So teuer sind die Filetstücke von Air Berlin
Noch sind beim Bieter-Rennen um die insolvente Fluggesellschaft nicht alle Probleme ausgeräumt. Für Beschäftigte und Passagiere bleiben Unsicherheiten. Für den Steuerzahler gibt es hingegen gute Nachrichten
Berlin/Hamburg Der Bieter-Wettstreit um die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin geht auf die Zielgerade. Am heutigen Montag sollen Details bekannt gegeben werden, wer welche Teile der Airline kaufen will. Nach Informationen von Bild und B.Z. bringt der Verkauf rund 250 bis 350 Millionen Euro ein. Damit könnte der Kredit zurückgezahlt werden, den die Bundesregierung bereitgestellt hatte, um die Fluggesellschaft während der Verkaufsverhandlungen in der Luft zu halten. Air Berlin hatte Mitte August Insolvenz angemeldet, nachdem der Großaktionär Etihad weitere Finanzspritzen für die defizitäre Airline ausgeschlossen hatte.
Wie die Rheinische Post berichtete, schwelt aktuell noch ein Streit zwischen Lufthansa und Easyjet um besonders begehrte Flugrechte in Düsseldorf. Im Umfeld des Gläubigerausschusses heiße es, der britische Billigflieger wolle nicht nur seine Präsenz in Berlin erhöhen, sondern auch in der NRW-Landeshauptstadt relativ viele Start- und Landerechte übernehmen. Lufthansa wolle aber nicht auf alle diese Routen verzichten. Es gehe um wichtige Strecken etwa nach München oder Hamburg.
Bei den Verhandlungen über die Aufteilung der insolventen Airline ist aus Sicht eines Branchenexperten ein zügiger Abschluss notwendig. „Ein „Grounding“ist noch nicht vom Tisch“, sagte Gerald Wissel von der Beratungsgesellschaft Airborne. Beim „Grounding“würden alle Flugzeuge am Boden bleiben, etwa wenn Air Berlin das Geld ausgeht. Dies hätte massive Auswirkungen für Passagiere. Insgesamt umfasst die Flotte von Air Berlin 144 Flugzeuge, darunter 17 Langstreckenflieger. Die Airline beschäftigt mehr als 8500 Menschen.
Wissel sagte, der beste Fall wäre, wenn die Verhandlungen noch im Oktober abgeschlossen werden. „Der schlechteste Fall wäre, wenn sich die Verhandlungen ziehen und hinschleppen, auch durch Klagen von unterlegenen Bewerbern oder Gewerkschaften. Dann besteht die Gefahr, dass das Geld ausgeht, die Betriebsgenehmigung erlischt, die Slots in die Koordination gehen und damit die Karten neu gemischt werden.“
Air Berlin hatte in der Nacht zu Freitag angekündigt, einen Verkauf an Lufthansa und Easyjet anzustreben. Die Verhandlungen sollen noch bis zum 12. Oktober dauern. Allerdings gehen Experten davon aus, dass noch bis zu drei Monate vergehen könnten, bis deutsche und europäische Wettbewerbsbehörden die Kaufverträge geprüft haben.
Laut Bild am Sonntag bietet allein die Lufthansa 200 Millionen Euro für Teile von Air Berlin. Darüber hinaus wollten die Frankfurter bis zu 100 Millionen Euro Betriebskosten in der Übergangszeit übernehmen.
Die Gewerkschaften dringen darauf, dass die neuen Eigentümer auch die Beschäftigten übernehmen. Laut Bild und B.Z. sind am Montag in Berlin und am Dienstag in Düsseldorf Betriebsversammlungen geplant. Der Verkauf von Air-BerlinTechnik, die für die Wartung der Maschinen zuständig ist, werde später über die Bühne gehen. Hier ende
Die Verhandlungen könnten sich noch hinziehen
Müssen Kunden mit höheren Preisen rechnen?
die Angebotsfrist am 6. Oktober. Hier könnte die Berliner Logistikfirma Zeitfracht den Zuschlag bekommen.
Wissel sagte, er sehe auch die British Airways- und Iberia-Mutter IAG nach wie vor im Rennen. IAG sowie auch Condor und der NikiGründer Niki Lauda hätten seriöse und gute Konzepte eingereicht. „Die werden sich nicht so leicht abspeisen lassen.“
Mit Blick auf Flugbuchungen bei Air Berlin betonte der Experte: „Alle Flugverbindungen, die heute bei Air Berlin für die kommenden Wochen gebucht werden, sind risikobehaftet. Es kann zu Umbuchungen und Stornierungen kommen. Das gilt für Kurz-, Mittel- und Langstrecken.“Das sieht auch der Reiserechtsexperte beim Verbraucherzentrale Bundesverband, Felix Methmann, so: „Man kann keinem Kunden empfehlen, derzeit einen Flug mit Air Berlin zu buchen.“
Die Gefahr allgemein steigender Ticketpreise sieht der Reiseexperte derzeit aber nicht. „Es sind weder ein Monopol noch steigende Preise für Kunden zu befürchten“, sagte Methmann. Die Marktanteile der Lufthansa im deutschen Markt würden Prognosen zufolge zwar auf knapp 50 Prozent steigen. Für den Fall, dass dies so kommen sollte, betonte Fachmann Methmann: „Wichtig ist nur, dass auf allen innerdeutschen Strecken noch Wettbewerb herrscht.“