Die AfD stürmt in Augsburg Land auf Platz zwei
Der CSU-Abgeordnete Hansjörg Durz verteidigt erwartungsgemäß sein Direktmandat. Doch darüber freut er sich allenfalls gedämpft. Denn triumphiert hat gestern ein Chemiker aus Langweid
Mit dem erwarteten Sieg von Hansjörg Durz hat die Bundestagswahl im Augsburger Land geendet. Der CSU-Politiker wird den Wahlkreis auch in den kommenden vier Jahren in Berlin vertreten. Auf Durz entfielen 47,8 Prozent der Stimmen. Das bedeutet gegenüber 2013, als er zum ersten Mal antrat und 60,6 Prozent erzielte, einen deutlichen Verlust bei seinem persönlichen Ergebnis. Ebenfalls arg erwischte es die CSU, die bei den Zweitstimmen von 53,7 auf 41,4 Prozent abstürzte.
Gewinner war die rechtspopulistische AfD mit ihrem Kandidaten Rainer Kraft. Die Partei, die bereits vor vier Jahren bei den Zweitstimmen mit mehr als fünf Prozent Rang vier in der Wählergunst erobert hatte, kam diesmal auf 13,7 Prozent und wurde damit zweitstärkste Kraft im Wahlkreis. Ihr Kandidat Kraft aus Langweid, dessen persönliches Ergebnis bei 12,3 Prozent lag, wird voraussichtlich über die Liste in den Bundestag einziehen. Endgültig stand das bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht fest. Als Abgeordneter in Berlin wolle er inhaltlich überzeugen und zeigen, dass die AfD mehr als eine Protestpartei sei, sagte Kraft gegenüber unserer Zeitung
„Nervenzentrale“des Wahlabends im Augsburger Umland war gestern ein Sitzungssaal im zweiten Stock des Augsburger Landratsamtes. Im dort eingerichteten Wahlstudio schauten am Abend Kandidaten und Wahlkämpfer vorbei, dort flimmerte um 18.20 Uhr das erste Ergebnis aus einem Wahllokal über den Bildschirm. Bereits bei diesem zeichnete sich das spätere Endergebnis ab.
Als erste Gemeinde hatte das kleine Kühlenthal komplett ausgezählt. Dort kam Durz auf knapp 53 Prozent, Platz zwei ging an AfD-Mann Kraft vor Markus Brem (FW) und Herbert Woerlein von der SPD.
Durz hatte den Anfang des Wahl- abends zunächst mit Parteifreunden in der Landratsamtskantine verbracht. Gegen 19.15 Uhr trat er vor die Medien. Sein persönliches Ergebnis bezeichnete der CSU-Politiker als „den Umständen entsprechend gut“. Für die CSU sei das Zweitstimmenergebnis dagegen eine „herbe Enttäuschung“.
Seit dem TV-Duell zwischen den Spitzenkandidaten Schulz und Merkel war laut Durz an den Infoständen spürbar, dass sich die Stimmung zur AfD hin drehe. Schulz und Mer- kel seien sich zu einig gewesen. Der Streit zwischen CDU und CSU zum Thema Asyl und Einwanderung – Stichwort „Obergrenze“– habe dagegen zu lange gedauert und sicher zusätzlich geschadet, so die Analyse der Neusässers. Auf die Frage, was das Wahlergebnis innerhalb der CSU auslösen werde, sagte er: „Das wird spannend.“Nach den obligatorischen Interviews war Durz schnell wieder verschwunden.
Als erster Bewerber war Franz Bossek von den Grünen im Wahlstudio eingetroffen. Obwohl er und seine Partei leicht zugelegt hatten, wollte Bossek sich nicht so recht freuen: „Was soll man sagen?“
Die Freien Wähler, stark bei den Kommunalwahlen und inzwischen auch im Landtag vertreten, landeten gestern unter „ferner liefen“. Diesmal hatten sie in ihrem schwäbischen Bezirkschef Markus Brem einen Direktkandidaten aufgeboten. Der Gersthofer landete bei knapp acht Prozent Erststimmen und bezeichnete sein Ergebnis und das seiner Gruppierung als zufriedenstellend. Der Erfolg der AfD stimme ihn traurig. Ähnlich äußerte sich der SPD-Landtagsabgeordnete Herbert Woerlein, der bei den Erststimmen noch knapp vor Kraft auf Rang zwei lag. Das vorläufige Ergebnis für den gesamten Wahlkreis lag gestern kurz vor 22 Uhr vor. Durch die vielen Briefwähler war im Vorfeld mit einer längeren Auszählungszeit gerechnet worden. Insgesamt waren im Bundeswahlkreis 253, der rund eine Viertelmillion Wähler hat, rund 2500 Wahlhelfer im Einsatz.
Beobachtet wurde das Geschehen in vielen der 374 Wahllokale von Anhänger der AfD. Ihre Parteiführung hatte sie dazu aufgerufen. Nach Angaben der Wahlleitung im Landratsamt kam es dabei gestern bis 18 Uhr zu keiner Störung. Auch der AfD-Kandidat Kraft hatte aufgepasst. Er war im Langweider Ortsteil Stettenhofen.
Kam die Wende nach dem Fernseh Duell?