Hier wird das Miteinander jeden Tag gelebt
Im Förderzentrum begegnen sich Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung völlig ungezwungen. Die Einrichtung in Göggingen öffnet am Samstag ebenso ihre Türen wie die Geriatrische Klinik
So sieht es im Idealfall aus, was Pädagogen und Soziologen unter Inklusion verstehen: Am Rand der Grünfläche steht ein blinder Junge und hält sich schüchtern lächelnd an seinem Rollator fest. Ganz sicher, wohin mit sich, ist er nicht. Dann kommt die Erzieherin, nimmt ihn hoch und trägt ihn auf die große Schaukel, auf der schon vier andere Kinder toben. Und mit einem Mal wird der blinde Junge ein spielndes, lachendes Kind wie alle anderen.
In den Kindergarten- und Hortgruppen des Hessing-Förderzentrums für Kinder und Jugendliche begegnen sich Kinder mit und ohne Behinderung alltäglich und völlig ungehemmt. Im inklusiven Kinderhaus des Zentrums gelten zwei Drittel der Kinder als sogenannte Regelkinder, während die übrigen einen besonderen Förderbedarf mitbringen. Neben körperlichen Behinderungen bringen die Kinder Entwicklungs-, Aufmerksamkeits- und Verhaltensstörungen mit. Individuell gefördert werden sie von einem breiten Team aus Fachärzten, Therapeuten, Psychologen und Pädagogen. Dabei liegt den Mitarbeitern vor allem die individuelle Betreuung am Herzen. „Wir schauen auf das einzelne Kind und konzentrieren uns bei unserer Arbeit darauf, dass wir jedes Kind so fördern, wie es den jeweiligen Notwendigkeiten entspricht“, erklärt Silvia Reißner, die das inklusive Kinderhaus des Zentrums leitet.
Die Regelkinder müssen sich dabei nicht vernachlässigt fühlen. Auch sie genießen die umfassende Fürsorge durch all die Fachkräfte, die sich hier versammeln. Vor allem die Kinder Empathie und die „Anerkennung von Vielfalt“, betont Dr. Gabriele Brandstetter, Leiterin des Förderzentrums. Da die Kinder noch keine Gedanken an Leistungsfähigkeit und Schwächen verlieren, gehen sie ohne Vorbehalte miteinander um. Während es in anderen Kindergärten schwer angesagt ist, dass die Kinder mit Fremdsprachen in Kontakt kommen, um sich auf die anstehende Schulkarriere vorzubereiten, legt man hier Wert auf eine der Sozialkompetenzen der Kinder. Der Begriff des Normalen bekommt für die Jungs und Mädchen eine andere Bedeutung. Hier steht ein Rollstuhl ganz selbstverständlich neben einem Kinderwagen.
Neben dem Kinderhaus wird die Einrichtung von zwei weiteren Säulen getragen. Da ist zum einen die interdisziplinäre Frühförderstelle. Hier werden Kinder mit drohender Behinderung bis zum Einschulungslernen alter therapiert, auch mit Hausbesuchen in Kindertagesstätten, damit sie einen möglichst normalen Alltag erfahren dürfen. „Warum sollte ein Kind mit Behinderung das anders erleben?“, fragt Brandstetter. Der dritte Schwerpunkt der Einrichtung liegt im sozialpädiatrischen Bereich. Dort findet eine mehrdimensionale Diagnostik und Therapie statt.
Diesen Samstag, 7. Oktober, feiert das Hessing-Förderzentrum für Kinder und Jugendliche sein 50-jähEntwicklung riges Bestehen mit einem Tag der offenen Tür. Von 10 bis 16 Uhr können Interessierte einen Eindruck bekommen, wie Inklusion gelingt.
Am selben Tag wird die HessingKlinik für Geriatrische Rehabilitation 20 Jahre und öffnet ebenfalls ihre Pforten. Die Besucher erwartet von 10 bis 16 Uhr unter anderem ein Senioren-Check sowie Führungen durch Bereiche der Reha-Klinik, die Tagesklinik und das ambulante Therapiezentrum.