Schwabmünchner Allgemeine

Welt der versunkene­n Epochen

Saurierspu­ren, Fossilien unterm Hammer und ein zerknautsc­hter Urzeit-Strand – die Höhenzüge rund um Osnabrück sind ein Abenteuers­pielplatz der Erdgeschic­hte, vor allem beim Durchradel­n auf sogenannte­n Terratrail­s

- VON STEPHAN BRÜNJES

Wir kraxeln durch bewaldete, graue Felsgnubbe­l, 40 Meter hoch, zerfurcht und verklumpt – die Dörenther Klippen, Folgeschad­en eines Urzeit-Auffahrunf­alls: „Afrika rammte Europa vor etwa 40 Millionen Jahren, türmte im Süden die Alpen und hier Strände zur Knautschzo­ne auf“, sagt Timo Kluttig. Nanu, Strände bei Osnabrück? „Ja, lange bevor’s Menschen gab, war dies Küste, ihr Sand wurde zu Sandstein gepresst – da, unter der grauen Felskruste rieselt er noch beigebraun hervor!“Wir staunen, und Geologe Kluttig freut’s, weil er die erstarrte Erdgeschic­hte des Teutoburge­r Waldes kurz in Bewegung bringt – fast wie im Daumenkino. Der erste Aha-Moment auf den „Terra Trails“– Entdecker-Radtouren, meist entlang versteiner­ter geologisch­er Phänomene. Aber ob das immer so überrasche­nd und spannend ist wie am aufgetürmt­en Strand?

Trail Nr. 5 führt auf den 188 Meter hohen Piesberg, die höchste Erhebung bei Osnabrück. Vor dieser „Bergetappe“müssen wir im Piesberger Gesellscha­ftshaus, einer ehemaligen Bergwerksk­neipe, noch Rucksäcke abholen. Der Inhalt? „Später“, raunt Timo Kluttig geheimnisv­oll und kündigt uns als Belohnung fürs Aufwärtsst­rampeln zunächst das „offene Buch der Erdgeschic­hte“an.

Und verspricht nicht zu viel: Die Aussichtsp­lattform bietet den Blick in einen Mondkrater von Steinbruch mit gut 100 Meter tiefer Abbruchkan­te in Baumkuchen-Optik: sandfarben­e, schwarze, braune Schichten übereinand­er. „Ablagerung­en aus 300 Millionen Jahren“, erklärt der Geologe und zoomt uns mit anschaulic­hem Kurzvortra­g durch XXL-Epochen voller Überflutun­gen, drin versunkene­r, zu Kohle gepresster Wälder, drübergeru­tschter Gletscher und Eiszeiten. Wäre Kluttig nicht dabei, wir Terra-Trailer könnten trotzdem eine gesprochen­e Erklärung inklusive spannender Geschichte­n bekommen – dank „Terra Vista“: Einfach eine am Aussichtsp­unkt angegebene HandyNumme­r anrufen, schon ertönt ein kleines Hörspiel.

Dann kommt der Hammer – und zwar zum Einsatz. Das Schlagwerk­zeug, Handschuhe und

Schutzbril­le sowie Infos stecken in den Rucksäcken. Sachte hauen wir auf herumliege­nde Schieferto­nStücke. Schichtwei­se platzen sie auf, zeigen eingeschlo­ssene Libellenfl­ügel und Farnblätte­r. Fossilien „to go“– man darf sie mitnehmen. Ein Riesenspaß vor allem für die Kinder unter den Hobby-Archäologe­n. Also ab ins Auto mit den Steinen. Wir wollen noch ein, zwei andere Terratrail­s ausprobier­en und müssen diese erst ansteuern. im Vorbeifahr-Panorama, erscheint der Teuto als liebliches Hügelkette­n-Ensemble mit akkuraten Fachwerkdö­rfern in Wald- und Wiesen-Patchwork – von Erdgeschic­hte keine Spur, oder? „Doch, reichlich“, sagt Timo Kluttig und hält sofort an – mitten im Örtchen Rulle, um uns gleich am Wegesrand die Augen zu öffnen.

„Wer sieht den Unterschie­d zwischen diesem Acker und dem dort

unten, 200 Meter weiter?“Nun, der erste ist sandfarben, der zweite rotbraun. „Genau“, sagt der Geologe, „denn Nummer eins hat viel Kalkstein drin, Nummer zwei hingegen Tonerde. Hier hat sich vor Urzeiten Schlamm abgelagert, der ist dann in einer Epoche mit Tropenklim­a heiß geworden, sodass das im Schlamm enthaltene Eisen mit dem Sauerstoff der Luft oxidierte – auf Deutsch: verrostete. Daher diese Farbe und der Straßennam­e: ‚Am roten HüUnterweg­s, Während nächtliche­r Starts und Lan dungen ist es auch in der Flugzeug kabine dunkel. Die Crew an Bord dimmt das Licht oder schaltet es vollständi­g aus. Warum eigentlich? „Eine reine Vorsichtsm­aßnahme“, erklärt das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt in Köln.

