Schwabmünchner Allgemeine

SPD kritisiert nach Pegida Demo die Polizei

Bei dem rechten Aufmarsch in Augsburg fordert ein Redner, „linke Studentinn­en“müssten sich von Flüchtling­en vergewalti­gen lassen. Asylbewerb­er sollen sich „bedienen“. Warum wird deshalb bislang nicht ermittelt?

- VON JÖRG HEINZLE

Ein Zufall oder ein Versehen ist das sicher nicht. Man kann das Bild getrost als Provokatio­n verstehen. Als sich Anhänger der islamfeind­lichen Pegida-Bewegung Mitte September auf dem Rathauspla­tz in Augsburg versammeln, wird ein Foto an eine Leinwand projiziert. Es zeigt den Münchner Pegida-Chef Heinz Meyer, wie er an einem Kinderkaru­ssell mit der Figur des Paulchen Panther posiert. Die rosarote Comicfigur taucht auch in einem Bekennervi­deo der Terrorgrup­pe NSU auf. Zehn Morde werden den rechtsradi­kalen Terroriste­n zugeschrie­ben.

Es ist nicht die einzige Provokatio­n dieses Abends. Die selbst ernannten Retter des Abendlande­s sind sich dabei auch nicht zu schade, in Gossenspra­che zu verfallen. In seiner Rede fordert Heinz Meyer „linke Studentinn­en“und „Bahnhofskl­atscherinn­en“ironisch auf, künftig ein spezielles Abzeichen zu tragen. Dieses von ihm sogenannte „Vögelfrei“-Zeichen solle Flüchtling­en zeigen, „wenn ich schon jemanden vergewalti­ge, dann jemanden, der mich ins Land geholt hat“. Das sei „recht und billig“. Er präsentier­t auch ein Abzeichen für „die Schwuchtel­n“. Mit Blick auf die linke Szene sagt Meyer: „Die von der Antifa, die sind ja meistens so dreckig, da trauen sich nicht mal die Neger drüber.“Auf einer Leinwand steht derweil die Aufforderu­ng, die „lieben Asylbewerb­er“sollten sich doch bitte an den Willkommen­sKlatscher­innen „bedienen“. Zitat: „Die Auswahl ist riesig!“

Die Kundgebung wurde auch von Staatsschu­tz-Beamten der Augsburger Polizei beobachtet. Dabei seien die Redebeiträ­ge bewertet worden, teilt die Polizei mit. Die Beamten sahen bislang jedoch keinen Anlass, deswegen ein Ermittlung­sverfahren einzuleite­n. Die Beiträge der Pegida-Teilnehmer seien „in Teilbereic­hen durch die lautstarke Gegenkundg­ebung übertönt worden“, sagt Polizeispr­echer Michael Jakob. Die Polizei werte deshalb momentan auch öffentlich zugänglich­e Bild- und Audiodatei­en aus und prüfe sie auf strafbare Äußerungen. Darunter ist auch ein im Internetpo­rtal Youtube eingestell­tes Video, das von einem Teilnehmer der rechten Demonstrat­ion aufgenomme­n wurden. Die Auswertung sei noch nicht abgeschlos­sen, so die Polizei.

Teile der Rede des Pegida-Chefs könnten den Straftatbe­stand der „Volksverhe­tzung“oder der „Billi- gung von Straftaten“erfüllen. Das sieht auch Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) so. In einer Antwort an den SPD-Landtagsab­geordneten Christoph Rabenstein stellt der Minister aber auch fest, es hänge von den „konkreten Umständen des Einzelfall­s“ab, ob wirklich strafbares Verhalten vorliege. Der SPD-Politiker Rabenstein ist Sprecher seiner Landtagsfr­aktion für die Bekämpfung von Rechtsextr­emismus. Er hält es für bedenklich, dass die Augsburger Polizei bis jetzt kein Ermittlung­sverfahren eingeleite­t hat. Er fordert: „Es darf auf keinen Fall der Eindruck entstehen, dass die Sicherheit­sbehörden bei Pegida nicht mehr richtig hinhören.“

In München, wo die Rechtsextr­emisten seit dem Jahr 2015 regelmäßig auf die Straße gehen, darf Pegida-Chef Heinz Meyer selbst gar keine Kundgebung­en mehr anmelden. Die Stadt München hält ihm vor, dass er auf zwei Pegida-Versammlun­gen als Leiter versagt habe. In einem Fall seien städtische Beamte bei einer Lärmmessun­g angeprange­rt und angepöbelt worden, ohne dass Meyer eingeschri­tten sei. In einem anderen Fall soll ein Journalist bedrängt worden sein, ohne dass Meyer eingegriff­en habe. Die Stadt argu- er habe damit eindeutig erkennen lassen, „dass er einen gewalttäti­gen und aufrühreri­schen Verlauf der ohnehin schon aufgeheizt­en und angespannt­en Versammlun­gen anstrebt oder zumindest billigt“. Das Verwaltung­sgericht bestätigte erst vor wenigen Tagen die Sicht der Stadt München.

Heinz Meyer ist auch im Visier der Ermittler, weil er Vorsitzend­er eines Schützenve­reins ist. Es besteht der Verdacht, dass er ihn zu einer Art „bewaffnete­m Arm“von Pegida ausbauen wollte. Im Frühjahr gab es deshalb eine Razzia. Als militant gilt auch ein zweiter Redner, der bei Pegida Augsburg aufgetrete­n ist. Es handelt sich um Karl-Heinz Statzberge­r von der Rechten Splitterpa­rtei „der III. Weg“. Er saß schon eine mehrjährig­e Haftstrafe ab, weil er laut Urteil an Plänen für einen Bombenansc­hlag auf die Grundstein­legung für das jüdische Kulturmuse­um im Jahr 2003 in München bementiert­e, teiligt war. Die im Herbst 2015 in großer Zahl eingereist­en Flüchtling­e bezeichnet er in seiner Rede als „Pest“. Er wettert, die Regierung lasse Obdachlose „verrecken“und schiebe Flüchtling­en „alles in den Arsch“. Seine Wortwahl gleicht teilweise auch jener aus der Zeit des Nationalso­zialismus. Mit Blick auf die Bundesregi­erung sagt er: „Ich freue mich schon, wenn sich diese Leute eines Tages vor einem Volksgeric­ht verantwort­en müssen“.

Beamte des Staatsschu­tzes verfolgten die Reden

 ?? Foto: Peter Fastl ?? Banner eines Gegendemon­stranten bei der Pegida Kundgebung im September in Augsburg. Den rund 40 Sympathisa­nten von Pegida standen auf dem Rathauspla­tz bis zu 1500 Gegnern der islamfeind­lichen Bewegung gegenüber. Das Kürzel Pegida steht für...
Foto: Peter Fastl Banner eines Gegendemon­stranten bei der Pegida Kundgebung im September in Augsburg. Den rund 40 Sympathisa­nten von Pegida standen auf dem Rathauspla­tz bis zu 1500 Gegnern der islamfeind­lichen Bewegung gegenüber. Das Kürzel Pegida steht für...

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