Halt ein, du rasche Zeit!
Künstler ergründen im Abraxas, was es mit Bewahren und Loslassen auf sich hat
abhielten: Sammeln und Bewahren in Augsburg, Finden und Loslassen in Chemnitz. Trotz der großen Zahl von Arbeiten fanden Nina Zeilhofer und Turid Schuszter im Abraxas eine Anordnung, die locker und offen thematische Blöcke bildet und zugleich spannende Durchblicke in der gesamten Halle ermöglicht.
Darin überschneiden sich Vergegenwärtigen und Verschwinden in schillernder Weise. Vergangene Bilder steigen wieder auf und verblassen, Materialien von gestern erfahren neue Verwendungen. So werden bei Klaus und Karin Helbig die Lochstreifen-Kartons, die früher Webstühle steuerten, selbst zum Muster. Aus Teilen von Transportkisten baut Nina Zeilhofer Speicher für geronnene Zeit, dargestellt mit erkaltetem Wachs, das jederzeit wieder ins Fließen kommen könnte. Jeannette Scheidle übersetzt rostige eiserne Spangen in fließende Strukturen einer geätzten Radierung.
Vadim Kotchoubeev malt seine „Dichterin“formvollendet im Stil der neuen Sachlichkeit. Christine Grasmann-Feix erweckt fotografisch den Anschein, zwei entfernte Generationen säßen nebeneinander auf der Bank im Gebirge: Doch auch der zünftige Trachtler ist ein junger Bub. Die Neugier stachelt eine gefaltete, offenbar ziemlich großformatige Zeichnung an, die aus einem Karton herausquillt.
Anleihen aus der Vergangenheit schlagen immer wieder in Gegenwart um, etwa die witzige kinetische Maschine von Fritz Schönfelder: Eine Kurbelscheibe treibt ein Hamsterrad an, das er mit zwei Modellautos gefüllt hat. Die Laufflächen hat der Künstler mit Maßbändern beklebt, es geht darum, Strecke zu machen, Bewegung zu erzeugen; aber bringt das vorwärts?
Schaumwolken zerstieben normalerweise bald, Jacqueline Knappe aber konserviert sie als luftiges, weißes Gebilde aus löchrig geschmolzenem Kunststoff. In 38 Blechkästchen schließt Teo Richter ein Sammelsurium an Fundstücken ein – Fruchtkapseln ebenso wie Keramikpüppchen, Hufnägel oder Münzen, als habe ein Bub seine Hosentaschen ausgeleert. Zum Loslassen animiert Turid Schuszter mit ihrem Kupferkasten aus geflochtenen Blechstreifen; wirft man ein Centstück ein, erklingt ein Glöckchen zum Lohn dafür, sich von Erspartem zu trennen. Ob dann, wie zu Luthers Zeit, die Seele in den Himmel springt?
Ogeöffnet Di. 14–21 Uhr, Do., Fr., Sa., und So. 14–18 Uhr. Am Samstag, 23. September, lädt Turid Schuszter Familien zur Mitmach Aktion „Papierschöpfen“von 15 bis 18 Uhr ein.