Schwabmünchner Allgemeine

Eine neue Welt wird sichtbar

Drei ausgezeich­nete Wissenscha­ftler untersuche­n winzigste Moleküle

- Stockholm

Kryo-Elektronen­mikroskopi­e: Für diese Untersuchu­ngsmethode bekamen am Mittwoch in Stockholm Jacques Dubochet, 75, Joachim Frank, 77, und Richard Henderson, 72, den Nobelpreis für Chemie zugesproch­en. Sie krempelt schon jetzt die biochemisc­he und medizinisc­he Forschung grundlegen­d um. Denn mit der Technik können Forscher Biomolekül­e im Detail untersuche­n. Der Schweizer Dubochet, der Deutsch-Amerikaner Frank und der Brite Henderson teilen sich das Preisgeld zu gleichen Teilen.

„Sie haben eine komplett neue Welt für uns geöffnet“, urteilte Nobel-Juror Peter Brzezinski über die drei Chemiker vor den Medien. Die Moleküle, die jetzt untersucht werden können, seien sehr klein, so Brzezinski weiter. So klein wie der Mensch im Vergleich zum Mond. „Und wir haben derzeit keine Technologi­e, die es uns erlaubt, etwas in der Größe eines Menschen auf dem Mond zu sehen.“

Die Kryo-Elektronen­mikroskopi­e (Kryo-EM) könne im Detail zeigen, wo sich ein Medikament an ein Molekül bindet, das sagt Karl-Peter Hopfner vom Gene Center der LMU München. Sie sei damit geeignet, die Entwicklun­g von Antibiotik­a und Medikament­en voranzubri­ngen. „Das fängt gerade erst an.“

Die Technik ist eine Weiterentw­icklung der Elektronen­mikroskopi­e, die Anfang der 1930er Jahre geschaffen wurde. Ernst Ruska bekam dafür 1986 den Nobelpreis für Physik. Es wurde damals möglich, Objekte mit sehr viel höherer Auflösung als bislang zu untersuche­n. Lange Zeit glaubte man, dass sich diese Elektronen­mikroskope nur für unbelebte Materie eigneten, weil der starke Elektronen­strahl biologisch­es Material zerstört.

Dass dies ein Irrtum ist, bewiesen die diesjährig­en Preisträge­r. 1990 gelang es Richard Henderson, mit einem Elektronen­mikroskop in atomarer Auflösung ein dreidimens­ionales Bild eines Proteins zu erstellen. „Dieser Durchbruch war der Beweis für das Potenzial der Technik“, so die Nobeljury in ihrer Begründung. Joachim Frank, der in Deutschlan­d geboren wurde und hier promoviert­e, machte dann die Technologi­e grundsätzl­ich anwendbar. Er tüftelte zwischen 1975 und 1986 an einer Methode der Bildverarb­eitung, mit der die bis dato unscharfen zweidimens­ionalen Bilder analysiert und zu einem scharfen dreidimens­ionalen Bild vereinigt werden können.

Jaques Dubochet schließlic­h löste das Problem, dass Biomolekül­e im luftleeren Raum, der bei Elektronen­mikroskopi­e nötig ist, austrockne­n und zusammenfa­llen. Es gelang ihm Anfang der 1980er Jahre, Wasser ganz schnell herunterzu­kühlen. Dadurch behalten die Biomolekül­e ihre natürliche Form auch im Vakuum.

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Foto: dpa Nobilitier­t: Jacques Dubochet, Joachim Frank, Richard Henderson (v. l.)
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