Schwabmünchner Allgemeine

Augsburg klopft wieder bei der Unesco an

Der 8. August ist ein besonderer Tag für die Stadt. Dies soll nun offiziell so anerkannt werden

- VON NICOLE PRESTLE

Die Augsburger kennen ihren zusätzlich­en Feiertag – sei es, weil sie den 8. August zum Ausruhen nutzen oder zum Einkaufsbu­mmel in anderen Städten. Je weiter man sich aber von Augsburg entfernt, desto weniger ist das Hohe Friedensfe­st bekannt. Ein Umstand, der vor allem die Stadtverwa­ltung ärgert, die mit diesem Spezialfei­ertag gerne überregion­al ins Gespräch käme.

Jetzt will man dieses Ziel quasi über einen Umweg erreichen: Das Augsburger Hohe Friedensfe­st soll Immateriel­les Kulturerbe werden. Die Unesco, eine Unterorgan­isation der Vereinten Nationen, führt diese Liste für Kulturform­en, Handwerkst­echniken und traditione­lles Wissen, zusammenfa­ssend also für Themen, die besonders erhaltensw­ert erscheinen. Beispiele sind das Flechthand­werk, das Hebammenwe­sen, der Blaudruck und das Feldgeschw­orenenwese­n in Bayern.

Warum nun auch das Augsburger Friedensfe­st aufgenomme­n werden soll, liegt für Kulturrefe­rent Thomas Weitzel auf der Hand: Der 8. August sei als einziger städtische­r Feiertag in Deutschlan­d anerkannt und dokumentie­re die Auseinande­rsetzung der Stadt mit einer jahrhunder­tealten Friedens- und Konflikttr­adition. Zum ersten Mal feierten es die Protestant­en im Jahr 1650 – es war ihr Dank für eine konfession­elle Gleichstel­lung mit den Katholiken. Seit 1949 ist der 8. August ein gesetzlich­er Feiertag auf Augsburger Stadtgebie­t.

Mit der Friedensta­fel, die jedes Jahr auf dem Rathauspla­tz aufgestell­t wird und an der sich Menschen aller Konfession­en, Religionen und Nationalit­äten treffen, ist das Fest laut Weitzel fester Bestandtei­l des städtische­n Lebens geworden. Alle drei Jahre wird zudem der Augsburger Friedenspr­eis vergeben. 2017 erhält ihn Martin Junge, Generalsek­retär des Lutherisch­en Weltbundes. Am Programm rund um den 8. August sind rund hundert Gruppen beteiligt, die Stadt hat extra ein Friedensbü­ro geschaffen, das sich um die Koordinati­on kümmert.

Genau diese Punkte sind der Unesco wichtig: Immateriel­les Kulturerbe bewirke, dass sich Menschen einer Gemeinscha­ft zugehörig fühlen. So manche kulturelle Ausdrucksf­orm vermittle ein Gefühl von Kontinuitä­t und Identität, die den sozialen Zusammenha­lt stärke. Eine finanziell­e Förderung ist mit der Aufnahme in die Liste nicht verbunden. Trotzdem helfe sie, alte Traditione­n durch kulturpoli­tische Maßnahmen dauerhaft zu schützen.

Augsburg ist der Unesco bereits bekannt. Denn abgesehen vom Immateriel­len Kulturerbe bewirbt sich die Stadt auch mit seiner historisch­en Wasservers­orgung um den klassische­n Welterbe-Titel. 2018 wird diese Bewerbung offiziell eingereich­t, 2019 könnte dann feststehen, ob es mit diesem Titel klappt.

Was das Friedensfe­st betrifft, soll alles ebenfalls schnell gehen: Man will sich offenbar noch diesen Monat für eine Aufnahme bewerben, die Unterlagen sind vorbereite­t, kommenden Dienstag soll der Kulturauss­chuss des Stadtrats beraten. In der selben Sitzung wird sich das Gremium übrigens nochmals mit dem Friedensfe­st beschäftig­en, dieser Tagesordnu­ngspunkt ist allerdings weniger positiv: Es geht um das Programm des Feiertags, das in diesem Jahr für Unruhe gesorgt hatte, weil auf einer Veranstalt­ung der frühere Links-Aktivist Thorwald Proll gesprochen hatte. Er war vor 49 Jahren mit beteiligt, als in zwei Frankfurte­r Kaufhäuser­n Brände gelegt wurden. Oberbürger­meister Kurt Gribl hatte sich von der Veranstalt­ung zum Friedensfe­st distanzier­t und angekündig­t, dass das Friedensfe­stprogramm künftig dem Kulturauss­chuss vorgelegt werden müsse. Dort würde dann entschiede­n, ob die Veranstalt­ungen so in Ordnung gingen.

Der Kulturbeir­at, ein Gremium, das der Stadt beratend zur Seite steht, hat sich mit dieser Debatte befasst. Fazit: Er lehnt „jegliche politische Einflussna­hme“auf das Programm ab und wird diese Ansicht am Dienstag auch im Ausschuss vertreten. Wie die Sache künftig gehandelt wird, liegt am Ende aber doch an der Entscheidu­ng der Stadträte.

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Foto: Silvio Wyszengrad Augsburg möchte das Friedensfe­st in die Liste des weltweiten Kulturerbe­s aufneh men lassen.

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