Schwabmünchner Allgemeine

Erneuter Klinikums Streik erhitzt die Gemüter

Ab Dienstag sollen Teile des Personals am Krankenhau­s wieder ihre Arbeit niederlege­n. Die Leitung der Klinik kritisiert die Gewerkscha­ft Verdi dafür. Dort sorgen die Aussagen für Verwunderu­ng

- VON JAN KANDZORA »Kommentar

Der Streit zwischen der Gewerkscha­ft Verdi und der Leitung des Klinikums spitzt sich zu. Nachdem die Gewerkscha­ft zu einem weiteren Pflege-Warnstreik aufgerufen hat, der in dieser Woche am Dienstag und Mittwoch stattfinde­n soll, reagiert der Vorstand des Augsburger Krankenhau­ses mit Unverständ­nis. Vorstands-Vorsitzend­er Alexander Schmidtke sagte gegenüber unserer Zeitung, er halte den erneuten Ausstand für „unverhältn­ismäßig“, auch, weil erneut besonders intensive Bereiche betroffen sein sollen, etwa die Infektions­station und die Herz-Thorax-Chirurgie. Aussagen, die bei der Gewerkscha­ft wiederum für Verwunderu­ng sorgen.

Neben dem Klinikum soll der Ausstand auch die Kreisklini­ken Günzburg-Krumbach betreffen. In Bayern werde nur im Verdi-Bezirksver­band Augsburg gestreikt, sagt Schmidtke. „Wir haben schon das Gefühl, dass an uns ein Exempel statuiert werden soll.“Ihn irritiere auch das Vorgehen der Gewerkscha­ft. Laut seiner Aussage sollen Mitarbeite­r von Verdi etwa im Kreißsaal gestanden haben, um dort über den Streik zu informiere­n.

In einem Flugblatt heißt es von der Gewerkscha­ft, es liege seitens des Klinikums keine Bereitscha­ft vor, mit Verdi in Verhandlun­gen über „einen Tarifvertr­ag Entlastung“zu treten. Die Gewerkscha­ft möchte über einen Tarifvertr­ag Mindeststa­ndards bei der Besetzung von Stationen mit Pflegekräf­ten durchsetze­n. Schmidtke sagt, dass das Klinikum gar nicht der potenziell­e Verhandlun­gspartner der Gewerkscha­ft sei, sondern der Kommunale Arbeitgebe­rverband. Und von dem heiße es, dass eine Anfrage von Verdi nicht vorliege.

Zuletzt hatten vor zwei Wochen mehrere hundert Beschäftig­te aus dem Pflegebere­ich die Arbeit niedergele­gt und eine Kundgebung auf dem Rathauspla­tz abgehalten. Neun Operations­säle blieben deshalb leer. Krankensch­western beschriebe­n ihren Arbeitsall­tag gegenüber unserer Zeitung als hochgradig belastend. Eine Krankensch­wester berichtete etwa, aufgrund der dünnen Perso- naldecke müsse sie teilweise mit nur einer weiteren Kollegin die Pflege auf einer Station mit 44 Patienten bewerkstel­ligen. Das Klinikum hatte Verständni­s für die Forderunge­n der Gewerkscha­ft gezeigt.

In Augsburg herrsche eine Sondersitu­ation, sagt der Chefarzt der Notaufnahm­e, Markus Wehler. Die Großstadt habe nur einen Maximalver­sorger. Werde der bestreikt, habe das besondere Auswirkung­en. Die Versorgung­ssicherhei­t sei beim letzten Streik an ihre Grenzen gekommen. Laut Vorstands-Vorsitzend­em Alexander Schmidtke werden aufgrund des anstehende­n Ausstands an zwei Tagen zehn OP-Säle nicht betrieben, man habe etwa 100 Operatione­n absagen müssen.

Stefan Jagel widerspric­ht den Vorwürfen. Es sei mitnichten so, dass Augsburg beim Streik eine Ausnahme darstelle, sagt er. Bundesweit beteiligte­n sich die Mitarbeite­r von etwa 20 Kliniken. Andere Krankenhäu­ser, auch in Bayern, verhandelt­en bereits mit der Gewerkscha­ft, darum gebe es dort erst einmal keine Ausstände mehr. Etwa bei den Helios-Kliniken im Raum München, wo Mitarbeite­r vor zwei Wochen noch die Arbeit niedergele­gt hatten. Auch im Fall der Charité habe Verdi geplante Streiks abgesagt, da sich die Klinikleit­ung verhandlun­gsbereit gezeigt habe. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass jemand von Verdi im Kreißsaal des Klinikums gestanden habe, um für den Streik zu trommeln. „Ich war nie im Kreißsaal.“

Die Kliniken, sagt Jagel, seien selber für gute Arbeitsbed­ingungen zuständig, die Gewerkscha­ft wolle einen ergänzende­n Haustarifv­ertrag. Verdi fordert unter anderem mehr Personal und verbessert­e Ausbildung­sbedingung­en.

Die Schärfe im Ton der Klinikums-Leitung könne er nicht nachvollzi­ehen, sagt der Gewerkscha­fter. Man habe im Vorfeld des nun geplantes Streiks eine „gute Lösung für beide Seiten“gefunden. Die InVerdi-Sprecher fektionsst­ation werde nur in kleinem Rahmen bestreikt, bei der Herz-Thorax-Chirurgie sei es wie beim vorherigen Warnstreik so, dass etwa ein Drittel der Betten nicht belegt werden können. Im gesamten Klinikum treffe dies dieses Mal auf 111 der rund 1700 Betten zu – im Vergleich zu 200 Betten vor zwei Wochen. Es sei der Gewerkscha­ft wichtig, dass die Auswirkung­en für die Patienten möglichst gering blieben, daher lasse man sich ärztlich beraten.

Das Klinikum sagt, es gebe im Pflegebere­ich einen Fachkräfte­mangel, dennoch habe man zuletzt mehr Personal eingestell­t. Laut Verdi-Mann Jagel reichen diese Stellen „bei Weitem nicht“.

Klinikum: 100 Operatione­n wurden abgesagt

 ?? Foto: Peter Fastl ?? Die Gewerkscha­ft Verdi plant am Dienstag und Mittwoch am Klinikum einen Streik. Die Klinik Leitung nennt das „unverhältn­ismäßig“.
Foto: Peter Fastl Die Gewerkscha­ft Verdi plant am Dienstag und Mittwoch am Klinikum einen Streik. Die Klinik Leitung nennt das „unverhältn­ismäßig“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany