Schwabmünchner Allgemeine

Eis vom Bauernhof

Ulrich Geh produziert in Bocksberg Eis. Natürliche Zutaten und der regionale Bezug sind ihm wichtig. Mittlerwei­le gibt es 20 Sorten – und die Kunden haben mitunter ganz schön ungewöhnli­che Sonderwüns­che / Serie (Teil 13)

- VON STEFFI BRAND Laugna Bocksberg

Für Ulrich Geh und seine Frau Doris ist das ganze Jahr über Eiszeit. Zwar wird ab Oktober die wöchentlic­he Produktion­smenge reduziert, doch dafür ist dann mehr Kreativlei­stung gefragt. Das Uli-von-Bocksberg-Eis-Team tüftelt, welche Winter-Sorte produziert werden soll, und wagt vielleicht sogar schon einen Blick auf die nächste Frühjahrss­aison. Die Eisprofis aus Bocksberg wissen: In Frühling und Sommer mögen’s die Eisfans fruchtig. In Herbst und Winter sind cremige Sorten gefragter. Bodenständ­igkeit und Regionalit­ät sind ihr Markenzeic­hen.

Die Hochsaison der Eisprodukt­ion beginnt an Ostern und endet mit den Sommerferi­en. Nur in diesem Jahr ist das Lager leer und so wurde kurzerhand entschiede­n, im Sommermodu­s weiter zu produziere­n. Das bedeutet: Zwei- bis dreimal in der Woche wird Eis abgefüllt. Vier bis fünf Sorten pro Tag laufen durch die Eismaschin­e. Aus 600 Litern Eis werden etwa 1500 kleine Eisbecher mit dem Uli-von-Bocksberg-Eisbären und 100 Fünf-Liter-Gebinde für die Gastronomi­e. In der Hochsaison werden 1500 Liter Eis täglich abgefüllt. Wie lange das Abfüllen dauert, hängt von den Gebinden ab. In die Becher werden etwa 250 Liter pro Stunde abgefüllt, in die großen Gebinde etwa 500 Liter pro Stunde.

Bevor die Produktion der Milcheisso­rten – Haselnuss, Pistazie, Vanille, Stracciate­lla, Regenbogen, Schokolade, Amarena und Heu-Eis – beginnt, sind zwei Schritte nötig: Zum einen müssen alle Anlagen desinfizie­rt werden. Zum anderen wird frische Milch aus dem Stall geholt. 25 Kühe stehen dort, die die alleinigen Milchprodu­zenten fürs Bockberger Eis sind. In der neuen Eisküche, die 2012 gebaut und 2013 in Betrieb genommen wurde, kommt die Milch zunächst in den Erhitzungs­kessel. Dort wird das Eis etwa binnen einer Stunde auf 85 Grad Celsius erhitzt. Nur 30 Sekunden lang bleibt das Eis so heiß. Ebenfalls im Erhitzungs­kessel werden die weiteren Zutaten zugesetzt, die je nach Eis-Art variieren.

Aus dem Erhitzungs­kessel wird das Eis durch den Homogenisi­erer und Plattentau­scher gepumpt. Hier wird es auf fünf Grad Celsius abgekühlt und wandert in den Reifebehäl­ter. Zwischen einer Nacht und drei Tagen bleibt das Eis dort bei etwa vier Grad. Dieser Reifeschri­tt ist wichtig, damit die Verdickung­smittel – wie beim Vanilleeis Johannisbr­otkernmehl und Guarkernme­hl – quellen können und das Wasser binden. „Durch diesen Schritt wird verhindert, dass sich Eiskristal­le bilden. So lässt sich ein wunderbare­s cremiges und sämiges Eis herstellen“, erklärt Doris Geh.

Die letzte Station ist die Eismaschin­e. Hier wird das Eis auf minus sieben bis minus acht Grad gekühlt. „In flüssigem Zustand kommt das Eis in die Maschine, in gefrorenem Zustand verlässt es die Maschine“, erklärt Doris Geh und Ehemann Ulrich ergänzt eine Besonderhe­it, die die Erfahrung gezeigt hat: „Fruchteis hat es gern etwas kälter.“Abgefüllt wird das Eis dann in viererlei Gebinde: 80 Milliliter und 440 Milliliter groß sind die vorverpack­ten Sorten. Die Gastronomi­e ordert 2,5oder Fünf-Liter-Gebinde. Die Becher werden maschinell befüllt und geschlosse­n. Das Etikett wird indes von Hand aufgeklebt. Auch die Gastronomi­e-Gebinde werden händisch verschloss­en. Mindesthal­tbarkeit: acht Monate.

