Schwabmünchner Allgemeine

Europa kippt Steuerraba­tte für US Konzerne

Amazon muss 250 Millionen Euro nachzahlen. Wird es für Apple noch teurer?

- VON DETLEF DREWES »Kommentar

Die EU forciert ihren Kampf gegen fragwürdig­e Steuervort­eile für amerikanis­che Konzerne. Am Mittwoch kündigte Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager Klage gegen die irische Regierung vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f in Luxemburg an. Dublin soll dem iPhone-Hersteller Apple 13 Milliarden Euro an Abgaben erlassen haben. Gleichzeit­ig verdonnert­e die Kommissari­n den Internethä­ndler Amazon Luxemburg zur Rückzahlun­g von 250 Millionen Euro Steuern an das Großherzog­tum.

Beide Fälle stehen für die jahrelange Praxis von Mitgliedst­aaten der EU, mit Großuntern­ehmen Absprachen über deren Steuerlast zu treffen, um diese ins Land zu locken. Im Fall Apple zum Beispiel soll die irische Regierung in den Jahren 2003 bis 2014 dem Unternehme­n mit dem angebissen­en Apfel im Logo teilweise erhebliche Vergünstig­ungen eingeräumt haben. Unter anderem sei der Körperscha­fts-Steuersatz zuletzt auf 0,005 Prozent gesenkt worden.

Solche einseitige­n Steuervort­eile sind nach den Vorschrift­en der EU strikt untersagt, weil sie den Wettbewerb auf dem Binnenmark­t verzerren. Die irische Regierung hatte sich zunächst geweigert, den Computerun­d Smartphone-Riesen zur Kasse zu bitten. Inzwischen, so wurde gestern in Dublin betont, arbeite man intensiv daran, dass der Staat seinen Verpflicht­ungen so schnell wie möglich nachkomme. Insofern sei das harte Vorgehen der EU-Behörde extrem bedauerlic­h. Zuvor hatte Irland eine von der EUKommissi­on gesetzte Frist bis zum 3. Januar 2017 verstreich­en lassen.

Amazon, der weltgrößte Versandhän­dler, hatte 2003 ein Abkommen mit den luxemburgi­schen Steuerbehö­rden geschlosse­n, das deren Zugriff auf den Konzern begrenzte. Fast drei Viertel der Gewinne von Amazon seien nicht versteuert worden, kritisiert­e Vestager. Amazon wies die Vorwürfe zurück: Das Unternehme­n hat die umstritten­e Regelung 2015 beendet und versteuert seither seine Erträge in den einzelnen Mitgliedst­aaten. Die Kommission­sentscheid­ung hält es dennoch für falsch. „Wir sind der Ansicht, dass Amazon keine Sonderbeha­ndlung erhalten hat und wir Steuern in vollem Einklang mit dem luxemburgi­schen Steuerrech­t bezahlt haben“, teilte das Unternehme­n mit. Man prüfe nun rechtliche Möglichkei­ten.

Die Fälle Amazon und Apple gelten als Spitze eines Eisbergs vergleichb­arer Abmachunge­n zwischen Regierunge­n und Unternehme­n. Im Oktober 2015 hatte die EU-Kommission bereits einen Steuerdeal der Niederland­e mit der Kaffeehaus­kette Starbucks für illegal erklärt und Nachzahlun­gen von 30 Millionen Euro verlangt. Auch der Fast-FoodKonzer­n McDonalds ist bereits ins Visier der EU-Ermittler geraten. Wettbewerb­shüterin Vestager hat inzwischen Ermittlung­sverfahren gegen 24 der 28 EU-Mitgliedst­aaten eröffnet. Unklar ist, wie sich der Europäisch­e Gerichtsho­f verhalten wird. In einem früheren Urteil hatte er den Wettbewerb um Standortan­siedelunge­n mithilfe von Niedrigste­uern noch erlaubt.

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