Wo ist das Geld der Kinderkrebshilfe hin?
Der Verein mit Sitz in Adelsried gab vor, Spenden zu sammeln, um schwer kranken Kindern zu helfen. Nun beschäftigen die seltsamen Methoden der Organisation die Justiz. Und der Vorstand ist in Erklärungsnot
Die Homepage des Vereins ist mittlerweile offline, nur eine Mailadresse wird angezeigt. Noch vor Kurzem war auf der Seite der „Kinderkrebshilfe Bayern“mit Sitz in Adelsried mehr zu sehen. Bilder von kranken und betreuten Kindern etwa. Sätze wie jenen, der Verein helfe „unmittelbar und unbürokratisch, in Ihrem regionalen Umfeld, direkt bei den kleinen Patienten“. Und einen Knopf, um zum Spendenbereich zu gelangen. Denn darum ging es ja: Der Verein sammelte Geld, um Projekte für krebskranke Kinder zu unterstützen.
Wohin es sickerte, ist eine andere Frage. Die Versprechen der Kinderkrebshilfe klangen jedenfalls so gut, dass viele Menschen spendeten. Der angezeigte Stand einsgesammelter Gelder war, als die Seite noch existierte: knapp 150 000 Euro. Dabei hatte es um den Verein früh Unstimmigkeiten gegeben. Mal verwendete die Kinderkrebshilfe Bayern auf ihrer Seite Bilder einer Einrichtung ohne deren Zustimmung, mal warb man mit dem Schicksal eines an Leukämie erkrankten Geschwisterpaares. An diese Familie war zwar bereits ein Betrag ausgezahlt worden, der Spendenaufruf lief aber weiter, obwohl die Familie nichts mehr von dem Geld erhielt.
Nun beschäftigen die seltsamen Methoden des Vereins auf mehreren Ebenen die Justiz. Wie berichtet, ermittelt nach Informationen unserer Redaktion die Augsburger Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue gegen drei Beschuldigte im Umfeld der Kinderkrebshilfe. Die Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass zehntausende Euro von Verantwortlichen des für Privatausgaben genutzt worden sein könnten.
Daneben hat der Verein selbst gegen seine ehemalige Vorsitzende geklagt. Im Zivilprozess vor dem Augsburger Landgericht geht es, unter anderem, um die Frage, wohin 40 000 Euro Spendengeld flossen. Es geht dabei auch um einen Ehestreit. Der aktuelle Vereinsvorsitzende, der mittlerweile getrennt von seiner Frau lebende Ehemann der Beklagten, schilderte die Situation an einem Verhandlungstag Ende August so: Seine Frau habe den Betrag im Januar 2016 abgezweigt, um einen Privatkredit zu tilgen. Er selbst will diese Geldflüsse damals nicht bemerkt haben, obwohl sie teils über sein Girokonto liefen.
Eine Version, die von der ehemaligen Vorsitzenden anders dargestellt wird. Ihr Mann, damals schon im Vorstand des Vereins, habe im Januar 2016 eine Rechnung gestellt, sagte sie in dieser Woche vor dem Landgericht. Für Dienstleistungen im Bereich Kontaktmanagement, darunter die Erstellung einer Datenbank, im Zeitraum von März 2013 bis Ende 2015. „Er war der Meinung, er habe sich so sehr eingebracht, dass es ihm zusteht.“Als Vorsitzende des Vereins habe sie die Transaktion abgesegnet. Mit den 40000 Euro, so schildert sie es, sei ein Kredit bedient worden, den sie aufgenommen hatten, um damit wiederum größtenteils Verbindlichkeiten ihres Mannes auszugleichen: Insgesamt 31000 Euro seien dafür veranschlagt worden. Knapp 1100 Euro etwa für ausstehende Kosten aus einem Rechtsstreit, 4100 Euro beispielsweise für eine offene Kreditkarten-Rechnung von ihm.
Ob es eine Rechnung gab für die Dienstleistungen im KontaktmanaVereins gement? Schon, sagt die ehemalige Vorsitzende. „Ich habe sie gesehen, sonst hätte ich die Transaktion nicht gemacht.“Das Original liege allerdings nicht mehr vor.
Teile des privaten Rechtsstreites sind bereits geklärt. So hat die frühere Vorsitzende sich etwa bereit erklärt, dass sie nicht mehr im Namen des Vereins tätig wird, bis rechtskräftig ein neuer Vorstand gewählt ist, der die Kinderkrebshilfe Bayern dann voraussichtlich abwickeln wird. Eine Versammlung des Vereins im November 2016, bei der sie als Vorsitzende abgesetzt worden war, hatte die Frau nicht anerkannt. Und die Homepage? Sie sei bereit, die Domain dem Kläger zu übertragen, sagt die frühere Vorsitzende. Also dem Verein, der bald wohl nicht mehr existiert. Viel gibt es aktuell auf der Seite ohnehin nicht mehr zu sehen.