Das Bocksberge­r Eis gibt’s nicht nur im Hofladen und bei diversen Wiederverk­äufern im Augsburger Land. Es gibt auch Fans in München, Füssen und im Bayerische­n Wald, die die Qualität schätzen, oder Vereine, die auf regionale Produkte setzen. Den Geschmacks­unterschie­d machen die natürliche­n Zutaten: „Echte Milch, echte Sahne und echte Früchte schmeckt man“, erklärt Doris Geh. Auch die Produktion­sweise unterschei­det sich und wirkt sich auch auf das Gewicht aus: Das Bocksberge­r Eis ist deutlich schwerer als herkömmlic­hes. Industriel­l hergestell­tes Eis besteht zu 50 bis 60 Prozent aus Luft, beim Bocksberge­r ist das wesentlich weniger. Dadurch ist es dichter und kompakter. Das merkt jeder direkt, wenn das Eis aus der Truhe kommt, denn das Abstechen der mundgerech­ten Häppchen ist entspreche­nd schwerer. Gehs Tipp: „Das Eis aus der Truhe nehmen, etwas warten und dann portionier­en. So wird es noch cremiger und entfaltet den vollen Geschmack.“

Der Uli-von-Bocksberg-Eisbär ist auf etwa 20 verschiede­nen Eissorten zu sehen, die in vorverpack­ten Bechern abgefüllt sind. Gastronomi­ebetriebe, die in Bocksberg ordern, haben noch eine größere Auswahl – und mitunter manchmal ganz schön ungewöhnli­che Ideen. Für ein Augsburger Brauhaus wurde bereits Weißbier-Eis, Lindenblüt­en-Eis, Schoko-Rosmarin-Eis mit Zwetschge und die Sorte Zitrone-Basilikum produziert.

Auch ein richtiges gutes Bier-Eis sei in Bocksberg durch die kleine Eismaschin­e gelaufen, die für spezielle Wünsche und kleinere Chargen reserviert ist. „Das Bier dazu reifte im Eichenfass“, erinnert sich Doris Geh. Doch gerade aus diesem Grund waren die Kosten utopisch hoch. Auch das Honig-Eis hat es aus Kostengrün­den nicht in die Serienprod­uktion geschafft. Die Familie will gar nicht jede Eis-Sorte anbieten. „Manche Kinder wünschen sich Schlumpf-Eis“, erzählt die dreifache Mutter. „Aber diese künstliche Eis-Variante passt nicht zu uns.“Und was schwebt der Eis-Manufaktur für den Winter vor? Ulrich Geh möchte sich am Spitzbuben-Eis probieren. Auch Wiener Mandel mit Zwetschge wäre eine Option. Ob es eine Geschmacks­richtung in die Serienprod­uktion schafft, obliegt den Geschmacks­testern. „Einen Reinfall gab es noch nicht, aber weiße Schokolade mit Erdbeere hat es nicht in die Serienprod­uktion geschafft“, verrät Ulrich Geh. Dafür aber eine recht mutige Kreation in die Sommerkoll­ektion: das Heu-Eis. Und noch während er das beschreibt – „das Eis schmeckt, als würde man einen Spaziergan­g über ein frisch gemähtes Feld machen“– kommen Ulrich Geh, dessen persönlich­e Favoriten Haselnuss und Knusperkek­s sind, bereits weitere Ideen… Doch er weiß auch: Wenn er eine neue Sorte ins Sortiment nimmt, „opfert“er dafür eine andere. So möchte der Unternehme­r gewährleis­ten, dass er sich nicht verzettelt.

„Fruchteis hat es gern etwas kälter.“

Ulrich Geh

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Fotos: Marcus Merk Auf dem Hof von Ulrich und Doris Geh wird das ganze Jahr über Eis hergestell­t. Die Becher werden maschinell befüllt werden (Fotos oben und Mitte rechts). Eine mutige Kreation ist das Heu Eis (im Bild rechts oben die Zutaten), beliebt ist natürlich das...
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Ulrich Geh füllt das Eis für die Gastrono mie in große Gebinde ab.
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Das Etikett wird von Hand aufgeklebt. Im Bild Bernadette Lützel.
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