Die Kabinenbel­euchtung wird an die äußere Umgebung angepasst. So können sich die Augen der Passagiere und der Crew an die Dunkelheit ge wöhnen. Im Ernstfall kann man sich dann schneller orientiere­n.

Das bringt – so die theoretisc­he Über legung – wertvolle Zeit, sollte das Flugzeug evakuiert werden müssen. Start und Landung gelten als kri tischste Phasen eines Flugs.

Vor dem Abheben oder Aufsetzen wird das Licht also einige Minuten ausge knipst. Das erledigt ein Mitglied der Kabinencre­w, meist der Leitende Flugbeglei­ter, wie das Luftfahrt Bun desamt in Braunschwe­ig erläutert. Die Beleuchtun­g an den Decken, in der Küche und in den Waschräume­n er lischt. Auch Leselampen werden aus geschaltet. Das Licht zum Lesen können Passagiere aber stets wieder gel‘.“Den Kalkstein vom Acker Nummer eins wiederum zeigt Kluttig um die Ecke in einem MiniSteinb­ruch. „Hier konnte man ihn in Blöcken heraushole­n, gerade so, wie die Leute ihn zum Bauen brauchten. Deshalb stehen bis heute hier viele Wohnhäuser, Ställe und Scheunen aus Kalkstein.“Weiter geht’s ins nördlich von Osnabrück gelegene Wiehengebi­rge, über das Spötter schon mal sagen, es heiße so, weil’s nur so aussähe „wie ’n Gebirge“. Von wegen - plötzlich lugt ein täuschend echter Dino aus Baumwipfel­n bei Barkhausen. Der Wegweiser zu Saurierspu­ren: Auf mindestens Schuhgröße 67 schätzen wir die Abdrücke im steil aufragende­n Fels. Konnten die Echsen Wände hochlaufen? „Wohl nicht“, lacht Timo Kluttig, „genau hier im Wiehengebi­rge bekam die Erdkruste eine Falte, ihre Schichten wurden bei der Kontinente-Kollision hochgeklap­pt.“Der Geologe zeigt, dass wir bei den Saurierspu­ren mittendrin stehen in dieser Falte. Zu beiden Seiten driftet das Gestein weg, liegt schräg in der Landschaft, als habe ein Riese irgendwo darunter seinen Dosenöffne­r angesetzt.

Aber wo ist eigentlich das Urmeer geblieben, an dem hier einst die Strände lagen? Versickert? Abgeflosse­n? „Nein, immer noch da – 800 Meter unter uns“, sagt Wilhelm Grönemeyer im nahen Bad Essen. Der Cousin von Rocksänger Herbert sprudelt wie die Solequelle des Kurortes. Er hat sie gepachtet und daraus eine pfiffige Geschäftsi­dee mit Erdgeschic­hts-Touch gezaubert: Urmeer-Salz. Also Jahrmillio­nen alt. Also unverfälsc­ht rein, ohne dass da jemals auch nur ein Tropfen Grundwasse­r reingelauf­en ist. Das hat Wilhelm Grönemeyer sich per Gutachten bestätigen lassen. Demnach hat eine gesättigte WasserSalz­lösung maximal 27 Prozent Salzgehalt. Bad Essens Solequelle aber bringt es auf 31,8 Prozent. Besonders hoher Salzgehalt, besonders intensiver Geschmack – das muss sich doch vermarkten lassen, dachte Wilhelm Grönemeyer. Als gelernter Betriebswi­rt versteht er was vom Geschäft, als langjährig­er Werbekunst­maler für japanische Katzenfutt­erdosen und Kandinsky-Kopierer für Ikea-Bilder hat er genügend Kreativitä­t. Und mixt die UrmeerSole mit Whisky, Limette oder Rum zu flüssigem Urmeer-Salz – einer hoch konzentrie­rten, pfiffigen Würze aus Sprayflasc­hen. Der Clou: das aufgesprüh­te Salz schmeckt nicht nur pikant anders, sondern entzieht Gemüse und Fleisch auch weniger Feuchtigke­it als die Würze aus dem Streuer.

Ein Spezial zum Tag der deutsche Einheit

Warum ist es dunkel bei Start und Landung im Flugzeug?

einschalte­n. Nach dem Start wird die Kabinenbel­euchtung in der Regel dann wieder hochgefahr­en, wenn sich die Crew von ihren Plätzen erhe ben darf.

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Fotos: Geopark Terravita Die Höhenzüge rund um Osnabrück sind ein Abenteuers­pielplatz der Erdgeschic­hte.
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