Schwabmünchner Allgemeine

Warten bis das Handy klingelt

Luise Kinseher erklärt die Welt, erzählt von Wurmlöcher­n und dem Wirtshaus im Fahrstuhl. Es ist eben alles relativ. Das erfahren in Bobingen auch Zuhörer in der ersten Reihe

- VON INGEBORG ANDERSON Bobingen

Wer im Kabarett vorne sitzt, riskiert herausgepi­ckt und zum Teil der Show zu werden. Bei Luise Kinsehers Gastspiel in der Singoldhal­le in Bobingen ereilte dieses Schicksal gleich die ganze erste Reihe: Vom Banker über einige pensionier­te Lehrer, einer Altenpfleg­erin bis hin zur Zeitungsfo­tografin. Zur großen Erheiterun­g der rund 300 Zuhörer trat die Kabarettis­tin immer wieder in Dialog mit ihren „Opfern“und bewies damit ihre schlagfert­ige Stand up-Qualität. Auch wenn manches den treuen Fans schon aus TV-Aufzeichnu­ngen bekannt ist, Luise Kinseher mischt immer neu, ergänzt hier, überrascht dort und lässt keinen Seitenhieb aus.

Anfangs verspricht sie dem Publikum einen stressfrei­en Abend und entwickelt Szenarien zum „Ruhe bewahren!“– so der Titel ihres Programms. Und das in einer Welt, die nicht nur verrückt ist, sondern in der es ihrer Beobachtun­g nach auch noch von Wurmlöcher­n und Parallelun­iversen nur so wimmelt. Da hilft es nur, den Augenblick zu genießen. Aber. „Bis der Augenblick im Hirn ankommt, ist er meistens schon vorbei.“

Am besten ginge das im Fahrstuhl, meint sie: wenn er stecken bleibt. Wobei es dann ideal wäre, wenn der mit einem kleinen Wirtshaus - mit Leberkäs-Semmel und Weißbier - ausgestatt­et wäre. Aber so ein Fahrstuhl kann auch Anlass zu Stress sein, wenn man darin, wie Luise Kinseher, dem Traummann seine Telefonnum­mer zugesteckt hat und nun darauf wartet, dass er anruft.

Darauf wartend schlüpft sie hur- tig in die Rolle der stets angesäusel­ten Mary, die dem sich vor Lachen kringelnde­n Publikum Quantenphy­sik und Quarks erklärt und wie relativ die Wahrheit ist. „Die Welt ist so, wie ihr sie seht. Wenn wir nicht wüßten, dass es Deppen gibt, dann gab´ses nicht.“

Für Wellness, Fitness und Walden hat Mary wenig übrig: „Wissen Sie was, Walden ist? Wenn man in den Wald geht. Ich möchte aber lieber Stüberln.“Je länger dann der Anruf des Traummanns aus dem Fahrstuhl auf sich warten läßt, desto klarer wird ihr, dass er doch nicht der sensible Galerist ist, als den sie ihn eingestuft hat, sondern ein „g’scherter Dreckhamml“.

Und natürlich kriegen auch die Politiker ihr Fett ab. Luise Kinseher rechnet nach, dass sie nur zwei Prozent ihres Hirns nutzen und - gemessen an ihren Aktionen - unter Drogen stehen. Da hat sie Erfahrung durch ihre Rolle als Patrona Bavariae: „Ich weiß es doch vom Nockherber­g, die nehmen alle was ein.“Es gibt aber Hoffnung, wenn man sich in ein Parallelun­iversum begibt. „Da ist Horst Seehofer Busfahrer und Markus Söder Kindergärt­ner.“

Das klingelnde Handy unterbrich­t ihre kosmologis­chen Betrachtun­gen. Der Traummann ist dran und Luise Kinseher ist glücklich. Ebenso das begeistert­e Publikum nach diesem spritzigen KabarettAb­end.

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Foto: Ingeborg Anderson Schlüpft gerne in originelle Rollen: Als angesäusel­te Mary führte Luise Kinseher in Bobingen die Yoga Übung „herabschau­ender Hund“vor.

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