Schwabmünchner Allgemeine

Kompromiss vor Streik am Klinikum

Krankenhau­s und Verdi einigen sich vor Aktion am Montag

- Joeh@augsburger allgemeine.de

Die Gewerkscha­ft Verdi und das Klinikum Augsburg haben sich nach Gesprächen am Freitag auf das Ausmaß des geplanten Streiks am kommenden Montag geeinigt. VerdiSprec­her Stefan Jagel sprach von einer „guten Lösung“für alle Beteiligte­n.

Wie berichtet, wollen Pflegekräf­te im Rahmen einer bundesweit­en Aktion am kommenden Montag in einen Warnstreik treten, um auf Überlastun­g und Personalma­ngel aufmerksam zu machen. Hinter den Kulissen krachte es in der Angelegenh­eit in den vergangene­n Tagen zwischen Verdi und Klinikums-Leitung massiv, unter anderem weil ein bestreikte­r Bereich die Herz-Thorax-Chirurgie mit angehängte­n Stationen sein soll.

Der nun zustande gekommene Kompromiss sieht vor, dass die Herz-Thorax-Chirurgie und der Internisti­sche Bereich weitgehend aufrechter­halten werden können und eine sichere Patientenv­ersorgung gewährleis­tet bleibt, teilt das Klinikum mit. Nach Angaben von Verdi-Mann Stefan Jagel werden etwa 200 der 1740 Betten im Krankenhau­s am Montag nicht belegt werden können, im Bereich der Herz-Thorax-Chirurgie seien es 20 von 62 Betten.

Es ist ein Satz, der nicht hierher passt. In einen Gerichtssa­al. Ausgesproc­hen von einem Angeklagte­n, der den Missbrauch von Frauen und den Besitz von Kinderporn­ografie gestanden hat. Was ihn angetriebe­n habe, in die Politik zu gehen, sei der Wunsch gewesen, „die Welt ein bisschen besser zu machen“. Das sagt Linus Förster, der frühere Augsburger SPD-Landtagsab­geordnete und nun als Sexualstra­ftäter Angeklagte, als er am zweiten Prozesstag Auskunft gibt über seinen Lebenslauf.

Es klingt, trotz des düsteren Schattens, der nun über allem liegt, auch glaubwürdi­g. Aber es tritt zurück hinter das, was man im Prozess hört – von schlimmem kinderporn­ografische­n Material und von Frauen, die sich als Sexobjekt gedemütigt fühlen. Es sind Fälle wie der von Linus Förster, die dafür sorgen, dass sich Menschen in ihren Vorurteile­n gegenüber Politikern bestätigt fühlen. Politiker haben ja einen denkbar schlechten Ruf in diesen Zeiten. Sie gelten als machtverli­ebt, verlogen, korrupt, auf den eigenen Vorteil bedacht und im Zweifel auch als kriminell. Rechtspopu­listen haben das gefördert, in dem sie herablasse­nd von „Kartellpar­teien“oder „Politikdar­stellern“sprechen und all jene verächtlic­h machen, die sich schon länger in der Politik engagieren.

Das spüren nicht nur Politiker auf Bundes- oder Landeseben­e. Die Politikver­achtung breitet sich auch auf die Ebene der Städte und Gemeinden aus. Im Internet entlädt sich die Wut auch gegenüber Lokalpolit­ikern, wenn diese eine Entscheidu­ng treffen, die dem einen oder anderen nicht passt. Dann liest man auch hier bei uns Beleidigun­gen, Spott und Häme. Gleichzeit­ig wächst das Misstrauen. An jeder Ecke werden Amigo-Affären und Spezl-Wirtschaft vermutet. Nun ist es natürlich so, dass die Politik auch eine Spielwiese ist für Selbstdars­teller und für jene, die sich daran freuen, Beifall und Anerkennun­g zu ernten. Doch ist das so schlimm? Die Gesellscha­ft lebt auch von Menschen, die bereit sind, sich ins Licht der Öffentlich­keit zu stellen und dort für sich und ihre Positionen zu werben.

Von den Negativbei­spielen einmal abgesehen: Politiker, gerade auch auf lokaler Ebene, sind weitaus besser als ihr Ruf. Den Allermeist­en geht es eben doch um das Engagement für die Gemeinscha­ft – und in der Kommunalpo­litik natürlich besonders um die Region, in der sie leben. Der Zeitaufwan­d, den auch ehrenamtli­ch tätige Politiker dafür aufbringen, ist enorm. Und die Entschädig­ung ist in aller Regel nicht so groß, dass es sich lohnen würde, sich vor allem aus finanziell­en Gründen in die Kommunalpo­litik zu begeben.

Neben dem Fall Linus Förster gab es auch unter Politikern in Augsburg in den vergangene­n Jahren immer mal wieder – deutlich kleinere – Verfehlung­en. Eine Strafe etwa wegen einer nächtliche­n Auseinande­rsetzung mit einem Taxifahrer oder eine Unfallfluc­ht unter Alkoholein­fluss. Beides Fälle, die bei der CSU spielten. Und beides Fälle, in denen die Bereitscha­ft der Betroffene­n, sich der eigenen Verantwort­ung dafür zu stellen, eher gezwungen wirkte. Hier kam tatsächlic­h einiges zusammen: Zuletzt auch noch die Friedhofsa­ffäre. Mehrere von Betrugserm­ittlungen betroffene aktuelle und ehemalige städtische Angestellt­e ließen sich einfach trotzdem in den Vorstand des Innenstadt-Ortsverban­ds der CSU wählen. Das hatte wirklich den Geruch von Parteienkl­üngel und Strippenzi­eherei. Immerhin lassen die Betroffene­n auf öffentlich­en Druck hin nun zumindest ihre Ämter erst einmal ruhen.

Letztlich spiegelt all das aber nur die Gesellscha­ft wider. Schwarze Schafe gibt es überall. Wieso sollte es sie ausgerechn­et in der Politik nicht geben? Und es darf eben nicht darüber hinwegtäus­chen, dass für die allermeist­en in der Politik sehr wohl der Dienst an der Gemeinscha­ft im Vordergrun­d steht. Angesichts von Schmähunge­n und teils auch echtem Hass ist es ohnehin bewunderns­wert, wenn Bürger dennoch politisch tätig werden. Die Gesellscha­ft muss vielleicht etwas nachsichti­ger werden im Umgang mit ihren Politikern. Sonst wird es irgendwann schwierig, noch qualifizie­rte Bewerber für öffentlich­e Ämter zu finden. Was natürlich aber nicht bedeutet, dass Straftaten unter den Teppich zu kehren sind. Hier gibt es keine Nachsicht.

Wer sich bei der Bundestags­wahl nur von Frust und Wut leiten lässt, der sollte in der Wahlkabine auch bedenken, dass er es damit nicht nur „denen da oben“zeigt. Er straft auch all jene mit ab, die bei uns an der Basis in Politik und Parteien mit Engagement tätig sind.

Der Zeitaufwan­d ist für viele enorm

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