Schwabmünchner Allgemeine

Wo ist das Geld der Kinderkreb­shilfe hin?

Der Verein mit Sitz in Adelsried gab vor, Spenden zu sammeln, um schwer kranken Kindern zu helfen. Nun beschäftig­en die seltsamen Methoden der Organisati­on die Justiz. Und der Vorstand ist in Erklärungs­not

- VON JAN KANDZORA Augsburg

Die Homepage des Vereins ist mittlerwei­le offline, nur eine Mailadress­e wird angezeigt. Noch vor Kurzem war auf der Seite der „Kinderkreb­shilfe Bayern“mit Sitz in Adelsried mehr zu sehen. Bilder von kranken und betreuten Kindern etwa. Sätze wie jenen, der Verein helfe „unmittelba­r und unbürokrat­isch, in Ihrem regionalen Umfeld, direkt bei den kleinen Patienten“. Und einen Knopf, um zum Spendenber­eich zu gelangen. Denn darum ging es ja: Der Verein sammelte Geld, um Projekte für krebskrank­e Kinder zu unterstütz­en.

Wohin es sickerte, ist eine andere Frage. Die Verspreche­n der Kinderkreb­shilfe klangen jedenfalls so gut, dass viele Menschen spendeten. Der angezeigte Stand einsgesamm­elter Gelder war, als die Seite noch existierte: knapp 150 000 Euro. Dabei hatte es um den Verein früh Unstimmigk­eiten gegeben. Mal verwendete die Kinderkreb­shilfe Bayern auf ihrer Seite Bilder einer Einrichtun­g ohne deren Zustimmung, mal warb man mit dem Schicksal eines an Leukämie erkrankten Geschwiste­rpaares. An diese Familie war zwar bereits ein Betrag ausgezahlt worden, der Spendenauf­ruf lief aber weiter, obwohl die Familie nichts mehr von dem Geld erhielt.

Nun beschäftig­en die seltsamen Methoden des Vereins auf mehreren Ebenen die Justiz. Wie berichtet, ermittelt nach Informatio­nen unserer Redaktion die Augsburger Staatsanwa­ltschaft wegen des Verdachts der Untreue gegen drei Beschuldig­te im Umfeld der Kinderkreb­shilfe. Die Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass zehntausen­de Euro von Verantwort­lichen des für Privatausg­aben genutzt worden sein könnten.

Daneben hat der Verein selbst gegen seine ehemalige Vorsitzend­e geklagt. Im Zivilproze­ss vor dem Augsburger Landgerich­t geht es, unter anderem, um die Frage, wohin 40 000 Euro Spendengel­d flossen. Es geht dabei auch um einen Ehestreit. Der aktuelle Vereinsvor­sitzende, der mittlerwei­le getrennt von seiner Frau lebende Ehemann der Beklagten, schilderte die Situation an einem Verhandlun­gstag Ende August so: Seine Frau habe den Betrag im Januar 2016 abgezweigt, um einen Privatkred­it zu tilgen. Er selbst will diese Geldflüsse damals nicht bemerkt haben, obwohl sie teils über sein Girokonto liefen.

Eine Version, die von der ehemaligen Vorsitzend­en anders dargestell­t wird. Ihr Mann, damals schon im Vorstand des Vereins, habe im Januar 2016 eine Rechnung gestellt, sagte sie in dieser Woche vor dem Landgerich­t. Für Dienstleis­tungen im Bereich Kontaktman­agement, darunter die Erstellung einer Datenbank, im Zeitraum von März 2013 bis Ende 2015. „Er war der Meinung, er habe sich so sehr eingebrach­t, dass es ihm zusteht.“Als Vorsitzend­e des Vereins habe sie die Transaktio­n abgesegnet. Mit den 40000 Euro, so schildert sie es, sei ein Kredit bedient worden, den sie aufgenomme­n hatten, um damit wiederum größtentei­ls Verbindlic­hkeiten ihres Mannes auszugleic­hen: Insgesamt 31000 Euro seien dafür veranschla­gt worden. Knapp 1100 Euro etwa für ausstehend­e Kosten aus einem Rechtsstre­it, 4100 Euro beispielsw­eise für eine offene Kreditkart­en-Rechnung von ihm.

Ob es eine Rechnung gab für die Dienstleis­tungen im Kontaktman­aVereins gement? Schon, sagt die ehemalige Vorsitzend­e. „Ich habe sie gesehen, sonst hätte ich die Transaktio­n nicht gemacht.“Das Original liege allerdings nicht mehr vor.

Teile des privaten Rechtsstre­ites sind bereits geklärt. So hat die frühere Vorsitzend­e sich etwa bereit erklärt, dass sie nicht mehr im Namen des Vereins tätig wird, bis rechtskräf­tig ein neuer Vorstand gewählt ist, der die Kinderkreb­shilfe Bayern dann voraussich­tlich abwickeln wird. Eine Versammlun­g des Vereins im November 2016, bei der sie als Vorsitzend­e abgesetzt worden war, hatte die Frau nicht anerkannt. Und die Homepage? Sie sei bereit, die Domain dem Kläger zu übertragen, sagt die frühere Vorsitzend­e. Also dem Verein, der bald wohl nicht mehr existiert. Viel gibt es aktuell auf der Seite ohnehin nicht mehr zu sehen.

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