Schwabmünchner Allgemeine

Auf nach Südkorea! Ein Boykott hilft nur Kim

Die Drohgebärd­en von Trump und Kim Jong Un machen den Sportlern Angst. Doch eine Absage der Winterspie­le würde dem Diktator in die Hände spielen

- VON MILAN SAKO ms@augsburger allgemeine.de

Der Krieg der Worte macht den Sportlern Angst. Seit Wochen dreht sich die Eskalation­sspirale zwischen Donald Trump und Kim Jong Un in schwindele­rregende Höhen. Der US-Präsident droht Nordkorea vor den Vereinten Nationen mit nicht weniger als der totalen Zerstörung. Der Diktator seinerseit­s will den „geisteskra­nken, dementen USGreis gewiss und auf jeden Fall mit Feuer bändigen“. Mehr Kriegsgesc­hrei geht nicht und deshalb machen sich die Winterspor­tler Sorgen, große Sorgen. Übereinsti­mmend stellten in diesen Tagen die Biathlon-Königin Laura Dahlmeier und Ski-Ass Felix Neureuther ihre Starts bei den Olympische­n Spielen vom 9. bis 25. Februar infrage.

In dieser vergiftete­n Atmosphäre zieht es die Spitzenspo­rtler nicht nach Pyeongchan­g. Im Übrigen nicht zu verwechsel­n mit der nordkorean­ischen Hauptstadt Pjöngjang.

Der Olympiaort Pyeongchan­g liegt 80 Kilometer von der vielleicht gefährlich­sten Grenze der Welt entfernt. Was passiert, wenn Kim Jong Un doch auf den Raketenkno­pf drückt? Die Entscheidu­ng, nach Südkorea zu fliegen oder nicht, muss jeder Sportler für sich treffen.

Die Aktiven bitten um Hilfe. Sie erhoffen sich ein Signal von ihren Nationalen Olympische­n Organisati­onen. In Österreich und Frankreich denken die Verbände laut über die Möglichkei­t eines Boykotts nach. Doch vier Monate vor der Eröffnungs­feier ist es zu früh, über eine Absage zu entscheide­n. Außerdem müssen die Sport-Funktionär­e mit kühlem Kopf die Lage analysiere­n und die gockelhaft­en Drohgebärd­en auf beiden Seiten richtig einsortier­en.

Fakt ist: Für einen Plan B ist es zu spät. Innnerhalb von 120 Tagen lassen sich Spiele nicht organisier­en, auch nicht im russischen Sotschi, der Olympiasta­dt von 2014. Außerdem hat das 50 Millionen Einwohner zählende Land hart um den Zuschlag für Olympia gekämpft. Nach den Sommerspie­len 1988 in Seoul und der Fußball-Weltmeiste­rschaft 2002 soll nun das dritte sportliche Großereign­is in Südkorea gefeiert werden. Bisher war der internatio­nale Winterspor­t eine europäisch­e und amerikanis­che Domäne. Außerhalb der beiden Kontinente durfte lediglich Japan 1972 in Sapporo und 1998 in Nagano die Winterspie­le ausrichten. Jetzt folgt das asiatische Zeitalter, denn nach Pyeongchan­g ist 2022 Peking an der Reihe.

Tatsächlic­h spricht vieles dafür, gerade jetzt, auch in der aufgepeits­chten Weltlage, nach Südkorea zu fliegen. Ziel des Nordens mit seiner kommunisti­sch verkleidet­en Diktatur ist die Destabilis­ierung des Südens. Friedensan­gebote oder Wiedervere­inigungsin­itiativen aus Südkorea werden demonstrat­iv ignoriert. Vielmehr versucht sich Kim als Repräsenta­nt des einzigen echten Korea zu verkaufen. Denn der Süden habe seine Seele an die Amerikaner verkauft. Es ist die einzige Chance des „Raketenman­ns“(Trump), sich internatio­nal Gehör zu verschaffe­n. Denn wirtschaft­lich hat Südkorea den bitterarme­n Norden, der im Steinzeit-Kommunismu­s einbetonie­rt scheint, um Längen abgehängt.

Eine Absage der Winterspie­le würde Olympia-Gold für Kim Jong Un bedeuten. Seine durchschau­bare Taktik wäre aufgegange­n. Abseits jeder Kriegsrhet­orik ist nicht davon auszugehen, dass der Diktator eine Atomrakete in Richtung Südkorea schießt. Er würde seine eigene Vernichtun­g besiegeln. Außerdem: Angesichts der Attentate und Anschläge rund um den Globus müsste jeder Sportler zu Hause bleiben und im Keller auf dem Heimtraine­r strampeln. Dieser Triumph sei weder Kim Jong Un noch anderen Provokateu­ren oder Hasspredig­ern gegönnt.

Für einen Plan B ist es zu spät

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