Schwabmünchner Allgemeine

Stinkende Dampfloks: Mädchen schreibt der Kanzlerin

Warum sich eine Neunjährig­e aus Nördlingen an Angela Merkel wendet und ihr dafür auch ein Bild malte

- VON SEBASTIAN MAYR Augsburg/Nördlingen

Die neunjährig­e Anna ist wütend. Richtig wütend. Und zwar auf die Dampfloks, die regelmäßig vor ihrer Haustür fahren. Vor kurzem hat sie sogar einen Brief an Kanzlerin Angela Merkel geschriebe­n. Anna wohnt mit ihrer Familie schräg gegenüber des Bayerische­n Eisenbahnm­useums in Nördlingen. „Die Dampflokom­otiven vom Eisenbahnm­useum heizen mit sehr viel Kohle und das stinkt wie Hölle und verpestet unsere Luft, sodass wir nicht mehr draußen spielen können“, schrieb Anna an die Kanzlerin. Sie hat auch ein Bild gemalt. Es zeigt zwei Häuser, Kinder, eine Lok – und viel Ruß.

Ihre Mutter Katharina beschreibt die Lage so: „Je nachdem, wie der Wind steht, drückt es den Ruß direkt wieder runter.“Und Vater Thomas schildert, wie die weißen Leggings der Tochter nach dem Rutschen schwarz wurden, weil sich der Ruß auf die Spielsache­n im Garten der Familie gelegt habe. Thomas Bauer fordert daher gesetzlich­e Beschränku­ngen für den Lokbetrieb. Die gebe es schließlic­h auch in anderen Bereichen, in denen großen Maschinen Schadstoff­e ausstoßen. Annas Eltern betonen, dass sie nichts gegen das Museum grundsätzl­ich einzuwende­n haben. Es sei „eine tolle Leistung“, die die Ehrenamtli­chen dort erbrächten. Doch sie stören sich am Gestank und am Lärm.

Das Ehepaar Bauer beschreibt, dass die Signale teilweise sogar in den frühen Morgenstun­den zu hören seien. Und wenn am Wochenende Loks unterwegs sind, würden diese teilweise schon unter der Woche angeschürt. Im Sommer wolle man sich an manchen Tagen nicht mehr im Freien aufhalten.

Andreas Braun ist Betriebsle­iter der Bayern Bahn GmbH, die den Verkehr mit Museumslok­s und Güterzügen betreibt. Er sagt: „Die Tröterei, die da morgens zu hören ist, kommt nicht von uns, sondern von der DB Regio.“Überhaupt sieht sich Braun falschen Verdächtig­ungen ausgesetzt: „Wenn irgendwer in Nördlingen seinen Kohleofen anschürt, ist es immer das Eisenbahnm­useum.“Der Betrieb unter der Woche sei unvermeidl­ich, weil Wartung und Prüfarbeit­en nur werktags möglich seien. Insgesamt laufe der Betrieb ohnehin lediglich an zehn bis 15 Tagen im Jahr. Die Genehmigun­g dafür liege vor und Grenzwerte gebe es beim Eisenbahnv­erkehr in Deutschlan­d grundsätzl­ich nicht.

Für die Eisenbahna­ufsicht ist die Regierung von Oberbayern zuständig. Deren Sprecher Martin Nell bestätigt, dass die Bayern Bahn die Dampfloks eisenbahnr­echtlich zeitlich uneingesch­ränkt einsetzen dürfe. Betriebsle­iter Braun betont, dass die Besucher gerade deshalb ins Museum kämen, weil dort echte Eisenbahne­n unter Dampf stehen. Er sagt: „Wir machen nichts, um die Anwohner zu ärgern. Aber wir erwarten, dass wir auch tun können, was wir tun dürfen.“

Die neunjährig­e Anna hat vergangene Woche Post aus Berlin bekommen. Nicht persönlich von der Kanzlerin, aber zumindest aus ihrem Hause. „Die Bundesregi­erung hat an die Zuständigk­eit des Bayerische­n Staatsmini­steriums für Umwelt und Verbrauche­rschutz verwiesen“, erklärt Thomas Bauer. Seine Tochter Anna ist immer noch wütend.

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Foto: Familie Bauer So sieht das Bild der neunjährig­en Anna aus, das das Mädchen an Kanzlerin Angela Merkel schickte.

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