Wie die Outdoor Mode erfunden wurde
Das Unternehmen Schöffel hat schon über 200 Jahre Tradition. Doch vor 50 Jahren veränderte es die Branche. Neue Farben, neue Qualitäten, neue Funktionen kommen seither aus Schwabmünchen
Das Unternehmen Schöffel hat schon über 200 Jahre Tradition. Doch vor 50 Jahren veränderte es die Branche.
Eigentlich waren es Quantensprünge in der Entwicklung der Bekleidungsbranche, doch der Sportbekleidungshersteller Schöffel feierte gestern seinen Anteil daran eher bescheiden familiär und leger wie unter Sportkameraden: Seit 50 Jahren gibt es Outdoor-Mode von Schöffel. Und fast wie nebenbei erzählte Pionier Hubert Schöffel, wie alles angefangen hatte und welche entscheidende Rolle wenige Jahre später das Schwabmünchner Familienunternehmen beim Siegeszug von Goretex gespielt hatte, nach dem der erste Start des wasserfesten Stoffes gescheitert war.
Es war eine Runde deutschsprachiger Medienvertreter zusammengekommen, um Firmenchef Peter Schöffel und seinem Vater zuzuhören, warum 1967 Ski- und Wanderbekleidung plötzlich eigene Schnitte bekam, leichter, funktionaler und bunter wurde.
Der, der das eingeleitet hatte, hätte einfach auf die seit 1804 bestehende unternehmerische Tradition und ihre erfolgreiche Fortschreibung in der inzwischen siebten Generation verweisen können. Doch der 87-jährige Hubert Schöffel erzählte seinem durchweg viel jüngeren Publikum, dass das damals eine besondere Zeit war und er seine Idee zu eigenen Produkten für Erkundungen der Bergwelt eher aus der Not geboren hatte.
Mit seiner Arbeit als Einzelhändler und Entwickler einer eigenen Kollektion im damals von der Familie betriebenen Modehaus war er gar nicht glücklich und ein unternehmerischer Neuanfang schien nötig. Andererseits war auch damals schon die Welt im stetigen Wandel und neue Produkte waren angebracht. In den 1950er-Jahren haben die Leute sechs Tage in der Woche hart gearbeitet, am Sonntag war Kirche, dann wurde etwas geruht und am Montag um 7 Uhr ging es wieder an die Arbeit, erinnert der Senior. Nachdem das Land damit neu aufgebaut und Wohlstand geschaffen war, machten Tarifverträge das Leben leichter. Die Wochenarbeitszeit wurde auf 48, dann auf 42 und später auf 40 Stunden begrenzt. Zudem gab es immer mehr Urlaub und schließlich dafür zusätzliches Geld. Freizeit, die es zu gestalten und zu nutzen gilt, war zuvor kein Thema gewesen.
Freilich gab es schon immer Menschen, die gerne in die Berge gingen, wanderten oder Ski anschnallten. Aber die Gelegenheiten waren selten. Dafür war eine gute Ausrüstung stets geschätzt. Das Qualitätsmerkmal einst: schwer. Schwere Stiefel, schwere Jacken, schwere Rucksäcke. So hat es Hubert Schöffel in Erinnerung und zugleich ist es eine Erinnerung an glückliche Kindheitserlebnisse, an glückliche Jugenderfahrungen und eine glückliche Fügung. Der Gedanke an die Bergwelt war 1967 der Grundstein bei der Neuausrichtung des Familienbetriebes.
Das Bergfieber hat er demnach Vater, der schon ein Pionier im Alpenverein gewesen sei. Mit ihm lernte Hubert Schöffel einen Gipfel nach dem anderen und eine Hütte nach der anderen kennen. Ähnlich erlebte es sein Sohn. So erzählt der heutige Firmenchef Peter Schöffel mit gleicher Leidenschaft von Natur und Drang nach Draußen. Diese Leidenschaft strahlen sie auch aus, wenn sie von ihrer Arbeit reden.
Dabei entstanden viele Ideen für Menschen, die ebenfalls gerne im Freien unterwegs sind. Im engen Kontakt mit Berg- und Wintersportlern, mit Profis und Amateuren, mit Fachhändlern und Kunden wurden von Schöffel Innovationen gewagt: Elastische Bundhosen machten zunächst die Bewegung bequemer, es folgten Polster im Anorak und dann machten kräftige Farben endgültige klar, dass Sportmode nicht länger robuste Straßenmode sein muss. Klingt alles logisch im Rückblick. Damals war es eine Revolution und im Handel zunächst nicht unumstritten, erinnert sich Hubert Schöffel. Doch der unternehmerische Mut in Schwabmünchen wurde im ganzen deutschsprachigen Raum goutiert. Zumal eine hervorragende Qualität damit einhergeht. Längst strahlt der Erfolg europaweit und teilweise nach Übersee aus.
Die Entwicklung wird weitergehen, da sind sich Vater und Sohn Schöffel sicher. Momentan wisse keiner in der Branche, wohin dies noch führen werde. Doch in Schwabmünchen arbeitet ein stattliches Team daran. Langer Vorlauf ist nötig. Inzwischen entwirft das Entwicklungszentrum in Schwabmünchen schon die Mode für den Somvom mer 2019. Farben, Stoffe, Skizzen werden an die Wand gepinnt. Man kann erahnen, was in zwei Jahren zu sehen sein wird.
Doch Peter Schöffel geht es bei der Weiterentwicklung um mehr als neues Modedesign. Richtige Innovationen seien nötig, die die Branche auf „ein neues Basislager heben“. Die Höhe ihres „Basislagers“ist hier szenengerecht der Maßstab für neue Qualitäten, neue Strukturen, neue Abläufe.
Dabei haben die Designer und Entwickler nicht das Ziel, in erster Linie Extremsportler optimal auszurichten, auch wenn diese sich damit gut ausgerüstet fühlen. Das Ziel ist der typische Kunde, der gerne mit Hund oder Wanderschuh draußen ist, der das Skifahren liebt oder auch mal einfach dem Wetter trotzen und dem Alltag entfliehen will.
Das Qualitätsmerkmal von einst war: schwer