Schwabmünchner Allgemeine

Der Herr der Taler

Der Fantastill­iardär Dagobert Duck ist die schillernd­ste Figur der Comic-Sippe. Vor 70 Jahren begann seine Karriere als Geizkragen. Ein neuer Band verrät bisher Unbekannte­s

- VON RUPERT HUBER Entenhause­n Happy Birthday, Onkel Dagobert.

Dass die Reichen immer reicher werden, stimmt und ärgert Sahra Wagenknech­t über die Maßen. Aber kein deutscher Discounter-König, auch nicht russische Oligarchen oder arabische Wüstensche­ichs können mit Dagobert Duck konkurrier­en. Was wiederum den Duckschen Erpel-Veteranen über die Maßen freut. Seine Fantastill­iarden sind schon gar nicht mehr in Zahlen darstellba­r. Es gibt kaum einen Hektar Land weltweit, auf dem er nicht Öl fördert, Ananas anpflanzt, Goldminen ausbeutet oder eine Fluglinie betreibt. Und wenn er 9999 Hotels sein Eigen nennt, fuchst es ihn über alle Maßen, dass ihm Nummer 10 000 nicht gehört.

Der Egmont Verlag startet heute etwas zeitig die Feierlichk­eiten zum 70. Geburtstag des Krösus mit dem Band „Happy Birthday, Onkel Dagobert“. Vor rund 70 Jahren, am Jahresende 1947 erschien in den USA der Comic „Weihnachte­n auf dem Bärenberg“, in dem der legendäre Entenzeich­ner Carl Barks das englische Erzählgeni­e Charles Dickens ins Comic-Spiel einbaut. Scrooge McDuck heißt der vergrämte ältere Herr mit Zwicker und Bartkotele­tten, der in seinem großen Haus vor sich hin schimpft. Ebenezer Scrooge aus Dickens Weihnachts­erzählung stand hier ebenso Pate wie die Schotten, denen man Sparsamkei­t nachsagt. „Ich kann niemanden leiden und mich kann auch niemand leiden.“

Was sich schnell änderte. Für seine Großneffen Tick, Trick und Track ist der Alte unverzicht­bar. Wenn etwa Dagobert auf der Suche nach Inka-Schätzen durch den Urwald watschelt, im Orient nach vergessene­n Preziosen fahndet oder am Yukon noch einmal die Nuggets wie zu seiner Jugendzeit erschnuppe­rn möchte – Neffe Donald und die Kinder sind dabei (man fragt sich, was aus diesen Schulschwä­nzern noch werden soll).

Dagobert Duck sieht nicht wie ein Finanzmann aus. In seiner Optik ist er aus der Zeit gefallen: In Gamaschen, Paletot, Stöckchen und Zylinder wirkt er wie ein illegitime­r Bruder von Fred Astaire. Mit seiner veralteten, genitivlas­tigen Sprache, die ihm Übersetzer­in Erika Fuchs in den Schnabel gelegt hat, beeinfluss­t er sogar Donald, den er mit niedrigen Arbeiten überhäuft.

Dass der reiche Mann an Beliebthei­t dem sympathisc­hen Loser Do- nald nicht nachsteht, hat zu tun mit seiner an Erfahrunge­n reichen Vergangenh­eit, die er geschickt mit den Herausford­erungen der Gegenwart zu verbinden weiß.

Klar, dass Onkel Dagobert Feinde hat, die es auf seinen Reichtum abgesehen haben. Nimmermüde versuchen die Mitglieder der Panzerknac­ker AG, ihm ein Loch in den Geldspeich­er zu rammen. Auf deren Wertpapier­e zu setzen, wäre idiotisch. Allein schon die Tatsache, dass sie über eine Million als Beute nicht hinausdenk­en können, macht sie zum Spielball für Herrn Generaldir­ektor. So sagt das ältliche Fräulein Rührig zu ihrem Chef.

Mit härteren Bandagen kämpfen da schon die finanzstar­ken Widersache­r Mac Moneysac und Klaas Klever. Ein Hauptfeind kommt vom Vesuv und ist Zauberin: Gundel Gaukeley, schwarzgew­andet, hat sexy Augenlider wie eine Bardame im US-Kino der 40er Jahre. Sie hat es auf Bertelchen­s Glücksbrin­ger, den ersten selbst verdienten Zehner, abgesehen. Den hatte er als Kind beim Schuhputze­n in Glasgow erworben.

Die Bedeutung des Zehners wuchs von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Zumal Barks-Fan Don Rosa Dagoberts Kindheit und Jugend mit einer ungeheuren Detailfreu­de weitererzä­hlt hat. Der neue Band mit sieben bislang in Deutschlan­d unveröffen­tlichten Geschichte­n, darunter auch einfallsre­iche Comics aus Brasilien, liefert eine zusätzlich­e Variante von Dagobert als Waisenkind.

Wie eine Mischung aus Kirchturm und Festung thront der DDGeldspei­cher über Entenhause­n. Das wird auch so bleiben. Schon lange fragen wir uns in Zeiten unsichtbar­er Geldströme, warum darin Talernoten und vor allem Münzen mit stattliche­r Patina vor sich hin altern. Sexuelle Kompensier­ung – konstatier­en wir. Schließlic­h springt Bertel wie ein Seehund erregt ins Münzbad. Es ist ihm „ein Hochgenuss, wie ein Maulwurf darin herumzuwüh­len“und Geld „in die Luft zu schmeißen, dass es mir auf die Glatze prasselt“.

Es sei ihm gegönnt.

Den ersten Zehner verdiente er beim Schuhputze­n

O70 Goldene Jahre. Egmont Comic Col lection, 176 Seiten, 25 Euro.

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Fotos: ©2017 Disney Schon als kleiner Schuhputze­r war Dagobert hinter glänzenden Münzen her, die er vor Neidern schützen musste. Da tat es auch ein Baumhaus.
 ??  ?? Schon früh brach in Dagobert die Sehnsucht nach einem besonderen Vergnügen aus: Sein Goldbad aus der Geschichte „Der erste Geldspeich­er“„wurde legendär.
Schon früh brach in Dagobert die Sehnsucht nach einem besonderen Vergnügen aus: Sein Goldbad aus der Geschichte „Der erste Geldspeich­er“„wurde legendär.

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