Schwabmünchner Allgemeine

Halt ein, du rasche Zeit!

Künstler ergründen im Abraxas, was es mit Bewahren und Loslassen auf sich hat

- Bis 8. Oktober,

abhielten: Sammeln und Bewahren in Augsburg, Finden und Loslassen in Chemnitz. Trotz der großen Zahl von Arbeiten fanden Nina Zeilhofer und Turid Schuszter im Abraxas eine Anordnung, die locker und offen thematisch­e Blöcke bildet und zugleich spannende Durchblick­e in der gesamten Halle ermöglicht.

Darin überschnei­den sich Vergegenwä­rtigen und Verschwind­en in schillernd­er Weise. Vergangene Bilder steigen wieder auf und verblassen, Materialie­n von gestern erfahren neue Verwendung­en. So werden bei Klaus und Karin Helbig die Lochstreif­en-Kartons, die früher Webstühle steuerten, selbst zum Muster. Aus Teilen von Transportk­isten baut Nina Zeilhofer Speicher für geronnene Zeit, dargestell­t mit erkaltetem Wachs, das jederzeit wieder ins Fließen kommen könnte. Jeannette Scheidle übersetzt rostige eiserne Spangen in fließende Strukturen einer geätzten Radierung.

Vadim Kotchoubee­v malt seine „Dichterin“formvollen­det im Stil der neuen Sachlichke­it. Christine Grasmann-Feix erweckt fotografis­ch den Anschein, zwei entfernte Generation­en säßen nebeneinan­der auf der Bank im Gebirge: Doch auch der zünftige Trachtler ist ein junger Bub. Die Neugier stachelt eine gefaltete, offenbar ziemlich großformat­ige Zeichnung an, die aus einem Karton herausquil­lt.

Anleihen aus der Vergangenh­eit schlagen immer wieder in Gegenwart um, etwa die witzige kinetische Maschine von Fritz Schönfelde­r: Eine Kurbelsche­ibe treibt ein Hamsterrad an, das er mit zwei Modellauto­s gefüllt hat. Die Lauffläche­n hat der Künstler mit Maßbändern beklebt, es geht darum, Strecke zu machen, Bewegung zu erzeugen; aber bringt das vorwärts?

Schaumwolk­en zerstieben normalerwe­ise bald, Jacqueline Knappe aber konservier­t sie als luftiges, weißes Gebilde aus löchrig geschmolze­nem Kunststoff. In 38 Blechkästc­hen schließt Teo Richter ein Sammelsuri­um an Fundstücke­n ein – Fruchtkaps­eln ebenso wie Keramikpüp­pchen, Hufnägel oder Münzen, als habe ein Bub seine Hosentasch­en ausgeleert. Zum Loslassen animiert Turid Schuszter mit ihrem Kupferkast­en aus geflochten­en Blechstrei­fen; wirft man ein Centstück ein, erklingt ein Glöckchen zum Lohn dafür, sich von Erspartem zu trennen. Ob dann, wie zu Luthers Zeit, die Seele in den Himmel springt?

Ogeöffnet Di. 14–21 Uhr, Do., Fr., Sa., und So. 14–18 Uhr. Am Samstag, 23. September, lädt Turid Schuszter Familien zur Mitmach Aktion „Papierschö­pfen“von 15 bis 18 Uhr ein.

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Foto: Norbert Kiening Filzarbeit­en von Trine Pesch in der BBK Ausstellun­g.

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