Der Specht klopft an der Biotop Buche
Nachhaltigkeit Im Wald von Gut Mergenthau können sich Spaziergänger an ausgewählten und speziell markierten, alten Bäumen erfreuen
Kissing Fast kahl steht die gut einen Meter dicke grobrindige Buche am Waldrand des Mergenthauer Forsts. Nur zur Spitze des Stammes hin sprießt noch etwas Grün. Es ist ein alter Baum, der früher längst gefällt worden wäre. Seine Lebensberechtigung zeigt er neuerdings mit einer grün-weißen Plakette, auf der ein Specht zu sehen ist. Diese ist als Information für interessierte Spaziergänger gedacht. 15 Exemplare solcher alten Bäume hat Maximilian Fottner, der Junior auf Gut Mergenthau, mit der Zertifizierung der PEFC für nachhaltige Waldbewirtschaftung gekennzeichnet.
Die nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes beschäftigt ihn im Rahmen seines Studiums des Forstingenieurwesens an der Hochschule Weihenstephan. Zusammen mit seinem Mitstudenten Dominik Reil arbeitet er zur Zeit an seiner Bachelorarbeit mit dem Titel „Ökologischer Waldumbau am Beispiel des Forstbetriebs Gut Mergenthau“. Der 26-Jährige und sein Kommilitone aus Dachau haben damit ein sehr arbeitsintensives Thema ausgewählt, werten verschiedene Standorte aus, nehmen Bodenproben und stecken seit Monaten intensiv in ihrer wissenschaftlichen Arbeit.
„Der Gut Mergenthauer Forst wird schon seit Generationen von unserer Familie auf nachhaltige Weise bewirtschaftet“, erklärt Maximilian Fottner. „Dies wurde auch durch die Überreichung des Umweltpreises des Landkreises Aichach-Friedberg im Juli 2015 gewürdigt.“Der naturnahe Ansatz schließt auch den Erhalt und die Förderung von sogenannten Biotop-Bäumen ein. Hierbei handelt es sich um alte Bäume, die nicht forstwirtschaftlich genutzt werden, aber für viele Arten eine Heimat bieten.
An der genannten Buche haben Spechte ihre Höhlen gehackt, rundherum siedelten sich Pilze an. Eine weitere, mit einer Höhe von gut 40 Metern sehr imposante alte Buche steht ganz in der Nähe am Waldrand an der Straße von Kissing nach Ottmaring. Sie beherbergt in beachtlicher Höhe ein Hornissennest und der Zunderpilz, in früherer Zeit zum Anfeuern benutzt, zieht sich wie eine Steigleiter um den alten Stamm herum. Auch hier gibt das Specht-Emblem den Waldbesuchern den Hinweis, dass dieser alte Baum nicht abgeholzt wird.
„Wir brauchen den Wald als Lebensgrundlage für Pflanzen, Tiere und Menschen, und alte Bäume haben dabei sehr vielfältige Funktionen“, erläutert Dominik Reil. „Das Zertifizierungssystem hilft uns, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass wir etwas für den Naturschutz tun und Verantwortung für die Zukunft übernehmen“, ergänzt Maximilian Fottner. Aus der Vielzahl der sogenannten Biotopbäume im gut 230 Hektar großen Waldbestand des Familienforstbetriebs auf Gut Mergenthau wurden nun einige wenige, von den Waldwegen her leicht zugängliche Exemplare für Besucher sichtbar markiert.
Ziel der Forstwirtschaft in Bayern sei es, den großenteils noch vorherrschenden monotonen Fichtenbestand hin zu klimaresistenten Mischwäldern umzubauen. „Denn Mischbestände unterschiedlichen Aufbaus und Alters sind wesentlich klimastabiler“, führen die Studenten aus. Langfristig soll sich der Baumbestand dann von selbst verjüngen, so wie um die alten Buchen herum bereits jetzt junge Sprösslinge sprießen. „Wir leben in siebter Generation vom Wald und Nachhaltigkeit war für uns schon immer ein Thema“, betont Fottner.
Zunächst absolvierte der ältere von zwei Söhnen der Gutsbesitzerin Monika Fottner eine Banklehre, bevor er sich für die Forstwirtschaft entschied. Somit tritt er in die Fußstapfen seiner Mutter, doch mit einem Einstieg in den Familienbetrieb will er sich noch Zeit lassen. „Aber ich muss bereits in die Zukunft denken“, so ist sich der 26-Jährige seiner Verantwortung bewusst. „Auch wenn ich die Bäume, die ich jetzt pflanze, höchstwahrscheinlich nicht mehr ernte, solange ich lebe.“