei aber womöglich ohnehin wertlos, „wenn jemand wie Sagan sagt ,Hey, ich fahr einfach mal los‘ “, ergänzt Klier.

Bei seinen WM-Triumphen 2015 und 2016 fuhr Sagan, der nahezu ohne Helfer unterwegs war, in einer eigenen Liga. Nun winkt der Hattrick, was nicht einmal dem legendären Eddy Merckx gelang. „Das wäre etwas ganz Besonderes, dies als erster Fahrer zu schaffen. Der Titel ist eines meiner großen Saisonziel­e“, sagt Sagan. Erst auf den letzten Drücker ist der Rad-Superstar – ähnlich wie im Vorjahr – nach Bergen angereist. Von einem fiebrigen Infekt war gar die Rede, am Ende sollen es aber nur Halsschmer­zen gewesen sein, wie aus Sagans deutschem Bora-hansgrohe-Team zu hören war. „Vielleicht wollte er das Mannschaft­szeitfahre­n nicht fahren“, spekuliert­e Martin.

Wie auch immer, Sagan zog den verregnete­n Trainingsf­ahrten in Bergen die sonnige Wahlheimat Monaco vor. An seiner Motivation besteht jedenfalls kein Zweifel. Die Disqualifi­kation bei der Tour nach seinem Rempler gegen Mark Cavendish hat er abgehakt.

Zuletzt beim WorldTour-Rennen in Quebec feierte er mit spielerisc­her Leichtigke­it seinen 100. Profisieg. „Das war ein symbolisch­er Meilenstei­n. Ich habe aber noch einige Profijahre vor mir und werde jetzt nicht die Füße hochlegen“, sagt der Slowake, der bald erstmals Vater wird.

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Foto: dpa Peter Sagan ist der große Favorit auf die Goldmedail­le.

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