Schwabmünchner Allgemeine

Brunsbütte­l liegt mitten in Schwabmünc­hen

Liedermach­er und Kabarettis­t Weiherer tritt im Germar’s mit seiner ureigenste­n Art zum 15. Bühnenjubi­läum auf. Auch Alexander Dobrindt spielt dabei eine gewichtige Rolle

- VON UWE BOLTEN Schwabmünc­hen

Vollkommen­e Stille herrscht im Raum. Kurz zuvor konnten sich die 130 Gäste vor Lachen im Germar’ s kaum halten. Jetzt spielt Weiherer sein letztes Lied. Nicht auf der Bühne durchs Mikrofon, sondern ohne Hilfsmitte­l im Publikum. Alle hören gebannt seiner musikalisc­hen Selbstrefl­exion zu, wann für ihn alles „Ned so schlimm“sei.

„Dies kannst du als Künstler nur dann machen, wenn du merkst, dass ein Publikum wie hier in Schwabmünc­hen ganz bei dir ist“, sagt er nach dem Konzert im Gespräch mit unserer Zeitung. Dabei hat Weiherer nicht nur gute Erinnerung­en an die Stadt. Immerhin habe man ihm beim Auftritt im Rahmen der Comedy-Nacht vor Jahren in der Stadthalle seinen gesamten Merchandis­e-Stand gestohlen.

Fast drei Stunden unterhält Weiherer die Zuhörer, dann ist nach seinen eigenen Worten „das Eintrittsg­eld aufgebrauc­ht“. In dieser Zeit spielt er die Höhepunkte von 15 Jahren Bühnenprog­ramm, die an Aktualität kaum verloren haben. „Bei einigen Liedern braucht man nur Namen auswechsel­n, und schon spielen sie im Hier und Jetzt“, erklärt Weiherer in seiner typischen Art, die mit intensiver Mimik und Gestik jedes Wort unterstrei­cht.

Weiherer, mit seiner Mischung aus gnadenlose­r Darstellun­g der Doppelmora­l im täglichen Wahnsinn, schwarzem Humor und einem guten Schuss jugendlich­em Lausbuben-Charme, trifft den Nerv der Zuhörer. Seine aus dem Leben gegriffene­n Geschichte­n zwischen den Liedern, die vor Situations­komik strotzen, begeistern das Publikum. Scheinbar belanglose Sätze beschreibe­n durch kleine Ergänzunge­n gefolgt von Kunstpause­n komplexe Zusammenhä­nge.

„Ich bin kein Mahner“, sagt Weiherer. Er stelle Situatione­n dar, wie er sie erlebt, ohne Masterplan. „Ich möchte auf unterhalts­ame Weise zum Nachdenken anregen“, erläutert er.

Auch die an der Elbmündung an der Nordsee gelegene Stadt Brunsbütte­l spielt bei ihm eine zentrale Rolle. Vor Jahren regte Weiherer das Publikum an, an den Kassen der von Verbrauche­rmärkten auf die Frage des Personals nach der Postleitza­hl, die 25541 für Brunsbütte­l anzugeben. Diese Nummer hat mittlerwei­le Kultstatus. Auch im Germar’s fordert der Wahlmünche­ner die Zuhörer vehement auf, es ihm gleichzutu­n. „Wenn ich das alleine mache, bringt es nicht viel. Wenn ihr aber alle . . .“, bricht er den Satz ab und überlässt dem Publikum die Pointe.

Mittlerwei­le ist nahezu sein gesamtes Sortiment an Merchandis­eArtikel wie T-Shirt, Kaffeetass­en (BrunsBeche­r) und Baumwoll-Einkaufsbe­utel (BioBrunsBe­utel), dessen Präsentati­on ebenso zur Comedy-Einlage wird, auf diese äußerst erfolgreic­he Nummer aufgebaut. „Man könnte schon sagen, die Brunsbütte­lianer sind wie eine Sekte“, gibt er feixend unter großem Gelächter der Zuhörer zum Besten.

Auch Alexander Dobrindt findet im Programm viel Platz. Seit seinem Ausspruch als CSU-Generalsek­retär vor sechs Jahren auf einem Parteitag, dass wer gegen Atomkraft und Stuttgart 21 sei bald Minarette im Vorgarten habe, gehört der Politiker fest zum Bestandtei­l von Weiherers gnadenlose­r Systemkrit­ik. In „Is des nu mei Hoamat“verarbeite­t er seine Beobachtun­gen musikalisc­h.

Die sarkastisc­h-humoristis­chen Anteile seines Auftrittes täuschen nicht über die Tiefe und Emotionali­tät seiner Lieder hinweg. Mal kraftvoll geschlagen wie am Lagerfeuer, mal filigran gezupft in der besten Tradition des traditione­llen Liedermach­ers bereitet sich Weiherer selber mit Gitarre und Mundharmon­ika den Klangteppi­ch für die vom Protest, über fragenden Beobachtun­gen der Realität bis zu lyrischen Betrachtun­g von Beziehunge­n getragenen Lieder.

Mit dem begeistert­en Applaus, der nach dem letzten Stück die Stille im Raum mit immenser Lautstärke durchbrich­t, wird wieder deutlich: Weiherer passt in keine Schublade, es sei denn, sie ist mit seinem Namen beschrifte­t.

„Bei einigen Liedern braucht man nur Namen auswechsel­n, und schon spielen sie im Hier und Jetzt.“

 ??  ?? Weiherer begeistert mit Geschichte­n, Liedern sowie unvergleic­hlicher Mimik und Gestik das Publikum im Germar’s.
Weiherer begeistert mit Geschichte­n, Liedern sowie unvergleic­hlicher Mimik und Gestik das Publikum im Germar’s.
 ?? Fotos: Uwe Bolten ?? Die Postleitza­hl von Brunsbütte­l, spielt auch in Schwabmünc­hen eine zentrale Rol le.
Fotos: Uwe Bolten Die Postleitza­hl von Brunsbütte­l, spielt auch in Schwabmünc­hen eine zentrale Rol le.
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