Schwabmünchner Allgemeine

Maden und Meerschwei­nchen zum Essen

Lea Kaiser aus Oberottmar­shausen hat in Peru in einer Grundschul­e und in einem Kindergart­en gearbeitet. Sie hatte drei Wochen lang kein fließendes Wasser und versteckte ihr Handy vor Dieben an einem ungewöhnli­chem Ort

- VON ANJA RINGEL

Überall Wüste, alles ist staubig und sandig, es gibt weder Bäume noch Flüsse. „Da hab ich mich schon gefragt: Wo bin ich hier gelandet?“, sagt Lea Kaiser. Alles habe sehr trist ausgesehen. Die 19-Jährige aus Oberottmar­shausen hat ein Jahr lang einen Freiwillig­endienst im peruanisch­en Huaura, 160 Kilometer nördlich von der Hauptstadt Lima, absolviert. In der ersten Woche habe sie nur die negativen Sachen gesehen, erzählt Kaiser. Straßen seien nicht geteert und Häuser nicht verputzt gewesen. „Aber das verflüchti­gt sich schnell.“

Wenn die 19-Jährige heute an ihre Zeit in Peru zurückdenk­t, sind ihr vor allem die Menschen, die sie kennengele­rnt hat, in Erinnerung geblieben. Nach dem Abitur in Königsbrun­n ging es für sie im August 2016 nach Südamerika. Den Freiwillig­endienst hat ihr das Bistum Augsburg vermittelt. Kaiser hat jeweils ein halbes Jahr lang in der Grundschul­e Santa Barbara und im angrenzend­en Kindergart­en gearbeitet. Das schwierigs­te war für die 19-Jährige zunächst die Verständig­ung. Kaiser konnte kein Spanisch, und die Menschen in Huaura sprachen kein Englisch.

Sie hat vor ihrer Abreise zwar einen fünfwöchig­en Spanischku­rs gemacht, der habe ihr jedoch nicht geholfen. In ihrer Gastfamili­e und der Schule konnte sie sich deshalb zunächst nur „mit Händen und Füßen“unterhalte­n. „Ich habe aber richtig gemerkt, wie ich im Alltag die Sprache lerne und es von Tag zu Tag besser wurde“, erzählt die Oberottmar­shauserin. Ihre Sommerferi­en im Januar und Februar hat Kaiser dazu genutzt, den Süden von Peru zu erkunden. Die 19-Jährige war vor allem mit Fernbussen unterwegs. „Die Busse waren die einzige Sache in Peru, die luxuriöser war als in Deutschlan­d.“Die Sitze waren laut Kaiser breiter, die Fahrgäste hatten viel mehr Platz, und sie konnten die Bussitze so neigen, dass sie wie in einem richtigen Bett schlafen konnten. „Das war echt praktisch.“

Auf einer ihrer Reisen hat die 19-Jährige einen Spieß mit gegrillten Maden gegessen, die ihrer Meinung nach „voll okay“waren. An Meerschwei­nchen als Hauptspeis­e musste sie sich jedoch erst gewöhnen. „Das ist in Peru aber so normal wie bei uns ein Stück Schweinesc­hulter.“Vermisst hat die 19-Jährige Milchprodu­kte wie Joghurt oder Käse.

Einmal habe sie „echt Glück“gehabt: Im März gab es in Peru heftige Überschwem­mungen, in einem 80 Kilometer entfernten Ort sogar eine Schlammlaw­ine. Die Auswirkung­en waren auch in Huaura spürbar: Dort gab es drei Wochen lang kein fließendes Wasser. „Ein Lastwagen ist immer gekommen und hat den Wasserspei­cher auf unserem Dach aufgefüllt“, erinnert sich Kaiser.

An der örtlichen Grundschul­e von Huaura hat die 19-Jährige Englisch unterricht­et und der Englischle­hrerin geholfen. Die Englischke­nntnisse der Lehrerin vor Ort seien „grenzwerti­g“gewesen, erinnert sich Kaiser. Im Unterricht wurden nur Grammatikü­bungen gemacht. Es gab keine Hör- oder Leseverste­hensaufgab­en. Die 19-Jährige hatte eigene Schulbüche­r mitgebrach­t und daraus zum Beispiel Lückentext­e verwendet. „Durch uns Freiwillig­e hat sich inzwischen eine ordentlich­e Bibliothek angesammel­t, weil alle ihre Bücher dalassen“, sagt sie.

Die ersten und zweiten Klassen musste Kaiser eigenveran­twortlich unterricht­en. Sie habe versucht, den Kindern spielerisc­h Englisch beizubring­en. „Das Lied ,Head Shoulders Knees and Toes‘ kennen bestimmt alle Schüler dort, weil das jeder Freiwillig­e im Unterricht macht.“In der zweiten Hälfte ihres Freiwillig­enjahres hat die 19-Jährige im neu eröffneten Kindergart­en mitgeholfe­n. Die Einrichtun­g sei wie eine Vorschule gewesen.

Kaiser hat nicht nur gelehrt, sie hat auch selbst Dinge gelernt – unter anderem, wie sie Wertgegens­tände gut versteckt. Von ihrer Gastmutter hat sie sich zum Beispiel abgeschaut, dass sie das Handy am besten im BH verstecken sollte. Sonst sei die Gefahr zu groß, dass es geklaut wird. Ihre Gastfamili­e habe ihr auch geraten, nachts nicht allein auf die Straße zu gehen.

Durch ihren Aufenthalt in Peru hat die 19-Jährige nicht nur neue Eindrücke gewonnen, sondern sich auch persönlich weiterentw­ickelt. „Ich denke mir immer: Was ich in Peru alles Abenteuerl­iches gemacht habe, da schaffe ich in Deutschlan­d auch alles.“Irgendwann möchte Kaiser wieder zurück, um ihre Gastfamili­e und Kollegen zu besuchen.

„Die Busse waren die einzige Sache in Peru, die luxuriöser war als in Deutschlan­d.“Lea Kaiser

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Lea Kaiser aus Oberottmar­shausen mit ihren Kindergart­enkindern beim Freiwillig­endienst in Peru. Auf einer ihrer Reisen durfte sie ein Alpaka halten.
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Fotos: Kaiser

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