Seehofer gerät schwer unter Druck
In der Partei werden Forderungen nach einem Rücktritt des CSU-Vorsitzenden lauter. Deutlicher Dämpfer für Fraktionschef Kauder
CSU-Chef Horst Seehofer steht nach der Wahlschlappe bei der Bundestagswahl in der eigenen Partei stark unter Druck. Aus der Landtagsfraktion, mit der sich Seehofer heute in München trifft, gibt es eine zweite Rücktrittsforderung. Nach dem Landtagsabgeordneten Alexander König aus Hof hat sich gestern auch dessen Fürther Kollegin Petra Guttenberger für eine Ablösung durch Bayerns Finanzminister Markus Söder ausgesprochen. „Ich glaube nicht, dass es ohne personellen Neuanfang geht. Seehofers Strategie war nicht erfolgreich“, sagte sie den Nürnberger Nachrich
ten. In der Oberpfalz hat sich der erste CSU-Bezirksvorstand „einhellig“für einen „geordneten Übergang“ausgesprochen. Das bestätigte Bezirksvorsitzender Albert Füracker auf Anfrage unserer Zeitung.
Dass der Ärger über das Wahlergebnis in der Partei groß ist, berichteten Mandatsträger aus allen Landesteilen. In vielen Orts- und Kreisverbänden gebe es Zweifel an Seehofers Strategie und den Wunsch nach einem Wechsel an der Parteispitze. „Wir haben einen großen Erklärungsbedarf an der Basis“, bestätigte Schwabens CSU-Chef Markus Ferber. Er sprach sich aber gegen eine Ablösung Seehofers aus: „Wir sollten zum jetzigen Zeitpunkt nicht über einen Pferdewechsel nachdenken, sondern darüber, wie wir in Berlin unsere Inhalte durchsetzen.“
Oberbayerns CSU-Chefin, Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, sagte auf Anfrage: „Der CSU-Bezirksvorstand Oberbayern steht geschlossen hinter Horst Seehofer.“Sie erinnerte an die Folgen, die der Sturz des früheren Parteichefs Stoiber für die CSU hatte: „Ich warne davor, den Fehler des Jahres 2007 zu wiederholen.“Der Vorsitzende der EVPFraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, stützte Seehofer. Die Personaldebatte bezeichnete er im
Münchner Merkur als „Gift“. Aber auch CDU-Chefin Angela Merkel sieht sich mit einer ersten Rücktrittsforderung aus den eigenen Reihen konfrontiert. „In der CDU gibt es in der sogenannten zweiten Reihe jede Menge gute Leute, die in der Lage wären, den Parteivorsitz zu übernehmen“, sagte der Vorsitzende der konservativen Unionsvereinigung „Freiheitlich-konservativer Aufbruch“, Alexander Mitsch.
In Berlin wählte die CSU-Landesgruppe Alexander Dobrindt mit klarer Mehrheit zu ihrem Chef. Unionsfraktionschef Volker Kauder wurde mit 77 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Ob CSU-Spitzenkandidat Joachim Herrmann nach Berlin wechselt, bleibt offen. Seine Bereitschaft, dort Verantwortung zu übernehmen, „gilt nach wie vor“, sagte er auf Anfrage. Herrmann zog trotz Listenplatz 1 nicht in den Bundestag ein.