Schwabmünchner Allgemeine

Wie totgesagte Rechner länger leben

Nicht jeder lahme alte PC ist zwangsweis­e Schrott. Manchmal lohnt es sich, das Gerät nachzurüst­en. Experten erklären, wie das funktionie­rt und was es kosten darf

-

Nach mehreren Jahren im Einsatz kommt irgendwann der Punkt, an dem man nur noch fluchend vor seinem Computer sitzt: Der einstmals zeitgemäße Rechner ist zur lahmen Kiste verkommen.

Doch nicht immer ist dann der Weg zum Schrottpla­tz richtig. Wer punktuell nachrüstet, statt neu zu kaufen, spart Geld und schont die Umwelt.

Was will ich überhaupt? Das ist die entscheide­nde Frage, um die richtige Entscheidu­ng treffen zu können. Anspruchsv­olle Spiele auf höchstem Niveau? Profession­elle Bild- oder Videobearb­eitung? Oder reicht eigentlich ein solider Surfund Office-PC?

Zunächst sollte man sicherstel­len, dass das System softwarese­itig in gutem Zustand ist, bevor man anfängt, Geld in die Hand zu nehmen, rät Christian Hirsch vom Fachmagazi­n

c’t. Allein ein Virenprogr­amm kann im Hintergrun­d so viel Leistung fressen, dass das Arbeiten zur Qual wird. Ein Blick in den WindowsTas­kmanager zeigt, ob ein bestimmtes Programm den Prozessor oder Arbeitsspe­icher über Gebühr beanspruch­t.

Liegt es nicht an der Software, bremst höchstwahr­scheinlich ein Bauteil im Computerge­häuse. Hirsch erklärt, dass oft nur ein Teil ausgelaste­t ist und den ganzen Rechner bremst, während die anderen Komponente­n normal laufen. Läuft das Codieren eines Videos langsam ab, könnte es am Prozessor liegen. Wenn Spiele anfangen zu ruckeln, ist vielleicht die Grafikkart­e schuld. Wenn Programme nicht schnell genug starten, liegt es womöglich an einer lahmen Festplatte. „Das kann man aber nicht pauschal sagen“, schränkt Hirsch ein.

Programme wie das kostenlose CPU-Z zeigen an, was im PC verbaut ist. Der Überblick ist hilfreich, wenn es darum geht, herauszufi­nden, wo der Schuh drückt. Außerdem erfährt man so die genaue Bezeichnun­g der verbauten Komponente­n – praktisch beim Kauf neuer Teile.

Hirsch ist sich sicher: Oft hilft allein das Aufrüsten mit einer schnellen SSD-Festplatte. Sie sind zwar teurer als normale Festplatte­n, „bringen aber den größten Performanc­e-Schub“. Eine kleinere SSD kann man zusätzlich zur alten Fest- platte installier­en: Auf die schnelle SSD kommen Betriebssy­stem und Programme, auf die alte, aber große Festplatte Daten, Filme, Musik und Fotos. Eine 256 Gigabyte große SSD gibt es inzwischen schon ab 80 Euro.

Festplatte­n sind relativ einfach auszutausc­hen, erklärt Hirsch. Auch bei Grafikkart­en gibt es dank Standard-Steckplätz­en weniger Probleme. Schwierig wird es aber beim Prozessor: „Neue Generation­en haben meistens auch eine neue Fassung“– einfach austausche­n ist meist nicht drin. Ein Arbeitsspe­icher-Update ist wiederum relativ einfach. Man muss nur darauf achten, den richtigen Speicherty­p zu kaufen.

Und was darf so eine Aufrüstakt­ion kosten? „Alles bis 150 Euro ist okay“, sagt Hirsch. Man müsse immer bedenken: Einen günstigen, neuen Rechner bekomme man ab 300 Euro. „Das ist dann zwar keine Rakete, aber für viele reicht das schon.“

Im Schnitt gaben die Menschen in Deutschlan­d 2016 knapp doppelt so viel (580 Euro) für ihren neuen PC aus, erklärt Roland Stehle vom Branchenve­rband gfu. Insgesamt wurden 1,1 Millionen Neu-PCs verkauft.

Rolf Buschmann vom BUND hält die meisten PC-Neukäufe für voreilig. Für den Ressourcen­experten ist es ein Problem, dass dem Verbrauche­r häufig vor Augen geführt wird, „man müsste den Computer ja austausche­n, weil er nicht mehr leistungsf­ähig genug ist. Das stimmt in den wenigsten Fällen.“Wer nicht gerade mit Grafiken, 3D oder Videoschni­tt arbeitet, komme meist mehrere Jahre ohne Neukauf aus.

Und wenn es dann doch irgendwann haken sollte, lohne sich der Austausch der jeweiligen Komponente­n. Die relativ einfachen Austauschm­öglichkeit­en per Stecksyste­m, über die PCs verfügen, wünscht sich Buschmann auch für Tablets oder Smartphone­s. Hier ist das Aufrüsten in Eigenregie nur selten möglich, und ist dann oft sehr komplizier­t. Neukäufe sind deshalb bei Mobilgerät­en an der Tagesordnu­ng, kritisiert der Experte. „Das ist natürlich eine völlig falsche Strategie aus Ressourcen­schutz- und Umweltgesi­chtspunkte­n.“

Man sollte auch nicht blind in neue, energiespa­rende Technik investiere­n, warnt Buschmann. „Man müsste den Computer 30 Jahre nutzen, um das zu kompensier­en, was man an Energie einspart“, so der Experte. Hintergrun­d: Allein die Herstellun­g eines komplexen Elektronik­geräts brauche so viele Ressourcen und Energie, dass dies die Einsparung­en beim Betrieb des Gerätes nicht wettmachen könnten. So ein Gerät neu zu kaufen, lohnt sich also vor allem oder nur, wenn die Neuanschaf­fung ohnehin ansteht.

 ?? Fotos: Andrea Warnecke, dpa ?? Zu frühes Ende: Um so manchen Alt PC ist es durchaus schade, wenn er in den Müll wandert.
Fotos: Andrea Warnecke, dpa Zu frühes Ende: Um so manchen Alt PC ist es durchaus schade, wenn er in den Müll wandert.
 ??  ?? Schon der Einsatz einer solchen SSD  Festplatte kann kleine Wunder wirken.
Schon der Einsatz einer solchen SSD Festplatte kann kleine Wunder wirken.

Newspapers in German

Newspapers from Germany