Neuer Übergang: Neusäß ist sauer auf die Bahn
Fußgänger und Radfahrer sollen die beiden geplanten Wohnquartiere im Zentrum sicher erreichen können. Zusätzlich zum Bau eines Bahnübergangs soll die Stadt 20000 Euro an die Bahn zahlen – und zwar jedes Jahr
Selten fand Bürgermeister Richard Greiner so drastische Worte: „Das hat schon willkürlich-erpresserische Züge“, sagte er zu den Forderungen der DB Bahnbaugruppe GmbH. „Eine Frechheit“nannte sie Dr. Michael Frey (Grüne) in der Sitzung des Planungsausschusses.
Doch worum geht es? Laut Stadtverwaltung durchquert im Schnitt etwa einmal pro Woche – oftmals nachts – ein Güterzug das Stadtgebiet. Die Stadt verhandelt seit Langem mit der DB Bahnbaugruppe, die für die Güterstrecke zuständig ist, über den Bau eines neuen Bahnübergangs in Verlängerung der Richard-Wagner-Straße. So sollen die beiden neuen Wohnquartiere im Zentrum – auf dem Sailer- und dem Schuster-Areal – für Fußgänger und Radfahrer miteinander verbunden werden. Immerhin werden schätzungsweise bis zu 1000 Bürger in diesen beiden Wohnanlagen leben und arbeiten.
Da eine Bahnunterführung bis zu einer Million Euro kosten würde, stellte sich die Stadt eher einen ebenerdigen Übergang vor, der entweder nur mit einer Umlaufsperre oder einer Schranke und Ampel gesichert werden sollte. Diese beiden Varianten würden rund 200 000 beziehungsweise 700 000 Euro kosten.
Gefahren, Erschwernisse und Kosten übersteigen den Nutzen
Diese Lösungen lehnte die Bahn jedoch aus Sicherheitsgründen strikt ab, wie Bauamtsleiter Gerald Adolf berichtete. Zudem käme es dadurch zu Einschränkungen beim Aufstellen der Güterzüge und Beeinträchtigungen des Bahn- und Rangierbetriebs. Ferner müsste der Lokführer dann immer – auch nachts – ein akustisches Warnsignal abgeben. Nach Auffassung der Bahnbaugruppe übersteigen die Gefahren und die Erschwernisse sowie die Kosten und Auswirkungen den Nutzen deutlich. Außerdem erscheint der Bahn eine dritte Querung innerhalb von 500 Metern nicht nötig. Es bestehen bisher Übergänge an der Hauptstraße (Überführung) und an der Oskar-von-Miller-Straße. Letzterer ist unbeschrankt, aber hier gelten noch alte Regeln. Allerdings ist laut Polizei an dieser Stelle in den letzten Jahren nie ein Unfall passiert.
Überraschend bot die Bahngruppe aber trotzdem an, gegen die all- jährliche Zahlung einer Entschädigungspauschale von 20 000 Euro (plus eine jährliche Preissteigerung von zwei Prozent) dem Bau eines Bahnübergangs zuzustimmen. Die Kosten dafür sowie alle Instandhaltungskosten müsste die Stadt Neusäß tragen.
„Ach so – wenn wir zahlen, dann gibt es keine Sicherheitsbedenken mehr, oder?“, empörte sich Michael Frey (Grüne). „Ich habe mich den ganzen Tag nicht mehr beruhigt“, gab Bürgermeister Greiner angesichts dieses „Angebots“zu, und die Stadträte im Planungsausschuss waren nicht weniger erbost über die Forderung der Bahnbaugruppe. Sie sei für Greiner „völlig unverständlich“, zumal er schon vor einigen Monaten gemeinsam mit Stadtbaumeister Dietmar Krenz persönlich mit dem Bahn-Konzernbevollmächtigten Klaus-Dieter Josel gesprochen hatte. „Wir haben wirklich konstruktive Vorschläge gemacht“, sagte Stadtbaumeister Dietmar Krenz, aber Verhandlungen mit der Bahn seien ein schwieriges Unterfangen.
Die Bauverwaltung rechnete zudem vor, dass selbst die Kosten eines ebenerdigen Bahnübergangs mit Schranke plus die alljährlichen Entschädigungszahlungen an die Bahn nach 14 Jahren das Niveau einer Bahnunterführung erreicht hätten. Das Gremium war sich einig, auf jeden Fall weiter zu kämpfen, notfalls auch mit härteren Bandagen.