Gute Energie für den Königsplatz
Der Kö hatte zuletzt nicht die besten Schlagzeilen. Jetzt gibt es mit „Yoga am Kö“ein kostenloses Kontrast-Angebot für jedermann. Wie das bei Teilnehmern, Passanten und der Szene ankommt
Erst ist es gar nicht so einfach, eine geeignete Rasenfläche zu finden. Ein Teil der Wiese am Königsplatz riecht nach Urin, ein anderer Teil ist durch die Hinterlassenschaften der Saatkrähen verdreckt. Doch Bettina Mayer wird dennoch fündig: Die Yoga-Lehrerin des Studios „Wolke34“wählt eine kleine Rasenfläche, die abseits der Bäume liegt. Sie legt ihre Matte auf den Boden, zündet ein Räucherstäbchen an und lächelt in die Runde. Elf Frauen und ein Mann sind zu dem kostenlosen Angebot „Yoga im Kö-Park“gekommen. Die Idee stammt von der städtischen Marketing-Abteilung. Zwei Wochen lang sind Lehrer der beiden Yogastudios „Wolke34“und „Der grüne Raum“in Kooperation mit der Stadt am Königsplatz aktiv. „Ich finde diese Idee gut, weil so jeder einmal mitmachen kann“, sagt Yoga-Lehrerin Bettina Mayer. Yoga im Freien sei ein besonderes Erlebnis. Sie habe schon in den Wallanlagen am Roten Tor Yoga unterrichtet, aber am Königsplatz sei es eine besondere Herausforderung. „Hier wird man ganz schön abgelenkt.“
Und tatsächlich gesellt sich schnell eine Frau aus der Trinkerszene zu der Gruppe und klatscht in die Hände. Passanten bleiben stehen und beobachten den Kurs. Radfahrer steigen kurz ab, um dem Treiben ein wenig zuzusehen. Ein Polizeiauto fährt über den Platz und auch ein Polizeibeamter wirft einen neugierigen Blick aus dem Fenster. Mit jeder Grünphase an der Ampel an der Schaezlerstraße kommt wieder ein neuer Schwung an Fußgängern und Radfahrern vorbei. Zeigt die Fußgängerampel Rot, setzt der Autoverkehr ein. Ein lautes Dauerrauschen schluckt beinahe die Stimme von Bettina Mayer.
Von dem Straßenlärm und den neugierigen Blicken bekommt Melanie Huber nicht viel mit. Durch einen Flyer in einem Café wurde sie auf die Aktion aufmerksam und hat sich mit einer Freundin zu der Stunde verabredet. Seit zwei Jahren macht sie Yoga. Dass sie direkt nach der Arbeit mitten in der Stadt an einer Stunde teilnehmen kann, findet sie richtig gut. „Das verbreitet gute Energie. Normalerweise ist hier nicht so gute Stimmung.“Am KöPark gab es zuletzt Probleme, weil die Zahl der Straftaten zunahm. Teils gibt es Reibereien unter jungen Flüchtlingen, die sich dort die Zeit vertreiben, teils gibt es Schwierigkeiten mit der Trinkerszene, die hier eine Heimat gefunden hat.
Veronika Blümlein findet auch, dass das Yoga die Atmosphäre auf dem Platz verbessert. Sie ist bereits zum zweiten Mal beim Yoga am Kö. „Wenn man voll dabei ist, dann stört einen der Lärm gar nicht“, sagt sie. Bettina Mayer beschäftigt ihre Gruppe: Sie machen verschiedene Körperstellungen, wie etwa den Baum, eine Gleichgewichtsübung. Dabei stehen die Teilnehmer auf einem Bein und halten ihre Handinnenflächen aneinandergepresst vor dem Herzen. Die Lehrerin sagt, dass man sich bei der Übung auch beim Nachbarn festhalten dürfe, was zu einem gefährlichen Wanken bei so manch einem Teilnehmer führt. Es wird gelacht und gleichzeitig versucht, auf einem Bein stehenzubleiben. Manch einer muss kurz den zweiten Fuß wieder abstellen. Bei der Übung „Navasana“, das Boot, werden die Bauchmuskeln gestärkt. Dafür sitzen die Teilnehmer auf der Matte, die Beine sind angewinkelt nach oben gestreckt, die Arme daneben positioniert. „Tief in den Bauch einatmen“, sagt Bettina Mayer. Annehmen und loslassen ist die Devise.
Drei Teilnehmer samt der YogaLehrerin sind hart im Nehmen und bleiben bis zum Ende der Stunde barfuß. Im Schatten wird es am frühen Abend doch recht kalt. Die Teilnehmer ziehen sich Westen und Pullis über, decken sich mit Jacken, Wolldecken oder Handtüchern zu, eine Frau zieht sich ein zweites Paar Socken an.
Eine Gruppe aus der Trinkerszene sitzt auf einem nahe gelegenen Stein unter einem Baum und sieht immer mal wieder zu der YogaGruppe rüber. Bob findet die Aktion gut. „Sie sollte aber länger gehen, denn bis es viele Leute mitbekommen, ist sie doch schon wieder vorbei“, sagt er. Jule findet es ebenfalls positiv, wenn sich auf dem Platz etwas tut. „Der Typ, der die großen Seifenblasen macht, sorgt für Stimmung. Oder das Klavier, oder die Konzerte vom Taubenschlag“, zählt sie auf. Juliane Zabawskyj, die mit ihrem Rad vorbeikommt, würde sich wünschen, dass die Trinkerszene mehr in Aktionen mit einbezogen wird. „Ich komme hier täglich vorbei. Sie haben so viele Probleme. Das würde ihnen guttun“, ist sie sich sicher.
Für die Stadt ist dieses zweiwöchige Angebot vielmehr ein Symbol. „Es ist ein Zeichen, dass der Platz für alle Bewohner der Stadt da sein soll“, sagt Ekkehard Schmölz, Leiter von Augsburg-Marketing. Das Ziel sei es nicht, jemanden von dem Platz zu vertreiben. Es gehe vielmehr darum, eine größtmögliche „Nutzungsvielfalt“herzustellen. Und wenn das Yoga in diesen beiden Wochen gut ankommt, könne Schmölz sich auch vorstellen, dass es im kommenden Jahr eine Neuauflage gibt. Carina Romano, die aus der Arbeit kommt und an der YogaGruppe vorbei zum Haltestellendreieck läuft, würde ebenfalls teilnehmen. „Wir haben uns erst heute mit unseren Kollegen darüber unterhalten und würden gerne mitmachen, aber wir schaffen es wegen unserer Geschäftszeiten nicht“, sagt sie. Sie findet es gut, dass es ein „Angebot für alle“gibt. „Das lockert hier die ganze Situation auch etwas auf.“
Bettina Mayer ist mit ihrer Gruppe am Ende der Stunde angekommen. Noch liegen alle entspannt auf der Matte, die eine Hand auf der Brust, die andere auf dem Bauch, und atmen tief ein und wieder aus. Nach drei gemeinsamen „Oms“ziehen die Teilnehmer wieder ihre Schuhe an und rollen ihre Matten ein. Einige wollen wiederkommen.
O„Yoga im Park“findet noch bis zum 30. September statt – montags bis freitags jeweils um 18 Uhr, samstags um 14 Uhr. Bei Regen ent fällt die Veranstaltung. Die Teilnehmer sollen ein Handtuch oder eine Decke und eine Gymnastikmatte mitbringen.
Bis zum Ende der Stunde barfuß