Wenn das Fräulein und der Brecheisen…
Harald Brecheisen und David Jahnke haben zusammen ein Album eingespielt. Ihre Arbeitsweise ist strikt gegliedert. Erst produziert der eine die Musik, Stücke, die nach 1980er Jahren klingen, dann textet der andere
Sie ist da, die erste Veröffentlichung des hochgelobten und viel beachteten Augsburger Musikprojektes Fräulein Brecheisen. Mit gut 35 Minuten weist das Album „Supergrattler“, erhältlich als Vinyl, CD und Download, fast die übliche AlbumLänge auf, zehn Stücke, die nach dem Hören die Welt ein wenig anders aussehen lassen.
„Morgens im Bad da stell ich fest/ Dass mein Körper voller Werbung ist/ Mir wurde ein Chip implantiert/ Meine linke Hand ist zum Smartphone mutiert“
aus: „Bad Disko“
Gegründet wurde Fräulein Brecheisen im Jahr 2014. Zunächst und eigentlich immer noch als Soloprojekt mit Kollektivcharakter gedacht, entsprang Fräulein Brecheisen dem Wunsch des Musikers Harald Brecheisen, die eigenen Ideen umzusetzen. „Ohne Kompromisse und langatmige Diskussionen“, sagt der Musiker.
Die Songs, die sich musikalisch insbesondere an Titelmelodien be- kannter Serien der 1980er Jahre wie „Miami Vice“oder „Magnum“orientieren, werden von Harald am Computer vorproduziert. Obgleich Brecheisen Gitarrist ist, stehen die Synthesizer im Vordergrund. „Erst die Bassline, dann die Drums, dann die Synthies“, erklärt er. „Die Gitarre kommt beim Songschreiben als allerletztes.“Wenn diese „völlig überproduzierte Musik der 1980er“, wie Harald seine Stücke mit eigenen Worten beschreibt, komplett fertiggestellt ist, kommt der zweite tragende Mann des Projektes ins Spiel.
„Die Füße heiß gelaufen/ Ja was glaubst du wer du bist/ Gut verboten schlecht erlaubt/ Aber der Aufstand der bleibt aus“
aus: „Dystopie“
David Jahnke, seines Zeichens Mitinhaber des Plattenlabels „In Gute Hände“, ist das Fräulein. Bildlich in Kleidchen und überschminkt, wie auf dem Plattencover zu sehen. Er ist der Mann, der für die Texte verantwortlich zeichnet, Texte, die im krassen Gegensatz zur tanztauglichen Musik stehen mit voller, zorniger Absicht. „Die Texte brechen bewußt mit dieser eingängigen Musik, die gewöhnlich mit nichtssagenden Inhalten arbeitet“, freut sich Jahnke. „Ich komme aus dem Punk, bin ein kritischer Mensch und muss das einfach tun.“Ob das vom Publikum so wahrgenommen wird? „Ich weiß nicht, ob ich mit meinen Texten etwas ändere, aber ich habe wenigstens das Maul aufgemacht“, ist seine entwaffnende Antwort.
Es ist eine gelungene Mischung, die sich da auf dem Tonträger findet. Der perfekt produzierte Sound der 1980er Jahre geht eine wunderbare Symbiose mit den teils aggressiv dargebotenen Texten ein, die der Welt den gnadenlosen Spiegel vorhalten. Was dem Ganzen einen innovativen und einzigartigen Charakter verleiht. Um es mit Harald Brecheisens Worten auf den Punkt zu bringen: „Wenn einer keinen Bock auf politische Texte hat, kriegt er immer noch ’nen guten Groove. Wer Bock drauf hat, hinzuhören, kriegt die guten Texte noch dazu.“
Am 6. Oktober ist der offizielle Veröffentlichungstermin, der „Supergrattler“auf allen Plattformen erhältlich machen wird. Einen Abend darauf, also am 7. Oktober, feiert Fräulein Brecheisen den Release mit einem Konzert im Provino Club.