Schwabmünchner Allgemeine

Malen bringt Farbe und Freude ins Leben

Senioren entdecken in Schwabmünc­hen schlummern­de Fähigkeite­n. Auch Demenzkran­ke teilen sich so mit

- VON HIERONYMUS SCHNEIDER Schwabmünc­hen

„Farbiges Leben – Senioren zeigen ihre Bilder“, so heißt die Gemäldeaus­stellung, die jetzt im Kunsthaus an der Bahnhofstr­aße zu sehen war. Rund 60 Senioren malten 75 Bilder und für mehr als die Hälfte von ihnen war es das erste Mal, ein Gemälde mit Acrylfarbe­n zu schaffen.

„Die meisten haben anfangs gemeint, dass sie das gar nicht können“, sagt die Projektlei­terin Martina Ludwig. Die 41-Jährige arbeitet als Seniorenbe­treuerin im Haus St. Raphael und hat eine Ausbildung als Kunst- und Kreativthe­rapeutin gemacht. Vor etwa einem Jahr hat sie das Projekt „Farbiges Leben“als Beitrag zum bundesweit­en Programm „Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz“begonnen. Unterstütz­t wurde sie dabei von Andreas Claus, dem Leiter der CaritasEin­richtungen und von Kersten Thieler-Küchle vom Kunstverei­n Schwabmünc­hen. Zusammen mit dem Maler Herbert Kretschmer hat Thieler-Küchle Malkurse in den Häusern des Betreuten Wohnens in der Falkenstei­nstraße, Fuggerstra­ße und im Meisenweg abgehalten.

In der Tagespfleg­e St. Gabriel und im Pflegeheim St. Raphael hatten die Altenpfleg­erinnen und Betreuungs­kräfte ihre Bewohner und Besucher zum Malen animiert und angeleitet. So entstanden viele Bilder von Sonnenunte­rgängen, Stränden, Wiesen, Bäumen und Blumen, aber auch fast abstrakte Kompositio­nen, welche Gefühle in Farbe ausdrückte­n. „Das Besondere daran war, sich etwa eine Stunde lang mit einem Menschen und seinen Gedanken auszutausc­hen und zu sehen, wie stolz er danach über das geschaffen­e Werk war“, sagt Martina Ludwig. Besonders beeindruck­t hat sie das Bild „Erinnerung an meinen letzten Frühling“von einer Dame, die inzwischen gestorben ist – es war tatsächlic­h ihr letzter Frühling.

Die 72-jährige Hiltenfing­erin Katharina Schuster hat im Haus St. Raphael das Bild „Margerite“gemalt. „Die Betreuerin­nen haben mich so gut motiviert, dass ich das Motiv von einer Postkarte abgemalt habe“, sagt die Seniorin, die im Rollstuhl sitzt. Sie ist sehr froh, dass ihr Bild jetzt im Kunsthaus ausgestell­t ist, denn in diesem Haus hat sie als 14-jähriges Mädchen bei der Strickerei Grünwald ihre Lehre begonnen und bis zu ihrer Hochzeit acht Jahre an der Strickmasc­hine gearbeitet. Die zweitägige Gemäldeaus­stellung wurde mit jazzigen Klängen der Augsburger Brazzeria Brass Band eingeläute­t. Claus sagte: „Die Bilder sind eine kreative Kommunikat­ionsform. Mit ihnen können sich auch jene ausdrücken, die in der wortlastig­en Gesellscha­ft sprachlos geworden sind oder nicht mehr gehört werden.“Thieler-Küchle wünschte sich, dass diese Malaktion weitergefü­hrt wird und die neu entdeckten Talente noch weiter geweckt werden. Und einige der anwesenden Senioren nickten ihr dabei bestätigen­d zu.

„Die Bilder sind eine kreative Kommunikat­ionsform.“Andreas Claus

 ?? Foto: Hieronymus Schneider ?? Katharina Schuster zeigte stolz ihr Gemälde „Margerite“, das in ihrer alten Lehrwerkst­att ausgestell­t wurde.
Foto: Hieronymus Schneider Katharina Schuster zeigte stolz ihr Gemälde „Margerite“, das in ihrer alten Lehrwerkst­att ausgestell­t wurde.

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