Warum das Turamichele eine Institution ist
Das Augsburger Fest hat eine bewegte Vergangenheit. Einmal wurde es sogar verboten
Das Augsburger Turamichele ist einzigartig in Deutschland. Ihm zu Ehren gibt es auch in diesem Jahr ein großes Fest in der Innenstadt. Das verlängerte Turamichele-Wochenende beginnt am Freitag, 29. September, dem Michaeli-Tag. Fortgesetzt wird es am Samstag und Sonntag. Zu jeder vollen Stunde zwischen 10 und 18 Uhr richtet sich der Blick auf den Perlachturm.
Dort öffnet sich ein Fenster in luftiger Höhe. Durch dieses erscheint der Heilige Michael, um das Böse in Gestalt des Teufels niederzustechen. Um den Sieg des Guten über das Böse gebührend zu feiern, lassen die Kinder anschließend gemeinsam Luftballons in den Himmel steigen. Das Prozedere ist vielen Augsburgern vertraut und bekannt, doch rund um das Turamichele gibt es viele weitere interessante und wissenswerte Aspekte.
● Das Turamichele ist ein mechanisches Figurenspiel. Zu sehen ist, wie der heilige Michael den Teufel bezwingt. Das Turamichele sticht dabei mit einer Lanze auf das Ungeheuer ein.
● Das Turamichele wird schriftlich erstmals in einer Familienchronik von 1616 erwähnt. Das ursprüngliche Figurenspiel soll jedoch bereits 1526 geschaffen worden sein. Nach Eingliederung der Reichsstadt Augsburg in das Königreich Bayern im Jahr 1806 wurde der alljährliche Brauch von der bayerischen Regierung verboten, da man das Schauspiel für albern und im Sinne der Aufklärung unwürdig hielt. 1822 ging es dann aber weiter.
● Das Figurenspiel funktioniert nicht von Zauberhand. Hinter dem Schauspiel am Turm- fenster verbergen sich Mitarbeiter der Stadtwerke Augsburg: Sie öffnen den Vorhang, bringen die Figuren in Position und erwecken sie mit dem Drehen an einer Kurbel zum Leben.
● Bis heute gilt eine Verfügung des Oberbürgermeisters Klaus Müller aus dem Jahr 1953, wie beim Auftritt zu verfahren ist: „Zwei Minuten vor der vollen Stunde wird das Licht gelöscht, der Vorhang langsam aufgezogen, die Figur so weit ausgefahren, dass die Deichsel wieder eingefahren werden kann. Vorhang wieder schließen.“
● Lang, lang ist es her. Im Jahr 1616 schnitzte der Bildhauer Christoph Murmann bewegliche Gestalten, Uhrmacher Georg Marquart fertigte die mechanische Einrichtung. Das ist überliefert. Bis 1943 kamen sie zum Einsatz, in der Bombennacht im Februar 1944 brannte der Perlachturm aus, die Figuren wurden zerstört.
● 1946 erlaubte die amerikanische Besatzungsmacht den Turamichele-Brauch wieder. Anfangs waren zwei Schauspieler auf einem Holzpodest im Einsatz.
● 1949 gab es wieder eine hölzerne Figurengruppe. Der Bildhauer Karl Hoefelmayr aus Kempten fertigte sie, der Augsburger Malzfabrikant Ernst Gebler hatte das Geld gespendet. Mittlerweile kümmern sich die Stadtwerke Augsburg um die Abwicklung. Es gab einige kleine Restaurationen, doch zu seinem Auftritt ist das Turamichele immer fit.
● Gewogen hat keiner die Figur, das Gewicht wird auf 250 Kilogramm geschätzt. Gemessen wurde die Figur: Das Turamichele ist 1,80 Meter groß.