Schwabmünchner Allgemeine

Die Stimmung in der CSU bleibt ernst

Aktuelle Situation spielt bei Feier zum Tag der Deutschen Einheit in Thierhaupt­en eine große Rolle

- VON CHRISTOPH FREY Thierhaupt­en/Landkreis Augsburg

Bei so viel unfreiwill­iger Symbolik konnten die Tischnachb­arn das Feixen nicht lassen. Der Espresso für den Hauptredne­r kam in einem Tässchen, dessen Farben sehr an Jamaika erinnerten. Dieses Bild fanden die Herren von der CSU dann doch erheiternd.

Ansonsten aber war die Stimmung bei der Feierstund­e zum Tag der Deutschen Einheit gestern ernst. In der Thierhaupt­er Herzog Tassilo Stub’n – dem früheren Kuhstall des prächtig renovierte­n Klosters – sprach der frühere Bundestags­vizepräsid­ent und Bundesbaum­inister Eduard Oswald über Helmut Kohl – Kanzler der Deutschen Einheit.“So stand es zumindest auf der Einladung.

Einen erklecklic­hen Teil seiner Ansprache widmete der erst vor wenigen Wochen 70 Jahre alt gewordene Oswald nämlich - kaum, dass er seinen „Jamaika-Espresso“geschlürft hatte – der politische­n Situation nach den Bundestags­wahlen. Diese hätten die politische Landschaft verändert und stellten die politische Stabilität auf die Probe. Der langjährig­e Bundestags­abgeordnet­e für die Landkreise Augsburg und Aichach-Friedberg betonte die Verantwort­ung aller politische­n Parteien.

Deutschlan­d könne sich keinen Stillstand leisten, dafür gebe es zu viele drängende Fragen. Seiner Partei riet Oswald wenige Tage vor dem Gipfel der Schwesterp­arteien zum Schultersc­hluss mit der CDU („Nur dann haben wir Einfluss“) und der Union wiederum, die Grünen an sich zu binden. Aber leider, so seufzte er: „Manche diskutiere­n eher fundamenta­listisch, denn pragmatisc­h.“Die nächsten Wochen sind in Oswalds Augen „entscheide­nd für alle Parteien“.

Auch seine Bilanz der deutschen Einheit war von der aktuellen politische­n Situation geprägt, in der die AfD in den ostdeutsch­en Ländern besonders stark abgeschnit­ten hat. Im Osten seien die blühenden Landschaft­en durchaus entstanden, befand Oswald, aber die Ostdeutsch­en hätten ihre Identität aufgeben müssen. Bei dem von Westdeutsc­hland aus gesteuerte­n Vereinigun­gsprozess sei „ganz sicher nicht alles richtig gelaufen,“räumte Oswald ein. „Wir haben kaum etwas über Ostdeutsch­land gewusst und haben es uns leicht gemacht. Das hat sich zum Teil gerächt.“

Nichts kommen ließ Oswald auf die Leistung des in diesem Jahr gestorbene­n Kanzlers Helmut Kohl. Der CDU-Politiker sei „ein Glücksfall für Deutschlan­d und Europa“gewesen. Mit seiner gewinnende­n Art, so Oswald, habe Kohl bei Verhandlun­gspartnern wie dem damaligen sowjetisch­en Staatschef Michail Gorbatscho­w das nötige Vertrauen aufgebaut und so die Einheit ermöglicht. „Kohl hatte das Gespür für den richtigen Augenblick.“

Oswald, der von 1987 bis 2013 im Deutschen Bundestag saß und neun Monate dem letzten Kabinett Kohl angehörte, hatte zu Beginn seiner Ansprache seinem Nachfolger als Abgeordnet­er zur Wiederwahl gratuliert. Hansjörg Durz hatte am 24. September zwar mehr Stimmen als die CSU erhalten, aber ebenso deutliche Verluste hinnehmen müssen. Gestern gab es für den Parlamenta­rier aus Neusäß vom CSU-Anhang aus den Kreisen Aichach-Friedberg und Neusäß lang anhaltende­n Applaus.

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Edmund Oswald

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