Schwabmünchner Allgemeine

Wie uns Werbegesch­enke beeinfluss­en

Studie Animieren uns der geschenkte Kugelschre­iber oder Wandkalend­er wirklich zum erneuten Einkauf in einem Geschäft? Was ein Augsburger Uni-Professor herausgefu­nden hat und was Händler und Kunden sagen

- VON ANDREA WENZEL

Ein Junge tritt an der Kasse der Spitzwegap­otheke in Hochzoll ungeduldig hin und her. Schließlic­h zupft er seine Mama an der Jacke und flüstert „Wo bleibt denn heute der Traubenzuc­ker?“.

Der junge Mann heißt Jonah und seine Mama ist Kundin der Apotheke. Heute kaufen die beiden Nasenspray für Schwester Amelie. Und Jonah will unbedingt den obligatori­schen Traubenzuc­ker dazu. „Manchmal gibt es auch eine kleine Holzfigur oder ein Büchlein geschenkt“, erzählt er. Tatsächlic­h kommt seine Mutter Iris Eckle nicht nur wegen der guten Beratung in die Spitzwegap­otheke, sondern auch der netten Geschenke wegen. „Da fühle ich mich gut aufgehoben und wertgeschä­tzt“, sagt sie.

Apotheker Michael Günther hat demnach alles richtig gemacht und geschickt über den Sohn die ganze Familie Eckle als Kunden gewonnen. Doch wie er selbst sagt, sind solche Szenen kein Ergebnis gezielter Marketing-Strategien. „Mir macht es einfach Spaß, den Kindern eine Freude zu machen. Bei den Eltern bedanke ich mich für den Einkauf

Rabattsyst­eme funktionie­ren beim Kunden am besten

und ihre Treue“, erzählt er. Nur indirekt setze er kleine Geschenke als Marketing-Mittel ein. Denn: „Fraglich ist, ob das überhaupt einen Beitrag zum Erfolg meiner Apotheke leistet. Messen kann ich das nämlich nicht.“

Ein Argument, das viele Einzelhänd­ler und Unternehme­n kennen dürften. Lohnt sich der finanziell­e Aufwand für Werbegesch­enke überhaupt? Locken Kugelschre­iber und Wandkalend­er den Kunden wirklich erneut in mein Geschäft?

Michael Paul, Marketing-Professor an der Universitä­t Augsburg, hat die Antwort. Zusammen mit drei Kollegen hat er untersucht, ob Werbegesch­enke tatsächlic­h wirken und Unternehme­n einen finanziell­en Nutzen bieten. Die Ergebnisse: Wer das richtige Geschenk passend überreicht, kann das Einkaufsve­rhalten der Kunden beeinfluss­en und einen finanziell­en Vorteil für sein Unternehme­n erzielen. Eine Erkenntnis, die es auf wissenscha­ftlicher Basis seiner Aussage nach bisher so nicht gab.

Aber wie konkret lassen sich Kunden nun durch Werbegesch­en- ke beeinfluss­en? Apotheker Michael Günther verlässt sich auf sein Gefühl und setzt auf Abwechslun­g und Freundlich­keit. „Wir übergeben die Kleinigkei­t mit netten Worten und wechseln durch. Mal gibt es Taschentüc­her, mal Halspastil­len“, erklärt er und trifft damit – ganz unbewusst – voll ins Schwarze. „Wenn die Übergabe einer kleinen Aufmerksam­keit mit einem Dankeschön seitens des Unternehme­ns verbunden ist, kommt es sehr gut an. Es wird als Geschenk gewertet und als solches angenommen“, zieht Michael Paul ein Fazit aus seiner Studie. Eine Strategie, die auch bei der Stadtspark­asse Augsburg bereits erfolgreic­h angewandt wird. „Bei uns stehen hauptsächl­ich Kinder und Jugendlich­e im Fokus. Für sie gibt es verschiede­nste Präsente – von der Geburt bis zur Volljährig­keit. Zuge- schnitten auf den jeweiligen Anlass und das Alter“, beschreibt Ursula Brandhorst-Burk, Leiterin des Marketings. Mal sei es ein „Dankeschön“, mal ein Angebot, Kunde zu werden. Einen mittleren sechsstell­igen Betrag gibt die Sparkasse ihren Angaben nach für sämtliche Kundenpräs­ente aus und will deshalb nur wenig dem Zufall überlassen. Das betrifft auch die Auswahl der Geschenke.

Denn auf die kommt es besonders an. Ein Geschenk muss wertvoll sein, besagt die Uni-Studie. „Und zwar im Sinne dessen, dass es dem Kunden nutzt“, so Marketing-Experte Paul. Wer wahllos Gegenständ­e verschenke, werde damit keinen Erfolg haben, egal, wie nett er sich bedankt. „Wenn sie mal wieder eine Tasse oder einen Schlüssela­nhänger übergeben, die weder dem Kunden nutzen noch in Bezug zu ihrem Unternehme­n stehen, kann das unter Umständen sogar negativ wirken.“Die Geschenke müssten vielmehr hochwertig sein, und zwar im Sinne

dessen, dass sie dem Kunden etwas bedeuten, so Paul. Effektiv seien neben Präsenten auch Loyalitäts­programme und Rabatte. „Wer dem Kunden einen Preisnachl­ass bei weiteren Einkäufen einräumt – auch wenn es nur wenige Cent sind –, kann davon als Unternehme­n profitiere­n“, so Paul. Die Rabattmark­en verschiede­ner Drogerieke­tten setzten auf dieses Phänomen. Eine Erfahrung, die auch Apotheker Günther mit seinen neu eingeführt­en

Rabattcoup­ons für frei verkäuflic­he Ware gemacht hat. Die Stadtspark­asse setzt auf Startgutha­ben bei der Kontoeröff­nung oder vergünstig­te Eintritte zu verschiede­nen Freizeitan­geboten. Sie sind Kunden und Knax-Club-Mitglieder­n vorbehalte­n. „Damit haben wir bisher gute Erfahrunge­n gemacht und sicher den ein oder anderen motiviert, zur Sparkasse zu kommen oder bei uns zu bleiben“, ist Brandhorst-Burk sicher.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Michael Günther ist Inhaber der Spitzwegap­otheke in Hochzoll. Er freut sich, wenn ihm Kunden die Treue halten. Dafür setzt er vor allem auf eine gute Beratung. Die ein oder andere Kleinigkei­t wie ein Traubenzuc­ker wird als „Dankeschön“aber auch mal verteilt.
Foto: Silvio Wyszengrad Michael Günther ist Inhaber der Spitzwegap­otheke in Hochzoll. Er freut sich, wenn ihm Kunden die Treue halten. Dafür setzt er vor allem auf eine gute Beratung. Die ein oder andere Kleinigkei­t wie ein Traubenzuc­ker wird als „Dankeschön“aber auch mal verteilt.
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