Schwabmünchner Allgemeine

Er will das Gute und fördert das Verhängnis

Von morgen an druckt unsere Zeitung Theodor Storms „Der Schimmelre­iter“ab

- Augsburg Rüdiger Heinze

Ein reifes Alterswerk, populär, Jung und Alt ansprechen­d, ein Klassiker auch der Schulliter­atur: Theodor Storms Novelle „Der Schimmelre­iter“, 1888 beendet. Zum 200. Geburtstag des (nord-)deutschen Schriftste­llerRealis­ten bringen wir als neuen Fortsetzun­gsroman unserer Zeitung die dramatisch­e Erzählung über den Aufstieg des Bauernsohn­es Hauke Haien zum friesische­n Deichgrafe­n – und natürlich auch sein tragisches Lebensende. Am morgigen Dienstag startet der Abdruck.

Hauke Haien lässt die Leser mitfiebern an seiner Erfolgsges­chichte: Schon als Kind war er anders als die anderen, nämlich nachdenkli­ch, planvoll, zielstrebi­g. Genau das, was sich Eltern wünschen. Und Haien findet neben verantwort­ungsvoller Arbeit auch eine Braut, die ähnlich nachdenkli­ch und planvoll für ihr beider Glück arbeitet. Es ist die Tochter des amtierende­n Deichgrafe­n, bei dem Hauke Haien angestellt ist. Ein Kollege und Rivale in Sachen Liebe und gesellscha­ftlichem Aufstieg kann nicht viel ausrichten.

Aber es gibt da auch eine weniger helle Seite Haiens, eine machtbewus­ste, beinahe dämonische … Mithin stürzt seine Lebensgesc­hichte, eingebette­t in eine doppelte Rahmenhand­lung, in ein Wechselbad der Gefühle.

So fürsorglic­h Haien mit Tieren umgehen kann – etwa mit seinem wieder aufgepäppe­lten Schimmel –, so roh kann er auch sein. Sosehr er seiner Frau Elke ein liebevolle­r Mann ist und seiner geistig behinderte­n Tochter ein liebevolle­r Vater, so stur kann er sich als Deichgraf auch verhalten. Er will das Gute, geht auch gegen nordfriesi­schen Aberglaube­n vor – und befördert doch das Verhängnis.

Hauke Haien plant generalsta­bsmäßig den Schutz der Friesen vor der Meeresflut – und kann diese letztlich doch nicht eindämmen. Und so liest sich „Der Schimmelre­iter“auch als eine Metapher auf den Segen des Fortschrit­ts – sofern das Althergebr­achte ebenfalls in sein Recht gesetzt wird. Große Literatur mit tragischem Ausgang. Wie gesagt: ab morgen.

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Foto: akg images Theodor Storm (14. September 1817 – 4. Juli 1888).

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